Institutional Money, Ausgabe 2 | 2021

das Netto-Null-Emissions-Ziel ausgerich- tet“, prognostiziert Robecos von Reiche. Ein bekannter Großanleger, der diesen Schritt setzt, ist beispielsweise der Första AP-fonden (AP1). Der schwedische Pen- sionsfonds beschloss, aus allen Unterneh- men, die im Bereich fossiler Energien tätig sind, auszusteigen und nannte die 2020 umgesetzten Verkäufe die größte Desinves- titionsentscheidung der eigenen Unter- nehmensgeschichte. „Wir sind unserem Netto-Null-Ziel gegenüber verpflichtet. Daher erhöhen wir bestimmte Invest- ments, um den notwendigen Wandel zu fördern. Jeder Wirtschaftsbereich bedarf eines Umstiegs – von Transport bis hin zur Produktion“, erklärt Tina Rönn- holm, die die extern gemanagten Kapi- talanlagen von AP1 verantwortet. Investoren äußerten sich darüber hin- aus, welcher Dekarbonisierungseinflussfak- tor die größte Relevanz in der hauseigenen Investmentstrategie hat. Dabei kristallisier- ten sich drei wichtige Faktoren heraus (Mehrfachnennungen möglich): Für die mit Abstand meisten Investoren (81 %) relevant sind erneuerbare Energien, Bioenergie und Wasserstoff als Ersatz für fossile Brenn- stoffe. Platz zwei mit 58 Prozent belegte das Transportwesen, das weniger oder keine CO 2 -Emissionen verursachen soll, bei- spielsweise durch einen Umstieg auf Elek- trofahrzeuge. Auf Platz drei mit 56 Prozent liegt die „Abkehr von fossilen Kraftstoffen in der industriellen Produktion, wo mög- lich“. Auf den weiteren Plätzen folgen Ein- flussfaktoren wie „Größerer Einsatz von CO 2 -Absaugungen und Lagerung“ (27 %) oder „Wiederaufforstung“ mit 20 Prozent. Anomalie Beim letztgenannten Punkt weist Robeco auf eine Widersprüchlichkeit hin: Obwohl „Wiederaufforstung“ bei der Anlagestrate- gie (trotz möglicher Mehrfachnennungen) nur auf eine Relevanz von lediglich 20 Pro- zent kommt, liegt „Wiederaufforstung“ bei der Folgefrage nach den „aussichtsreichsten Investmentgelegenheiten unter den Dekar- bonisierungssektoren“ bei 67 Prozent der Investoren auf einem der Spitzenplätze. Begründbar ist diese Anomalie mit der Granularität beziehungsweise Kleinteiligkeit von Forstinvestments, die nur schwer in eine milliardenschwere Investmentstrategie integrierbar sind. Umschichtungen Auf die Frage, in welchen Assetklassen Investoren innerhalb von ein bis zwei Jah- ren eine Dekarbonisierung von Portfolio- beständen planen, stehen Aktien ganz oben auf der Liste, gefolgt von Sachwerten wie Immobilien und Infrastruktur. Die wenigs- ten Änderungen planen Investoren bei Staats- und Hochzinsanleihen (siehe Grafik „Dekarbonisierung von Anlageklassen“) . Erklärbar ist dies damit, dass eine Um- schichtung der vollständigen Rententan- gente in Richtung Green Bonds mangels ausreichend vieler Papiere am Green-Bond- Markt beziehungsweise wegen einge- schränkter Liquidität nur in den wenigsten Fällen möglich ist. Viel leichter geht die Umschichtung bei den in der Regel wesentlich liquideren Dividendenpapieren. Hinzu kommt, dass es bei diesen schon seit vielen Jahren ein um- fangreiches Angebot an ESG-Aktienfonds gibt, beziehungsweise es werden immer mehr Low-Carbon-Indexvarianten auf Basis klassischer Aktien-Benchmarks aufgelegt. Die Studie zeigt darüber hinaus auf, dass Investoren auf dem Gebiet Klimawandel und Dekarbonisierung beim Verständnis der wichtigsten Aspekte beträchtliche Wissens- lücken aufweisen. So räumten 45 Prozent aller befragten Investoren ein, höhere Kenntnis über den Unterschied zwischen der Begrünung finan- zieller Vermögenswerte und der Begrünung der Realwirtschaft haben zu wollen. 45 Pro- zent der Investoren wünschen sich zusätz- lich auch mehr Informationen über jene Investmentgelegenheiten, die der ökologi- sche Umbau der Wirtschaft eröffnet. Auf Platz drei mit 38 Prozent der Nennungen liegen regulatorische Risiken, die der Klimawandel mit sich bringt. ANTON ALTENDORFER » Alle Assets werden in den kommenden Jahren auf das Netto- Null-Emissions-Ziel ausgerichtet. « Christoph von Reiche, Head of Global Distribution & Marketing bei Robeco Hohe Hürden Eine Dekarbonisierung ist in der Praxis nicht leicht. „Was sind in Ihrer Organisation die Haupthindernisse bei der Dekarbonisierung der Investmentportfolios?“ Die befragten Investoren nannten eine Vielzahl von Hindernissen, die bei einer Dekarbonisierung der Portfolios überwunden werden müssen. Der Mangel an Daten, Reportings und Ratings wurde am öftesten genannt. Quelle: Robeco-Studie 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % Mangel an Daten, Reporting und Ratings Müssen interne Rendite- und Risikoziele einhalten Mangel an internen Kapazitäten und Ressourcen Zu wenig passende Low-Carbon- Investmentstrategien/-produkte verfügbar Zu geringe Nachfrage von Anlegern Zu niedrige interne Expertise betreffend Dekarbonisierung Unzureichende Führerschaft des Senior Managements bei der Dekarbonisierung Sorgen betreffend Liquiditäts- und Risikomanagement Terminologie und Definitionen 44 % 21 % 102 N o. 2/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | K L IMAWANDE L FOTO : © ROB ECO

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