Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

tilität (für einen Monat) von mehr als 96 Prozent auf, was über jener in den Krisen 2000 und 2008 lag. Alexander Raviol mit der Chronologie des Schreckens: „Damit lag die realisierte Indexvolatilität auf dem dritthöchsten je beobachteten Wert nach 1929 und 1987. Für europäische Aktien wurde mit rund 80 Prozent der zweithöchste jemals beobachtete Wert erreicht. Diese Extremwerte kamen dabei insbesondere aufgrund der erratischen Tagesbewegungen Mitte März zustande. So verlor der S&P 500 beispielsweise am 12. März 9,5 Pro- zent, um am nächsten Tag wieder um 9,3 Prozent zu steigen und am darauffolgen- den Handelstag erneut um fast zwölf Prozent zu fallen.“ Infolge dieser hef- tigen Schwankungen stiegen auch die impliziten Volatilitäten stark an. So mar- kierten der VIX mit einem Stand von mehr als 85 Prozent (siehe Grafik „Im- pliziter Wahnsinn“) und der VSTOXX mit rund 95 Prozent ihren jeweiligen Höchststand. Bei den impliziten Volatili- täten wurden die Extremwerte aus der Finanzkrise 2008 erreicht beziehungsweise in Europa deutlich übertroffen. Besonderes Augenmerk verdient auch bei den impli- ziten Volatilitäten die Geschwindigkeit, mit der sich der Anstieg vollzog. So lagen die realisierten und auch impliziten Volatilitäten nur wenige Wochen vor der Krise noch nahe ihren historischen Tiefstwerten. Bei- spielsweise handelte der VIX Mitte Januar 2020 bei knapp zwölf Prozent und ver- siebenfachte sich somit bis zum Höchstwert in nur wenigen Wochen. Einfluss auf die VRP Während in ruhigen Zeiten die Volatilitätsrisikoprämie (VRP), also die Differenz zwischen ver- kaufter impliziter und im Nach- hinein realisierter Volatilität, posi- tiv ist und die Short-Volatility- Fonds hieraus langfristig Erträge generieren können, sah es hier ganz anders aus, denn die Risiko- prämie wurde durch den abrupten Wechsel aus einem niedrigen in ein sehr hohes Volatilitätsumfeld stark negativ und übertraf die Werte aus dem bisher schwersten Krisenjahr 2008 deutlich. Alexan- der Raviol dazu: „In der Spitze lag die realisierte Volatilität mehr als 60 Prozentpunkte über der zuvor ver- kauften impliziten Volatilität. Während der Finanzkrise lag dieser Wert „nur“ bei zirka 50 Prozentpunkten. Auch hier zeigt sich noch einmal die besondere Schwere, mit der der Volatilitätsmarkt durch die Verwer- fungen rund um Corona betroffen war.“ „Versicherungsfall“ Für die Fonds trat damit ein schlimmer „Versicherungsfall“ ein, wenn man ihre Rolle als Versicherungsgeber versteht, der gegen Prämie Extremrisiken versichert. In aller Regel werden Investoren, die Absiche- rung suchen, bereit sein, Puts mit einem Volatilitätsaufschlag zu bezahlen, woraus sich laufende VRP-Einnahmen für die Short-Volatility-Fonds ergeben. In Phasen wie im März 2020 tritt jedoch der Scha- densfall ein und Short-Volatility-Konzepte erleiden Verluste, deren Höhe davon ab- hängt, wie viele Versicherungskontrakte man verkauft hatte und darauf Schadens- zahlungen vornehmen musste. Die Skalie- rung des Risikos war der Schlüssel zum Überleben in diesen schweren Zeiten. Wer sich sehr aggressiv aufgestellt hatte, musste Verluste schreiben, die über jene des Aktien- marktes hinausgingen. Das Problem ist an und für sich nicht neu, aber doch anders als in der Vergan- genheit. 2008 etwa zogen sich im Zuge der Finanzkrise viele Banken als systematische Volatilitätsverkäufer aus dem Markt zurück, und spezialisierte Short-Volatility-Fonds traten an ihre Stelle, um systematisch den Gegenpart zu den Volatilitätskäufern einzu- nehmen. Nun sind aber einige dieser Fonds durch die Coronakrise ausgeschieden. „Ne- ben reinen Volatilitätsstrategien ist auch das verkaufte Volumen von impliziter Volatilität durch andere Marktteilnehmer wie (Call-) Overwriting-Strategien oder der Emission strukturierter Produkte signifikant kleiner geworden“, beobachtet Raviol. Geschrumpftes Angebot Diese Entwicklungen führten dazu, dass das Angebot an impliziter Volatilität nach dem März 2020 sehr viel kleiner geworden sei und in einigen Teilbereichen aktuell nur noch einen Bruchteil des Vor-Corona-Niveaus betrage. Die Grafik „Angebot am Boden“ illustriert die täglichen Handels- volumina von Varianz-Swaps. Diese OTC-(Over-the-counter)- Produkte bieten die Möglichkeit, Volatilität in ihrer reinsten Form zu handeln, und werden daher hauptsächlich von spezialisierten Volatilitätsstrategien eingesetzt. Hier wird exemplarisch für viele Marktbereiche die nunmehr viel geringere Marktaktivität offen- kundig. Über die letzten Wochen haben sich die Volumina in eini- gen Bereichen wieder leicht er- holt, liegen aber immer noch deutlich unter dem Niveau vor Angebot am Boden Es gibt aktuell kaum noch Verkäufer von kurzfristigen Varianz-Swaps. Die täglich gehandelten Volumina, ausgedrückt als Vega in Millionen US-Dollar , von einmonatigen Varianz-Swaps auf die quadrierte Volatilität des S&P 500 sind hier anhand von rollierenden Monatsdaten dargestellt. Quelle: SocGen Februar 2021 0 2 4 6 8 10 12 14 16 2020 2019 2018 2017 2016 2015 2014 2013 Varianz-Swaps Volumen nach Pandemieausbruch Volumen einmonatiger Varianz- Swaps auf den S&P 500 Index Täglich gehandeltes Volumen (Vega in Mio. USD) » Ähnlich wie in der Finanzkrise sind jetzt wieder deutlich höhere Erträge bei Short-Vola-Strategien zu erzielen. « Alexander Raviol, Partner und Head of Alternative Solutions bei Lupus alpha in Frankfurt 184 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | R I S I KOPRÄMI E

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