Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

dass die Gebühren einen Prozentsatz der verwalteten Assets ausmachen, aber auch eine Verantwortlichkeit von BlackRock als Treuhänder im Rahmen des Vermögensver- waltungsauftrags besteht. Die dritte zu tes- tende Hypothese lautet daher: BlackRock verringerte sein Exposure bei den von ne- gativen Auswirkungen betroffenen Unter- nehmen vor der Ankündigung, diese Posi- tionen zu liquidieren. Datenbasis Die Autoren stellen auf die Global Coal Exit List (GCEL) einer deutschen NGO namens „urgewald“ ab, um die Stichprobe der betroffenen Unterneh- men zu erhalten. Die Daten beinhalten eine umfangreiche Liste von 2.182 Fir- men und deren Tochterunternehmen entlang der Kohlelieferkette. Diese wur- de zuletzt im September 2019 aktualisiert. In einem ersten Schritt extrahierte man da- raus 370 gelistete Unternehmen in 44 Staa- ten und schloss private Firmen und solche im Staatsbesitz aus. Davon galt es noch 46 mit nicht ausreichenden Aktienmarktdaten, zwei Firmen, die das Listing verloren hat- ten, und vier mit nicht zufriedenstellenden Marktindexdaten zu eliminieren, sodass letztlich 318 in der Stichprobe verblieben. Nachdem die GCEL nicht klar zwischen Kraftwerkskohle und allgemeinen Kohle- bergbauaktivitäten unterscheidet, zogen die Autoren als zweite Quelle die Liste von Caldecott, Kruitwagen, Dericks, Tulloch, Kok und Mitchell heran, die diese in „Stranded Assets and Thermal Coal: An Analysis of Environment-Related Risk Exposure“ publizierten. Diese Liste fußt auf Daten von 2014 und zeigt die Top 20 ge- listeten Kraftwerkskohleproduzenten, die zumindest 30 Prozent ihres Umsatzes in diesem Bereich generieren. Die meisten dieser Firmen finden sich auch in der GCEL, woraus man schließen kann, dass der Umsatzanteil der Kraftwerkskohle über die Jahre ziemlich stabil bleibt. BlackRock hatte ja für sein Veräußerungsprogramm einen 25-prozentigen Anteil der Kraftwerks- kohleproduktion an den Firmenumsätzen definiert. Zu erwarten ist, dass BlackRocks An- kündigung auf alle Unternehmen, die Kohleaktivitäten aufweisen, ausgestrahlt hat. Die GCEL hat eine 30-Prozent- Schwelle und umfasst alle kohlebezogenen Geschäftsaktivitäten, nicht nur solche in Bezug auf Kraftwerkskohle. In ihren Re- gressionsanalysen haben die Autoren die Ergebnisse nicht im Hinblick auf diese leichte Inkongruenz kontrolliert, denn die höhere Schwelle der GCEL würde gegen die Bestätigung der Hypothese der Autoren wirken. Basis der Analysen ist das Drei- Faktor-Modell von Eugene Fama und Kenneth French, wobei die abnormale Ren- dite der Differenz zwischen der beobachte- ten Rendite und deren Prognosewert ent- spricht. Die zu untersuchende Eventperiode reicht von drei Tagen vor bis zu drei Tagen nach dem Ankündigungstag, also dem 14. Januar 2020. Ergebnisse Die durchschnittlichen abnormalen Ren- diten sowie die kumulierten abnormalen Renditen zeigen, dass die meisten in Teil- stichproben zusammengefassten Firmen renditemäßig nicht von der Veräußerungs- ankündigung betroffen waren. Nur bei der kleinen Gruppe mit starken Kohlebergbau- aktivitäten zeigen sich negative abnormale Renditen an den Tagen nach dem Event- datum. Die erste Hypothese findet somit nur Bestätigung bei jener Stichprobe von notier- ten Firmen, die hohe Kohlebergbauaktivitä- ten aufweisen. In einem weiteren Schritt analysierten Bassen, Buchholz und Kaspe- reit die Stichprobe in Bezug auf geografi- sche Charakteristika. Untersucht wurden hier die Gruppen der Kohleproduzenten mit Sitz in den G7-Staaten, jene mit der Fir- menzentrale in den USA sowie die Gruppe der Top 30 nach der Caldecott-Liste mit Fir- menzentrale in den USA. Dabei zeigt sich, dass besonders die Firmen mit Headquarter in den USA von der BlackRock-Ankündi- gung betroffen waren, denn sie wiesen im Schnitt eine abnormale negative Rendite von 2,28 Prozent am Tag nach der Bekannt- gabe auf. Diesen Effekt kann man nicht be- obachten, wenn man auf die Teilstichprobe der Firmen mit Sitz in den G7-Staaten ab- stellt. Um zu erkennen, ob etwa die Markt- akteure diese Ankündigung von BlackRock antizipierten oder die Wichtigkeit dieses Events erst später dem Markt bewusst wur- de, analysierten die Autoren die kumulierten abnormalen Renditen. Dabei stellte sich wiederum heraus, dass große Kohleprodu- zenten mit Sitz in den USA am meisten be- troffen waren; hier betrug die durchschnitt- liche kumulierte abnormale Rendite minus 7,52 Prozent über das Zeitfenster von drei Tagen vor bis drei Tage nach Ankündigung. Vom Ankündigungstag bis inklusive drei Tage danach sind es immerhin auch noch minus 5,88 Prozent, und dies jeweils mit hoher statistischer Signifikanz (Irrtums- wahrscheinlichkeit unter einem Prozent). Die anderen Unternehmen bleiben entweder nicht betroffen oder waren von der Ankün- digung marginal positiv betroffen. Während also die erste Hypothese – die Erwartung von signifikant negativen Renditen von Kohleaktien um den Tag der Ankündigung des BlackRock-Rückzugs – global gesehen nicht zutrifft, findet sie doch Bestätigung bei großen Kohleproduzenten mit Sitz in den USA. Das steht im Einklang mit der Tatsache, dass sich BlackRock aus Kohle- produzenten zurückzieht, nicht aber auf Un- ternehmen, die entlang der Lieferkette des Kohlegeschäfts tätig sind. Um zu verstehen, ob der Kapitalmarkt diese Ankündigung als wertsteigernd für die BlackRock-Aktie einordnet, wurde analog vorgegangen. Am Tag nach der Ankündi- gung erfuhr die Aktie eine positive abnor- male Rendite von 2,24 Prozent, woraus man schließen kann, dass der Kapitalmarkt dieses Vorgehen BlackRocks tatsächlich als wertstiftend einschätzt. Damit ist die zweite Hypothese (Wertsteigerung für BlackRock) bestätigt. Mithilfe der 13F-Quartalsmeldun- gen von allen US-Asset-Managern mit mehr als 100 Millionen Assets under Ma- » Firmen mit hohem Umsatzanteil von Kohleförderung zeigten eine signifikant negative abnormale Rendite. « Dr. Thomas Kaspereit, Associate Professor of Financial Accounting an der Universität von Luxemburg 216 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | KOHL E I NVE S TMENT S FOTO : © S V EN S E E B E RGEN FOTOS T UD I O OL DENBURG

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=