Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

Crowd“ kommt auf Basis der gleichen Da- ten (aber einer viel längeren Haltedauer) zu dem Ergebnis, dass ein entsprechend aggregiertes Konsens-Portfolio im gesamten Zeitraum von Mitte 2018 bis Mitte 2020 sogar ein positives Alpha erzielte. Das lag vor allem daran, dass Robinhood-Anleger im Corona-Crash nicht in Panik verfielen, sondern konsequent zukauften. Aktien to go Insgesamt zeigen die kurzfristigen Ergebnisse zwei Dinge: Das Design der Robinhood-App scheint das Anlegerver- halten zu beeinflussen, und die durch- schnittlichen Ergebnisse fallen negativ aus. Das ist kaum überraschend, wenn man bedenkt, dass überwiegend neue, unerfahrene Anleger eine spielerisch ge- staltete App mit einfachster Handha- bung nutzen. Zwar mag sich der Aktienkauf per App leicht und komfortabel anfühlen wie eine Pizzabestellung, doch genau das könnte viele Einsteiger darüber hinwegtäu- schen, welche Risiken sie tatsächlich einge- hen. Im Rahmen des geplanten Börsen- gangs – angeblich könnte der Broker nach Analystenschätzungen zwischen 20 und 40 Milliarden US-Dollar wert sein – kritisierte das auch Charlie Munger, der Stellvertreter von US-Börsenlegende Warren Buffett. Er bezeichnete das Geschäftsmodell von Robin- hood als „dreckig“. Man locke unzählige Kunden mit kosten- freiem Handel und verdiene dann prächtig am Verkauf des Orderflows. Andererseits pro- fitieren natürlich auch klassi- sche Broker über die Gebüh- ren davon, wenn ihre Kunden aktiver handeln – und so man- cher verkauft die Orders trotz- dem noch als Zusatzgeschäft. Außerdem stellt sich noch eine andere Frage: Hat die neue, einfache Technologie zum Aktienhandel das verän- derte Verhalten der Privatanle- ger wirklich kausal ausgelöst? Oder haben Anleger die neue Technologie umgekehrt ein- fach deshalb so gut angenom- men, weil sie ihr Handelsver- halten sowieso gern verändern wollten? Dem geht das Auto- renquartett um Benjamin Loos im Paper „Smart(Phone) Investing?“ auf den Grund. Die Studie untersucht Transaktionsdaten zweier großer deutscher Banken, die mobile Trading-Apps eingeführt haben. Das Span- nende dabei: Der untersuchte Datensatz reicht in die Zeit vor Robinhood zurück und umfasst die Jahre 2010 bis 2017. Insgesamt sind dabei 15.000 Kunden erfasst, bei deren Transaktionen sich die genutzte Plattform (PC oder Smartphone) unterscheiden lässt. Während es sich bei typischen Robinhood- Anlegern um Millennials mit wenig oder keiner Handelserfahrung handelt, sind die hier untersuchten deutschen Anleger im Durchschnitt 45 Jahre alt und können im Mittel neun Jahre Erfahrung in der Geldan- lage sowie deutlich höhere durchschnittliche Kontowerte vorweisen. Das schafft eine ganz neue Sichtweise. Die Geschichte reimt sich Entsprechend interessant sind die Ergeb- nisse: Demnach handelten Anleger, die im gleichen Monat auf beiden Plattformen aktiv waren, mit dem Smartphone riskante- re Aktien und bevorzugten den Kauf von vorher im Kurs gestiegenen Titeln. Doch das muss noch nichts heißen. Schließlich könnten Anleger die Apps selektiv dazu nutzen, um dort speziell nur ihre riskanteren Trades umzusetzen. Allerdings können die Autoren das nicht bestätigen. Stattdessen scheint sich das Ver- halten nach Einführung der Apps grundsätz- lich zu ändern, denn im Anschluss daran zeigten die Anleger auch abseits des Smart- phones ein riskanteres Verhalten. Ein ähnli- cher Effekt ließ sich bereits mit Aufkom- men des Online-Tradings vor mehr als 20 Jahren beobach- ten: Brad Barber and Terrance Odean zeigten damals, dass Anleger, die vom analogen Te- lefonhandel zum Online-Tra- ding wechselten, häufiger und weniger profitabel handelten als zuvor. Hier bestätigt sich ein altes Börsensprichwort: „Die Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich.“ Insgesamt zeigt sich also, dass der eingangs beschriebe- ne Wegfall der Kostenbarriere auch Schattenseiten hat. Im Lauf der Zeit wird wohl so mancher begeisterte Smart- phone Trader das Handtuch werfen. Aber nicht wenige werden dauerhaft dabei blei- ben. Damit dürften Robinhood und die hierzulande tätigen Neobroker eine ganze Genera- tion von Anlegern prägen. DR. MARKO GRÄNITZ Renditen um Herding-Events Robinhood-Trader werden von extremen Renditen angezogen. Die orangefarbene Linie zeigt die durchschnittliche kumulative Überrendite der am stärksten gekauften Aktien eines Tages (0,5 Prozent stärkste Veränderungen gegenüber Anzahl positionierter Nutzer am Vortag) im Zeitraum von zehn Tagen vorher bis 21 Tagen nachher. Die roten Balken stellen dar, wie viele Robinhood-Nutzer neue Positionen aufgebaut haben. Der initiale Kaufdruck lässt sich kaum antizipieren. Im Anschluss an die stärksten gleichgerichteten Positionseröffnungen sind die Renditen dann klar negativ. Quelle: Barber, B. M. / Huang, X. / Odean, T. / Schwarz, C. (2021), Attention Induced Trading and Returns: Evidence from Robinhood Users, S. 34 0 200 400 600 800 1000 20 10 0 -10 0 % 5 % 10 % 15 % 20 % Anzahl neu positionierter Nutzer Durchschnittliche kumulative Überrendite Zeitraum in Tagen » Auf dem Smartphone getätigte Trades haben insgesamt niedrigere Sharpe Ratios. « Benjamin Loos, Lehrstuhl für Digital Finance, TUM School of Management, Technische Universität München 122 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ROB I NHOOD FOTO : © T ECHN I SCHE UN I V E R S I T Ä T MÜNCHEN

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