Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

se europäischen Brokern nicht unbedingt der Fall ist. Die HFTs wiederum aggregie- ren die Orders überwiegend abseits öffent- licher Börsen in Dark Pools, um sie dort auszuführen. Das ist zwar nichts Neues, doch infolge gestiegener Volumina und auf- grund der Tatsache, dass diese Firmen auch an öffentlichen Börsen als Market Maker fungieren, könnte es relevant werden. Analyse der Ausfallzeiten Allerdings gibt es ein grundsätzliches Pro- blem der Untersuchung, wie sich Retail Tra- ding auf die Märkte auswirkt: Es stellt einen endogenen Faktor dar, lässt sich also nicht isoliert messen. Deshalb greifen die For- scher zu einem Trick: Sie betrachten spe- ziell nur die (zum „Glück“ recht zahlrei- chen) Intraday-Ausfälle der Robinhood- Plattform. Diese sind über das webba- sierte Tool Downdetector verfügbar, wo Beschwerden von Nutzern gesammelt werden. Dort sind Ausfälle an insgesamt 25 Handelstagen innerhalb des achtmo- natigen Untersuchungszeitraums (16. Ja- nuar bis 13. August 2020) registriert, die jeweils von mindestens 200 Nutzern bestä- tigt wurden. Weiterhin verwenden die Auto- ren stündliche Positionsdaten von Robin- Track, die mit CRSP- und TAQ-Daten er- gänzt wurden. Für Proxy-Annahmen darü- ber, was Robinhood-Trader während der Ausfallzeiten gehandelt hätten, werden Nachrichten des von Nutzern viel beachteten Subreddits WallStreetBets verwendet. In den Untersuchungen vergleichen die Forscher beliebte Robinhood-Titel wäh- rend der Ausfallzeiten mit ande- ren Aktien und analysieren die Marktqualität anhand verschie- dener Spread-Maße und des Pri- ce Impact gegenüber ähnlichen Tageszeiten der Vorwoche. Auf diese Weise wird der potenzielle Einfluss von Nachrichten mit marktbreitem Effekt auf die Er- gebnisse minimiert. Wie zu erwarten, nahm das Handelsvolumen der unter Robinhood-Tradern beliebten Titel während der Ausfallzeiten deutlich ab. Die weiteren Er- gebnisse überraschen: Die ge- ringere Robinhood-Beteiligung führte im Handel der von die- sen Anlegern bevorzugten Akti- en zu höherer Liquidität (5,1 Basispunkte niedrigerer Price Impact) sowie zu verrin- gerter Volatilität (–17 Basispunkte) (siehe Grafik „Bessere Liquidität bei Ausfall“) . Besonders interessant: HFTs wie Citadel Securities und Virtu Financial, die Order- flow-Deals mit Robinhood haben, quotier- ten während der Ausfälle engere Spreads am Markt. Das deutet darauf hin, dass Robinhood-Trader tatsächlich Inventory- Risiken für Market Maker erzeugen, was eine schlechtere Liquidität zur Folge hat. Das wird in der Analyse dadurch bekräftigt, dass Aktien mit der höchsten Autokorrela- tion beim Orderflow – ein guter Proxy für das Inventory-Risiko – während der Ausfäl- le die größte Verbesserung der Marktquali- tät aufwiesen. In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass Robinhood letztes Jahr von der SEC mit einer saftigen Geld- strafe belangt wurde, weil Orderausführun- gen gegen die Best-Execution-Richtlinien verstießen. Mehr Noise Trading führt im Fall von Robinhood also zu schlechterer Liquidität. Das wirft die Frage auf, wie sich Dark Pools generell auf die Marktqualität an den öffentlichen Börsen auswirken. Die HFTs scheinen hier eine entscheidende Rolle zu spielen, da sie auf beiden Seiten aktiv sind. Eine weiter steigende Bedeutung des provi- sionsfreien Handels würde zu einer Zunah- me der verkauften Orderflow-Volumina führen, was den negativen Einfluss auf die Liquidität verstärken könnte. 2 Promille bewegen die Märkte Spannend ist weiterhin die Frage, ob die neue Anlegerwelle auch Einfluss auf Kurse und Bewertungen an den Märkten genom- men hat. Das ist Thema der von Philippe van der Beck und Coralie Jaunin veröffent- lichten Studie „The Equity Market Implica- tions of the Retail Investment Boom“. Die Autoren quantifizieren den Effekt der Pri- vatanlegerwelle für den US-Aktienmarkt mittels eines strukturellen Modells. Darin verwenden sie Positionierungsdaten von RobinTrack sowie standardmäßige 13F-An- gaben, um Nachfragekurven institutioneller und privater Marktteilnehmer zu schätzen. Das wiederum ermöglicht es, Aussagen über den aggregier- ten Einfluss auf die Kurse ab- zuleiten. Das Modell fördert einen interessanten Zusammenhang zutage: Institutionelle Anleger, die rund 65 Prozent des US- Aktienmarktes halten, weisen eine extrem niedrige Preiselasti- zität auf. Das könnte daran lie- gen, dass große Teile passiv in- vestiert sind, was auch die Märkte insgesamt entsprechend unelastisch macht. Und das war wohl die Ursache dafür, dass die Nachfrageschocks der Robinhood-Trader den Markt deutlich beeinflussen konnten – trotz ihres geringen Marktan- » Ohne Robinhood-Trader hätten die kleinsten US-Aktien 20 Prozent tiefer notiert. « Philippe van der Beck, Post-Doctoral Researcher, École Polytechnique Fédérale de Lausanne und Swiss Finance Institute Aktienpositionen auf Robinhood Die Anzahl registrierter Konten sollte einem ähnlichen Verlauf folgen. Die Grafik zeigt, von wie vielen verschiedenen Konten die durchschnittliche Aktie gehal- ten wurde (rot, linke Achse) sowie die Entwicklung des S&P 500. Quelle: Van der Beck, P. / Jaunin, C. (2021), The Equity Market Implications of the Retail Investment Boom, S. 30 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 2.200 2.400 2.600 2.800 3.000 3.200 3.400 S&P 500 Anzahl Konten 2018 2019 2020 120 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ROB I NHOOD FOTO : © SW I S S F I NANCE I NS T I T U T E , P ENNY L E E

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