Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

Ankündigungen: Man wolle das Tesla des nachhaltigen und verantwortlichen Kon- sums werden. Für Niel und Pigasse ist es nicht der erste Börsengang über eine SPAC, sie waren bereits Gründer einer solchen (Mediawan) 2015. Diese Firma hat seit Gründung mehr als 30 Unternehmen erwor- ben, um am Ende einen Marktführer für Scripted-Drama-Produktionen entstehen zu lassen. Mit 2. Dezember 2020 ist Mediawan allerdings wieder vom Kurszettel ver- schwunden, denn die Investmentholding Bidco Breteuil erwarb im Zuge eines Über- nahmeangebots 91,86 Prozent der für zehn Euro platzierten Aktien für zwölf Euro je Stück. Jetzt kommt es zum Squeeze-out des Streubesitzes. Die Rendite lag in dem von Bloomberg abgedeckten Zeitfenster von 21. April 2016 bis 30. September 2020 bei mickrigen 4,07 Prozent im Jahr. Der CAC 40 Index sowie der CAC All-Tradeable In- dex (SBF250 Index) erzielten im gleichen Zeitraum eine annualisierte Rendite von 4,46 respektive 4,42 Prozent (siehe Chart „Viel Lärm um sehr wenig“). Nachzügler Deutschland Seit 22. Februar 2021 notiert Lakestar SPAC I (ISIN: LU2290523658) im Regu- lierten Markt der Frankfurter Wertpapier- börse. Ziel des Emittenten ist es, ein euro- päisches Late-Stage-Wachstumsunterneh- men aus dem Technologiesektor zu über- nehmen. Zum Handelsstart notierten die Aktien bei 11,15 Euro, der Ausgabepreis für eine Aktie und 1/3 Warrant lag bei zehn Euro, und 275 Millionen Euro flossen in die Kassen der SPAC. Somit war die Premiere ein Erfolg für die Erstzeichner, und der in den USA bereits heißlaufende Trend ist endlich auch in Deutschland angekommen. Streng genommen ist Lakestar nicht die ers- te SPAC, es gab in Deutschland schon zwei dieser Art, allerdings vor 2010. Lakestar will jedenfalls in Technologieunternehmen mit den Schwerpunkten Software als Miet- modell (SaaS), Fintech, Transport und Logistik, Gesundheit und „Deep Tech“ in- vestieren. Das angepeilte Ziel liegt zwi- schen 750 Millionen und vier Milliarden Euro Eigenkapitalwert. Gründer und Auf- sichtsratsvorsitzender ist Klaus Hommels, der in der Vergangenheit unter anderem in Spotify, Facebook, Skype und in die Neo- Bank Revolut investierte. Die Privatplatzie- rung richtete sich ausschließlich an institu- tionelle Anleger, das Orderbuch war nach einer Stunde bereits gefüllt und soll laut „Handelsblatt“ neunfach überzeichnet ge- wesen sein. Venture Capitalist Hommels Argument, das Investoren überzeugt, war neben seinem Track Record, der ihm einige hundert Mil- lionen bescherte, die Gefahr eines Ausver- kaufs europäischer Start-ups nach den USA und Asien. Sollte die Idee Fuß fassen und Hommels weitere Proponenten folgen, könnte dies einen Wendepunkt in der Inno- vationsfinanzierung für Deutschland darstel- len. Er selbst soll jedenfalls Börsengänge weiterer SPACs planen. Was Profis dazu sagen Fragt man alte Hasen wie Dr. Jens Ehr- hardt, erfährt man, dass SPACs keine neue Errungenschaft darstellen: „In der Ölkrise der 70er- und 80er-Jahre wurden ebenfalls solche Vehikel aufgelegt, deren flüssige Mittel dann in neue Ölquellen investiert werden sollten. Diese Investments hatten Aufgelder gegenüber dem inneren Wert, also dem Wert der Barmittel dieser Vehikel, von oft über hundert Prozent.“ Die genann- ten Öl-SPACs der 1970er- und frühen 1980er-Jahre endeten oft im Desaster bezie- hungsweise Totalverlust, so Ehrhardt weiter. Im Moment sei die Stimmung noch ro- bust, so Mark Dowding, CIO von BlueBay Asset Management: „Ein Beleg für diese These war Ende Februar die rasant steigen- de Bewertung der SPAC mit dem Namen Churchill Capital IV. Nach der Ankündi- gung einer Fusion mit dem Elektroautoent- wickler Lucid Motors ergab sich eine spek- takuläre Bewertung von 24 Milliarden US- Dollar – und das für ein Unternehmen, das noch kein einziges Auto verkauft hat. Noch eindrucksvoller erscheint diese Marktkapita- lisierung, wenn man ins Kalkül zieht, dass diese doppelt so hoch ausfällt wie die des etablierten Automobilherstellers Renault.“ Einer, der mit SPACs hart ins Gericht geht, ist Warren Buffetts rechte Hand, der 97-jährige Charlie Munger. Er kann dem spekulativen Interesse vieler Marktteilneh- mer an diesen Zweckgesellschaften nichts abgewinnen und fordert andere Investoren dazu auf, es ihm gleichzutun. „Ich nehme daran überhaupt nicht teil, und ich denke, die Welt wäre besser dran, wenn es SPACs nicht gäbe“, räsoniert der Altmeister. Es sei eine verrückte Spekulation auf Übernahmen, die noch nicht vollzogen seien, eine irritie- rende Blase. Das Momentum für SPACs halte 2021 zwar weiter an, doch blieben Dutzende von ihnen performancemäßig hin- ten jenen Firmen zurück, die den Weg des traditionellen IPOs wählten. Zudem habe so manche SPAC in ihrer Satzung Bestimmun- gen, die den Gründern gegenüber Aktionären eine Vorzugsbehandlung zusichern. Munger dazu: „Investment Banking Professionals spielen hier mit und verkaufen Aktien, so- lange es eben möglich ist.“ Sein Fazit lautet: „Ohne SPACs wäre die Welt besser dran!“ Spekulativer Charakter Institutionelle Investoren haben sich mit SPACs meist noch gar nicht beschäftigt, wie ein nicht genannt werden wollender Senior Asset Manager einer Vorsorgekasse zu verstehen gibt. Als Investmentthema der Stunde erscheinen sie für langfristigen Ver- mögensaufbau aufgrund ihres spekulativen Charakters nicht geeignet. Allerdings könn- te sich bei einigen, die im Alternatives-Be- reich verschiedene Strategien über Fondslö- sungen abdecken, doch ein verstecktes SPAC-Engagement finden. Denn in speziel- len Strategien, etwa in den Multi-Strategy Event-Driven Funds von renommierten Playern wie Driehaus Capital Management, befindet sich neben Event Driven Equity und Event Driven Credit auch ein Arbi- trage-Teil, wo Merger Arbitrage und SPACs Arbitrage betrieben wird. DR. KURT BECKER » Professionelle Investoren verdienen bei SPAC Arbitrage oft zulasten der anderen Aktionäre. « Oliver Scharping, Portfoliomanager Globale Aktien bei Bantleon 232 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | S PAC S FOTO : © T HOMA S W I E L AND

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