Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

ziellen Auswirkungen von M&A-Gerüchten auf das Vermögen der Aktionäre, indem sie eine Eventstudie durchführen, bei der Buy- and-Hold-Aktienrenditen über verschiedene Zeithorizonte analysiert werden (siehe Ta- belle „Eventstudie – Teil 1“) . Im Einklang mit der wissenschaftlichen Literatur und der Vermutung, dass Übernah- megerüchte eine glaubhafte Übernahmedro- hung darstellen, lässt sich eine signifikant positive durchschnittliche Kursreaktion am Eventtag als Reaktion auf die Ge- rüchte in der Höhe von 2,27 Prozent belegen (Panel A). Am Tag davor oder danach sind es jeweils eigentlich ver- nachlässigbare 0,3 Prozent. Betrachtet man den Zeitraum von zwei Monaten vor dem Event, wenn also die M&A- Gerüchte aufkommen, findet sich dort kein Beleg für einen erwarteten Deal in Form eines Kursanstiegs, denn die ab- normale Buy-and-Hold-Rendite liegt in diesem Zeitraum nur bei 0,5 Prozent, während die durchschnittliche kumulier- te abnormale Rendite gar nur 0,1 Pro- zent beträgt (Panel B). Das lässt darauf schließen, dass Übernahmegerüchte ein unerwartetes Event sind, das die Erwar- tungen der Marktteilnehmer betreffend einer schlechten Unternehmensproduk- tivität oder Performance wahrscheinlich nicht widerspiegelt. Betrachtet man die langfristigen abnormalen Buy-and-Hold- Renditen nach dem Aufkommen des Über- nahmegerüchts, so werden diese in den vier Folgequartalen signifikant negativ, wobei der Unterschied vom dritten auf das vierte Quartal nur marginal ausfällt (Panel A). So beträgt die Buy-and-Hold-Rendite über den Zeitraum vom zweiten bis zum 180. Tag nach dem Aufpoppen der Über- nahmegerüchte im Schnitt minus 4,7 Pro- zent (Panel A). Diese negativen Renditen überwiegen den positiven Kurseffekt des Gerüchts, sind diese in absoluten Zahlen doch doppelt so hoch. Der Markt egalisiert also nicht nur die anfänglich positive Kurs- reaktion, sondern führt zu einer signifikan- ten Wertvernichtung bei den Aktionären, stellen die Autoren fest. Zusätzlich erhärtet sich die Erkenntnis, dass sich Produktivitätsrückgänge in nach- gebenden Aktienkursen niederschlagen, da- durch, dass die Renditen für die Zielunter- nehmen von Übernahmegerüchten signifi- kant negativer ausfallen als für potenzielle Übernehmerfirmen (siehe Grafik „Eventstu- die – Teil 2, Panel C“) . Für beide Seiten überwiegen die negativen Renditen in den Quartalen nach dem Aufkommen der Über- nahmegerüchte, wobei der durchschnittliche Nettoeffekt für die zu übernehmenden Ziel- firmen bei minus 3,2 Prozent und jener für die potenziellen Übernehmer bei plus 2,0 Prozent liegt. Die Differenz in den Renditen zwischen den beiden Stichprobengruppen zeigt eine Signifikanz mit 99-prozentiger Konfidenz. Damit fällt der Wertverlust für die Aktionäre der Zielfirmen deutlicher aus als für Aktionäre der übernehmenden Fir- men. In Panel D werden die durchschnittli- chen abnormalen Buy-and-Hold-Renditen im Hinblick auf das Ausmaß der Arbeitneh- merschutzbestimmungen untersucht. Dazu werden die in Übernahmegerüchte invol- vierten Firmen in zwei Stichproben entspre- chend dem Firmensitz und den dort gelten- den strengeren oder laxen Arbeitsrechtsbe- stimmungen eingeteilt. Zu erwarten ist, dass Aktionäre in Ländern mit höherem Niveau an Arbeitnehmerrechten mit niedrigeren abnormalen Buy-and-Hold-Renditen davon- kommen. Dem ist auch so, wobei die Ren- ditedifferenzen in den Folgequartalen zwi- schen den beiden Gruppen statistisch signi- fikant auf einem Konfidenzniveau von 95 bis 99 Prozent ausfallen. Resümee Nicht nur dass die vorliegende Studie zur Literatur über die Auswirkungen von Ge- rüchten am Finanzmarkt beiträgt, so befasst sie sich auch mit der „dunklen“ Seite der Übernahmen, zu der es bis dato sehr wenige wissenschaftliche Arbeiten gibt. Das wirft Fragen im Hinblick auf die Governance auf, denn schließlich sollte der Governance- Mechanismus dafür sorgen, dass die poten- zielle Drohung einer Übernahme wert- schöpfend wirkt, indem sie Manager dazu anhält, das Agency-Problem zu verringern. Dieses Problem bedeutet, dass das Manage- ment oft versucht ist, seine Eigeninteressen über jene der Aktionäre zu stellen, als deren Bevollmächtigte sie agieren. Damit ist die Studie aber auch für die Regulierung von Übernahmen interessant. Großbritannien hat beispielsweise 2011 eine Reform der Take- over-Gesetzgebung vorgenommen, indem man den Zeitraum, in dem das Zielunter- nehmen durch die Übernahmediskussion quasi in der Luft hängt und zum Spielball von M&A-Gerüchten wird, beschränkt hat. Dies geschah als Reaktion auf den sich überaus lange hinziehenden Übernahme- prozess von Cadbury durch Kraft Foods und könnte als Blaupause dienen, um diese Phase des Schwebezustands und der Wert- vernichtung für Aktionäre genauso wie für Beschäftigte zu limitieren. Zum Schluss regen die Autoren noch an, dass Untersu- chungen zu den Kosten und Vorteilen einer Regulierung von Firmenübernahmen auch immer die Dimension des Humankapitals und der damit verbundenen Auswirkungen auf die Produktivität der involvierten Unter- nehmen in Betracht ziehen sollten. DR. KURT BECKER » Positive abnormale Renditen am Gerüchte-Tag werden durch spätere negative Renditen überkompensiert. « Dr. Douglas Cumming, Professor am Finance Department der Florida Atlantic University, Boca Raton, Florida » Negative Effekte beim Zielunter- nehmen sind stärker ausgeprägt als beim potenziellen Übernehmer. « Dr. Peter Limbach, Juniorprofessor am Centre for Financial Research in Köln 116 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ME RGE R S & ACQU I S I T I ONS FOTO : © F LOR I DA AT L ANT I C UN I V E R S I T Y, L I S A B E L L E R

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