Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

werden Staats- und Länderanleihen, Supra- nationals und Covered Bonds angerechnet. Dass damit aktuell nicht viel Ertrag zu holen ist, versteht sich. „2014 wurde die LCR-Quote zunächst als reine Reporting-Anforderung eingeführt, im Oktober 2015 wurde sie dann bindend. Durch die Einführung der CRR II müssen die Banken ab Juni 2021 auch eine zweite, eher mittel- bis langfristig ausgerichtete Liquiditätsquote (NSFR) einhalten. Das kam aber nicht überraschend und stellt für die Mehrheit der Banken kein großes Problem dar“, stellt Neisen klar. Linke ergänzt: „Zwar wurden beispielsweise Kreditkartenforderungen und Überzie- hungskredite zusätzlich in die LCR einbe- zogen, echte Schwierigkeiten hätte aber der Aktiencrash für die Anrechenbarkeit von Spezialfonds bedeutet. Bei Kursverlus- ten von über 40 Prozent verlieren Aktien den HQLA-Status und machen damit den gesamten Fonds nicht LCR-fähig. Als un- terstützende Maßnahme wurde dieses Aus- schließlichkeitskriterium für Spezialfonds von LSIs ausgesetzt.“ Coronabedingt gibt es weitere Erleichte- rungen im Zusammenhang mit der LCR: Die Aufsicht gestattet, dass die Banken zeit- weise die Mindestquote unterschreiten. „In dem Fall gibt es keine Sanktionen, aber die Bank muss der Aufsicht einen Plan einrei- chen, wann und wie sie die Kennziffer wie- der einhalten will“, so Neisen. Net Stable Funding Ratio (NSFR) „Bei der NSFR geht es um die goldene Bilanzregel, dass langfristige Anlagen auch langfristig zu finanzieren sind“, erläutert Linke. „Die entscheidenden Werte für diese Bestandsgröße sind zwar schon seit etlichen Jahren zu melden, aber ab 28. Juni 2021 muss die Kennziffer NSFR zwingend über eins liegen“, so Cluse. Dazu muss die Bank ihre benötigten und vorhandenen „stabilen Refinanzierungen“ abgleichen. Für die un- terschiedlich schnell veräußerbaren Assets gelten dabei unterschiedliche Anrechnungs- faktoren. „Eine Bundesanleihe ist schnell verkäuflich, sie hat einen niedrigen Anrech- nungsfaktor; andere Assetklassen haben einen höheren“, erklärt Cluse. Auf der Pas- sivseite ist zu klären, wie lang die jeweilige Refinanzierung zur Verfügung steht. Am Ende geht es darum, ob eine Bank stabil refinanziert ist. „Die Regeln sind schon lange bekannt“, erklärt Cluse. „In der Praxis stellt die NSFR daher kein Riesenproblem dar. Banken müssen sie eben in ihrer Liquiditätssteue- rung berücksichtigen. Allerdings werden die Möglichkeiten zur Fristentransformation durch die NSFR beschnitten. In Zeiten nied- riger Zinserträge tut das erst recht weh.“ Fröhlich erklärt, wie seine Bank reagiert hat: „Zur Stärkung unserer langfristigen Refinanzierung hat sich die Evangelische Bank bereits Ende 2019 entschlossen, Pfandbriefbank zu werden. Der Pfandbrief als ,Goldstandard‘ der gedeckten Refinan- zierung ist dabei Ausdruck unseres soliden Kreditgeschäfts und unterstreicht unser zukunftsfähiges Geschäftsmodell, das wir durch die Pfandbrieflizenz entscheidend weiterentwickeln. Durch die Emission von Pfandbriefen diversifizieren wir unsere langfristige Refinanzierungsstruktur, können unseren Kunden neue Produktlösungen (Stichwort: Social Covered Bond) anbieten und gewinnen neue Investoren für das Funding der Evangelischen Bank.“ Auch auf der Refinanzierungsseite hat sein Haus reagiert: „Wir haben unsere Refinanzie- rungsmöglichkeiten ausgebaut, indem wir unsere Kundeneinlagen in längere Laufzei- ten umschichten und unsere Interbanken- refinanzierung breiter aufstellen.“ Für kleinere, nicht signifikante Kredit- institute (LSIs) gab es eine Erleichterung: „Ihnen wurde bei der ansonsten sehr kom- plexen Berechnung der NSFR eine Verein- fachung eingeräumt. Sie brauchen künftig im Meldewesen nur noch eine weniger gra- nulare Aufteilung vorzunehmen“, so Linke. „Das vereinfacht das Meldewesen, ver- schafft aber keine Erleichterung bei der erforderlichen stabilen Refinanzierung.“ Durchschau ab Juni 2021 Insgesamt sorgt Basel III/IV dafür, dass sich Kreditinstitute risikosensitiver aufstel- len. Das reicht vom Geschäftsmodell über die operationellen Risiken bis hin zur Anla- ge der Eigeninvestments. „Sind die Invest- ments im Depot A risikoreich, bewegen sich die Kapitalanforderungen nach oben. Wird nur risikoarmes Kreditgeschäft, beispiels- weise voll besicherte Wohnimmobilienfi- nanzierungen, gemacht, reduzieren sie sich. Banken müssen nun genauer messen und granularere Daten an ihre Aufsicht repor- ten“, sagt Neisen. Sein Kollege Stephan Lutz, ebenfalls Partner bei PwC in Frankfurt, und dort für das Risikomanagement zuständig, erklärt, was das fürs Depot A bedeutet: „Die Kapi- talanforderungen für Derivate ändern sich, was je nach Derivateportfolio zu positiven wie auch negativen Effekten führen kann. Nicht nur große Institute sind hiervon betroffen, sondern auch kleine und mittlere Institute. Eine weitere wichtige Änderung betrifft Fonds inklusive Spezialfonds im Depot A. Derzeit können diese entweder mit 100 Prozent angerechnet werden, oder man darf durchschauen, als ob die Assets des Fonds direkt auf dem Buch der Bank wären“, so Neisen. „In dem Fall ist die Risikogewichtung deutlich risikosensitiver und kann je nach Assets zu höheren oder niedrigeren Kapitalanforderungen führen.“ Ab dem 28. Juni 2021 wird die Durchschau verpflichtend, womit auf die Asset Mana- ger, die Geschäfte mit Depot-A-Managern machen wollen, große Herausforderungen zukommen. „Wenn die Banken nicht genau wissen, welche Assets sich in einem Fonds befin- den, werden sie bestraft, denn dann wird das höchste Risikogewicht, 1.250 Prozent, angenommen. Das tut richtig weh, denn oft befinden sich ja nur normale Rentenpapiere in den Fonds. Hier wird es noch zu vielen Diskussionen zwischen Banken und Asset Managern kommen, in welcher Form und zu welchen Kosten die Daten zur Verfügung gestellt werden“, fürchtet Neisen. » Banken müssen nun genauer messen und granularere Daten an ihre Aufsicht reporten. « Martin Neisen, Partner und globaler Basel-IV-Leader bei PwC, Frankfurt 262 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | DE POT A UND BANK ENR EGUL I E RUNG FOTO : © PWC , E VANGE L I SCHE B ANK

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