Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

von Sechs-Monats-Ranking- und Holding- Perioden erzielt demnach eine statistisch signifikante monatliche Rendite von 1,2 Prozent. Bei A-Aktien der gleichen Unter- nehmen fällt der Effekt viel schwächer aus und ist nicht signifikant. Dafür funktioniert dort der kurzfristige Reversal-Effekt mit Monatsrenditen von 0,6 bis 1,4 Prozent (sie- he Grafik:„Reversal bei A-Aktien“) . Dieses Reversal ist wiederum bei B-Aktien nicht nachweisbar beziehungsweise fällt sogar negativ aus, sodass hier eine deutliche Dis- krepanz besteht. Zudem zeigt sich bei A- Aktien eine höhere Volatilität, was im Ein- klang mit den dort aktiven unerfahrenen Privatanlegern steht. Erklärungen Zunächst scheint es überraschend, dass gerade B-Aktien den Momentumeffekt auf- weisen. Eigentlich sollte dieser Markt nach klassischem Verständnis effizienter sein, da hier vor allem erfahrene Marktteilnehmer aktiv sind. Die Forscher erklären das Ergeb- nis damit, dass die Tendenz für Momentum oder Reversals vom vorherrschenden Kräf- teverhältnis der beiden Anlegergruppen ab- hängt:  professionelle Investoren, die eher skep- tisch gegenüber der Informationsqualität am chinesischen Aktienmarkt sind und auf Nachrichten entsprechend unterrea- gieren, was letztlich zu Momentum führt.  unerfahrene Privatanleger, die das Rau- schen am Markt verursachen beziehungs- weise darauf (über)reagieren und damit spätere Reversals hervorrufen. Die Reversals lassen sich auf For- schungsergebnisse zur Marktmikrostruktur zurückführen. Demnach sind nicht informa- tionsbasierte Ungleichgewichte im Order- flow (Rauschen) mit entsprechenden Ren- diteprämien verbunden. Umgekehrt zeigen die Forscher, dass der Momentumeffekt für diejenigen B-Aktien am stärksten ausfällt, bei denen institutionelle Anleger besonders stark investiert sind. Zudem weisen B-Ak- tien einen klassischen Post-Earnings An- nouncement Drift auf, was die Vermutung einer Unterreaktion bekräftigt. Fazit Die klaren Unterschiede in der Zusam- mensetzung der involvierten Anlegergrup- pen bei chinesischen A- und B-Aktien sind eine interessante Fallstudie. Das Setting er- möglicht eine Analyse, wie sich die Charak- teristika und das Verhalten der jeweiligen Gruppen in Renditeeffekten niederschlagen. Dabei zeigt sich, dass diese bei A- und B- Aktien durch die entsprechend dominante Klientel der Anlegergruppen erklärt werden können. Aus den Ergebnissen lassen sich er- hebliche Unterschiede der Marktteilnehmer ableiten, was ihre Risikopräferenzen und Verhaltenseffekte betrifft. Das spricht für einen hohen Stellenwert der Behavorial Fi- nance in Bezug auf Renditeeffekte, der sich nur schwer wegdiskutieren lässt. Denn trotz identischer Fundamentaldaten ergeben sich deutlich verschiedene Momentum- und Reversal-Effekte. Interessant ist dabei die Beobachtung, dass erfahrene beziehungs- weise institutionelle Marktteilnehmer mit Momentum- und unerfahrene Privatanleger beziehungsweise Noise Trader mit Rever- sal-Effekten einhergehen. Ob sich daraus ein allgemein gültiger Zusammenhang ent- wickeln lässt, bleibt aber bis auf Weiteres offen. DR. MARKO GRÄNITZ » Momentum wird durch die Unterreaktion institutioneller Anleger verursacht. « Andy Chui, Associate Professor, Hong Kong Polytechnic University Momentum bei B-Aktien Im Gegensatz zu B-Aktien weisen A-Aktien keinen Momentumeffekt auf. Dargestellt sind die kumulativen monatlichen Renditen von Momentumportfolios für verschiedene Definitionen des Aktienuniversums. Die prozyklischen Winner- und Loser- Portfolios der Strategie basieren auf Terzilen mit einer Ranking- und Holding-Periode von jeweils sechs Monaten. Gewichtung nach Marktkapitalisierung, Zeitraum: Dezember 2001 bis Dezember 2018. Quelle: Chui, A. / Subrahmanyam, A. / Titman, S. (2021), Momentum, Reversals, and Investor Clientele, S. 59 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 I ’18 I I I ’15 I I I I I ’10 I I I I I ’05 I I I ‘02 I A-Aktien im AB-Sample B-Aktien im AB-Sample A-Aktien im Nur-A-Sample 8,141 2,247 1,486 Portfoliowert in US-Dollar Reversal bei A-Aktien Umgekehrt gibt es bei B-Aktien keinen kurzfristigen Reversal-Effekt. Kumulative monatliche Renditen von kurzfristigen Reversal-Portfolios für verschiedene Definitionen des Aktienuniversums. Die antizyklischen Winner- und Loser-Portfolios der Strategie basieren auf Terzilen mit einer Ranking- und Holding-Periode von jeweils einem Monat. Gewichtung nach Marktkapitalisierung, Zeitraum: Dezember 2001 bis Dezember 2018. Quelle: Chui, A. / Subrahmanyam, A. / Titman, S. (2021), Momentum, Reversals, and Investor Clientele, S. 60 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 I ’18 I I I ’15 I I I I I ’10 I I I I I ’05 I I I ‘02 I A-Aktien im AB-Sample B-Aktien im AB-Sample A-Aktien im Nur-A-Sample 2,516 1,921 0,247 Portfoliowert in US-Dollar 136 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | CH I NA - AK T I EN FOTO : © HONG KONG POLY T ECHN I C UN I V E R S I T Y

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