Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

D ie Sicht der Regulierer auf die Banken ist ambivalent: Einerseits sollen sie die Geldflut der Notenbanken an die Wirtschaft weiterleiten, um diese nach der Corona-Pandemie anzukurbeln; ande- rerseits will man nicht, dass sich in den Büchern der Banken problematische Kredi- te anhäufen. Daher achten die Regulatoren und Aufseher aktuell besonders genau auf die Entwicklung der Kreditinstitute. „Für 2021 ist noch ein EU-weiter Bankenstress- test geplant. Der war eigentlich für 2020 vorgesehen, wurde dann aber auf 2021 ver- schoben. Ebenso ein Jahr später – also 2022 – soll der LSI-Stresstest für klei- nere Institute stattfinden, um die Coro- na-Auswirkungen besser einschätzen zu können“, erklärt Thomas Linke, der mit seinem Unternehmen Subsidium Con- sulting kleine bis mittelgroße Regional- kreditinstitute berät. Basel III und IV Die größten regulatorischen Herausforde- rungen kommen auf die Banken mit der Umsetzung der noch ausstehenden Teile von Basel III zu, die auch als „Basel IV“ bezeichnet werden, weil die Änderungen so gravierend sind. Das Paket wurde bereits am 7. Dezember 2017 als „Basel III: Fina- lising post crisis reforms“ präsentiert, aber es gibt lange Übergangsfristen. „Mit dem Regelwerk sollen die Eigen- mittelanforderungen stärker als vorher an die tatsächlichen Risiken des jeweiligen Hauses angepasst werden. Bisher hat man sich intensiv mit der Eigenkapitalseite und der Liquidität beschäftigt, und weniger mit der Risikoseite“, erklärt Michael Cluse, der als Director bei Deloitte seit mehr als 20 Jahren Banken sowie Finanzdienstleister berät und prüft. „Die großen Änderungen betreffen jetzt das Kredit-, das Marktpreis- und das operationelle Risiko. Daraus müs- sen Banken künftig eine neue Risikoge- wichtung berechnen. Die entsprechende Verordnung CRR III sollte ursprünglich zum 1. 1. 2022 in Kraft treten, aber corona- bedingt hat man beschlossen, alles auf 2023 zu verschieben“, so Cluse. Das kommt gut an. „Die Banken erfahren durch diese Maßnahme eine Unterstützung. Gleichzeitig fördert die Maßnahme die Kreditvergabe für die Wirtschaft“, meint Joachim Fröhlich, Mitglied des Vorstands bei der Evangelischen Bank. „Für unser Haus bedeutet die Verschiebung der Basel- III-Implementierung auch eine Entlastung. Wegen unserer konservativen Risikopolitik haben wir 2020 das Kreditvolumen steigern können, verzeichneten aber auch nur weni- ge Leistungsstörungen und mussten unsere Risikovorsorge nur geringfügig anpassen. Wir schauen deshalb entspannt auf die Ein- führung von Basel III 2023.“ Nun wartet man also auf die EU-Verord- nung CRR III. „Der Entwurf dazu wird kurz vor den Sommerferien 2021 erwartet“, so Cluse. Er rechnet vor: „Bei CRR I und CRR II hat es jeweils zwei bis 2,5 Jahre gedauert, bis der politische Prozess abge- schlossen war und die Verordnung verab- schiedet wurde. Danach wurde den Banken zusätzlich Zeit gegeben, die Regeln um- zusetzen. Vorher muss die EBA noch die Level-II-Dokumente nachliefern …Alles in allem halte ich es für unwahrscheinlich, dass Basel IV schon zum Januar 2023 an- zuwenden ist.“ Mehr Eigenkapital erforderlich Und was werden die neuen Regelungen bringen? „Die Aufsichtsbehörden haben ge- sagt, es solle darum gehen, dass die Berech- nungen in den Standardansätzen risikosen- sitiver werden, dass die neuen Regelungen aber im Grundsatz nicht dazu führen soll- ten, dass die Kapitalanforderungen insge- samt steigen“, so Cluse. Doch zumindest für die europäischen Banken bezweifelt er das: „Die Quantitative Impact Studies (QIS) der EBA haben gezeigt, dass die Kapitalan- forderungen der Banken in Europa zum Teil signifikant steigen.“ Fröhlich bestätigt das: „Wir rechnen mit höheren Eigenkapitalan- forderungen. Es ist davon auszugehen, dass der zukünftig moderate Anstieg in der Grö- ßenordnung von zehn bis 15 Prozent liegt, sodass wir eine lösbare Herausforderung erwarten. Heute liegt unsere Eigenkapital- quote bei rund 14,5 Prozent“, so Fröhlich. Ein Grund für die höheren Eigenmittelan- forderungen europäischer Banken ist, dass sie stärker im klassischen Kreditgeschäft, etwa in der Immobilienfinanzierung, tätig sind als Banken anderswo. Ihnen verschafft Basel IV einen relativen Nachteil in der internationalen Bankenwelt. „Der Basler Ausschuss will eigentlich nur die großen, international tätigen Institute regulieren; die Angesichts der Dauer der Coronakrise wächst auch die Angst vor einer Zunahme bei Problemkrediten. Regulatoren und Aufseher haben daher aktuell ein besonders wachsames Auge auf die Banken. » Mit Basel III sollen die Kapitalanfor- derungen der Banken stärker als vor- her an die Risiken angepasst werden. « Michael Cluse, Director Risk Advisory / Regulatory & Legal Support, Deloitte, Düsseldorf Pandemiepläne für Banken 260 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | DE POT A UND BANK ENR EGUL I E RUNG FOTO : © DE LO I T T E , ANDR E Y POPOV | S TOCK . ADOB E . COM

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