Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

M an merkt ihr an, dass sie das Thema Nachhaltig- keit nicht nur auf ihre Fahnen schreibt, son- dern es lebt. Aber nicht in der oft kompli- zierten Art, wie so viele heutzutage, son- dern modern und klar. Vielleicht liegt das daran, dass Silke Stremlau studierte So- zialwissenschaftlerin ist und dann mehr oder minder zufällig bei der imug Bera- tungsgesellschaft landete, wo sie den Be- reich „Nachhaltiges Investment“ aufbauen und leiten durfte. Seit 2018 ist sie im Vorstand der Han- noverschen Kassen und verantwortet die Bereiche Kapitalanlage, Nachhaltigkeit und Personal. Die Hannoverschen Kassen wur- den vor 30 Jahren von Waldorf-Schulen gegründet, die sich damals entscheiden mussten, ob sie in die Rentenversicherung Bund einzahlen oder eine eigene Kasse gründen wollten. Mittlerweile sind den Kas- sen auch andere nachhaltig ausgerichtete Unternehmen, gemeinnützige Organisatio- nen, Pflegeeinrichtungen und Biobauern beigetreten, sodass es nun 546 Mitgliedsein- richtungen gibt. „Wir sind in dem Sinne keine klassische Versicherung, sondern leben den Dreiklang bAV, Nachhaltigkeit, Solidarität“, meint Stremlau. Moderne Solidarformen Die Solidarformen erklärt Stremlau so, dass die Hannoverschen Kassen unter ande- rem eine solidarisch geführte Beihilfekasse haben. „Hier zahlen die Arbeitgeber Beiträ- ge für ihre Mitarbeitenden in einen Topf. Daraus werden zum Beispiel Kosten für ei- ne Brille, für Osteopathie oder Homöopa- thie bezahlt“, erklärt Stremlau. „Das läuft als moderne Solidarform: Alle zahlen ein, das Geld wird nach bestimmten Kriterien vergeben, und wenn der Topf leer ist, kann daraus in dem Jahr nichts mehr ausgezahlt werden.“ Die Hannoverschen Kassen denken aber noch wei- ter: „Bei uns werden Überle- gungen angestellt, wie man die Rente anders gestalten kann. Vielleicht nicht ausschließlich in Form von Geld, sondern teilwei- se in Realform, beispielsweise durch Wohnrechte oder dass die Bauern, die bei uns Mitglied sind, Bioprodukte liefern.“ Man merkt, dass Stremlau über die Kapitalanla- ge der Hannoverschen Kassen hinaus denkt und dass sie Gedanken über neue Gesell- schaftsmodelle reizen. Natürlich muss sie sich auch mit den üblichen Herausforderungen von BaFin-beaufsichtigten Pen- sionskassen und dem Kapi- talmarkt auseinandersetzen: Niedrigzins, Regulierung, Personalknappheit. Zusam- men verwalten die Hanno- verschen Pensionskassen und die Alterskasse ein Bilanzvolumen von 469 Millionen Euro. Von den 13.526 Versicherten sind 2.598 Rentner und 10.928 Aktive, bilanziert wird nach HGB. „In der Alterskasse haben wir einen Rechnungszins von durch- schnittlich 2,77, in der Pensionskas- Silke Stremlau ist Vorstand der Hannoverschen Kassen, einer kleinen, nachhaltig agierenden Pensionskasse. Was das Thema Nachhaltigkeit angeht, ist Stremlau eher Überzeugungstäterin, als dass sie es als lästige Pflicht ansieht. Klare Kante » Regulatorik wirkt oft umständlich und komplex. Aber die Transformation muss stattfinden. « Silke Stremlau, Vorstand der Hannoverschen Kassen Silke Stremlau frei assoziierend zu … … Nachhaltigkeit: „Eine absolut wichtige und immer wieder herausfordernde Denkrichtung. Für mich ein Ansporn im ganzen Leben.“ … Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage: „Geht, ist einfach, macht Freude, absolut zukunftsfähig!“ … Gutmenschentum: „Interessante Assoziation. Natür- lich ist Gutmenschentum überflüssig. Aber oft ist es auch ein Totschlagargument von denjenigen, die sich weniger Gedanken machen wollen.“ … Überbevölkerung: „Eine Herausforderung, mit der wir umgehen müssen. Aber wir sollten nicht mit dem Finger auf Länder des globalen Südens zeigen, sondern müssen uns in Europa und den USA an der eigenen Nase packen und unseren ökologischen Fußabdruck reduzieren.“ … Wachstumsparadigma: „Es lohnt sich, das zu hin- terfragen. Dazu müssen wir aus den eigenen tradier- ten Denkmustern herauskommen. Ich möchte mir auch eine Welt ohne Wachstum vorstellen können.“ … Greenwashing: „Ist ein aktuelles Übel und in der Finanzbranche ein beliebtes Mittel der heutigen Zeit. Gleichzeitig ist das ein Aufruf an Investor:innen und Privatanleger:innen, zu hinterfragen, was sich hinter all den schönen Worten verbirgt.“ … Frauen und Finanzen: „Wenn ich mich im Freun- deskreis umschaue, ist das immer noch eine Heraus- forderung. Dabei sind Frauen oft die besseren Anle- ger, weil sie eine langfristigere Sichtweise haben. Das Interesse der Frauen an Finanzen zu stärken, ist eine wichtige Aufgabe, weil zurzeit Frauen stärker von Al- tersarmut betroffen sind als Männer.“ 228 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com P O R T R Ä T | S I L K E S T R EML AU | HANNOVE R S CHE KA S S EN FOTO : © CHR I S T I AN WY RWA

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