Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

W ie sich die Politik immer stärker in Richtung Nachhaltigkeit positio- niert, erinnert an die Werbung für die Telekom-Aktien En- de der 1990er-Jahre und die folgende Hightech-Blase“, sagt der erfahrene Vermögensverwalter Gottfried Urban von Urban & Kollegen Vermögens- management: „Nun könnte – politisch getrieben – eine neue Blase entstehen, mit Firmen, die erneuerbare Energien, Rohstoffe für neue Batterietechnik, die Kreislaufwirtschaft oder die E- Mobilität im Fokus haben.“ Auch die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) warnt wiederholt vor einer Blasenbildung bei grünen Investments. Ihr Kritikpunkt: Einer immer größer werdenden Nachfrage stehe ein beschränktes Angebot an nachhaltigen Anlageformen gegenüber, was deren Chan- cen-Risiko-Profil zusehends verschlechtere. „Die Aufsicht wie die politischen Entschei- dungsträger dürfen nicht zulassen, dass es zur Blasenbildung bei Green In- vestments kommt“, sagt DAV-Vor- standsmitglied Guido Bader. Er sieht darüber hinaus die Gefahr, dass über einer Blase bei grünen Investments im Worst Case neue systemische Risiken erwachsen könnten. Auch wenn es bis dahin wahrscheinlich noch sehr lange dauert, sollte der derzeitige Appetit nach ESG-Fonds mittlerweile nachdenklich machen. Grüne Fonds gefragt So musste beispielsweise Nordea Asset Management im ersten Quar- tal 2021 ihren Nordea 1 – Global Climate and Environment Fund nach Erreichen der Kapazitätsgren- ze von rund sechs Milliarden Euro Fondsvolumen für Neuanleger schließen. Wenig später wurde bekannt, dass Pictet Asset Management bei seinem fast acht Milliarden Euro schweren Pictet-Global Environmental Opportunities ebenfalls ein „Soft Closing“ vornahm. Ein weiteres Indiz dafür, dass bei Nachhaltigkeitsfonds ein „Hype“ besteht, lieferte im April dieses Jah- res die Auflage eines ESG-ETFs von Black- Rock, dessen Portfolio von der Transforma- tion in eine Wirtschaft mit niedrigem CO 2 - Ausstoß profitieren soll: Großanleger inves- tierten bereits am ersten Börsenhandelstag rund 1,25 Milliarden US-Dollar in den neu- en in den USA an den Start gegangenen BlackRock U.S. Carbon Transition Readi- ness ETF und sorgten damit für das größte jemals gemessene Fondsvolumen am ersten Börsentag eines ETFs in der rund 30-jähri- gen ETF-Geschichte. Vervielfachung Eine stark steigende Investorennachfrage nach ESG-Fonds zeigt sich nicht nur bei einzelnen Produkten, sondern auch in den industrieweiten Absatzstatistiken: „Im Jahr 2020 haben Anleger welt- weit mehr als 360 Milliarden US- Dollar in nachhaltige Publikums- fonds und ETFs investiert – mehr als doppelt so viel wie 2019“, er- klärt Victoria Arnold, Kundenbe- treuerin deutscher Unternehmen & Pensionseinrichtungen im Bereich ETF und Index Investing sowie lo- kale ESG-Ansprechpartnerin bei BlackRock, gegenüber Institutional Money. Besonders dynamische Zuwächse gibt es dem US-Haus zufolge bei börsengehandelten ESG-Indexfonds. Allein das Neu- geschäft mit nachhaltigen ETFs be- lief sich 2020 in den USA und der EMEA-Region per Saldo auf 85 Milliarden US-Dollar, während es 2019 nur 28 Milliarden US-Dollar Ein immer größeres Investoreninteresse an nachhaltigen Aktien und entsprechenden ESG-Fonds lässt erste Bedenken aufkommen, ob derzeit eine grüne Blase geschaffen wird, deren Platzen am Ende des Tages Anleger teuer kommen könnte. Blasengefahr Das Risiko einer grünen Blase wird gesehen. Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit bei Investments und das daraus resultierende Risiko einer „grünen Blase“ machen mir … Auf die Frage „Der Trend zu mehr Nachhaltigkeit bei Investments und das daraus resultierende Risiko einer ,grünen Blase‘ machen mir …“ antworteten über 42,2 Prozent mit „große Sorgen“. Nur „geringe Sorgen“ machen sich fast 23 Prozent. „Keine Sorgen“ machen sich 18,3 Prozent der Teilnehmer der Onlineumfrage von Institutional Money, und auf „Damit habe ich mich noch nicht beschäftigt“ klickten 16,5 Prozent. Quelle: Institutional Money Online / Umfragezeitraum: April 2021 Damit habe ich mich noch nicht beschäftigt keine Sorgen geringe Sorgen große Sorgen 42,2 % 22,9 % 18,3 % 16,5 % » Kein Segment des Kapitalmarktes ist immun gegen eine Blasenbildung, wenn zu viel Geld in ein ›Thema‹ fließt. « Bernhard Matthes, Bereichsleiter BKC Asset Management und Portfoliomanager des BKC Treuhand Portfolios Können Blasen grün sein? 174 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | E SG - B L A S E FOTO: © BRAUN MEDIA GMBH FÜR BANK FÜR KIRCHE UND CARITAS EG, BLUE PLANET STUDIO | STOCK.ADOBE.COM

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