Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

mir den Manager quartalsweise an, versuche einzuschätzen, wie er sich entwickeln wird, und bin im Zweifel auch bereit, ihn schnell auszutauschen. Oder ich sage mir, solange es bei diesem Manager keine Veränderungen im Portfolioteam gibt oder er an Kapazitäts- grenzen kommt, halte ich durch. Dann sitze ich sozusagen alle Zyklen mit ihm aus. Bei- des kann erfolgreich sein. Schwierig wird der Mittelweg, also wenn ich nicht schnell genug handle, aber auch nicht die Geduld aufbringe, einfach durchzuhalten. Das führt neben dem Auswahlproblem dazu, dass mein Investor im Zweifel zum falschen Zeit- punkt die Pferde wechselt. Damit wäre es kein Nullsummenspiel, sondern ein Nega- tivsummenspiel. Tobias Bockholt: Oder man fährt bewusst einen Nischenstrategie. Man schichtet seine globale Benchmark ab, um einzelne Länder oder Assetklassen separat abzubilden. Japan überträgt man einem guten Manager für japanische Aktien, amerikanische Neben- werte managt ein guter US-Small-Cap-Ma- nager und so weiter. So kombiniert man eine entsprechende Anzahl von Managern, die jeweils mit einem hochkonzentrierten Portfolio arbeiten, und führt das Ganze ent- sprechend der Gewichtung der Benchmark zu einem Gesamtportfolio zusammen. Hans Heuser: Das kann dann in den einzel- nen Segmenten aber zu einem sehr hohen Tracking Error führen. Den muss man auch durchhalten können. Tobias Bockholt: Wobei die einzelnen Seg- mente im Prinzip wieder komplementär zueinander sind, wodurch das Portfolio ins- gesamt ausreichend diversifiziert ist und der Tracking Error und die Risikomaße wieder ein normales Niveau erreichen. Ferdinand Haas: Heißt das im Rückschluss, dass aktives Management am Ende nur noch etwas für die Nische ist? Jochen Kleeberg: Wie eingangs schon ange- sprochen: US Large Caps und Staatsanlei- hen – beide Assetklassen sind in einem akti- ven Portfolio nicht sinnvoll umzusetzen. In anderen Assetklassen sehen wir mit einem sehr strukturierten Vorgehen, mit der Fokus- sierung auf Investmentexzellenz, der genau- en Analyse der dahinter stehenden Manage- mentteams sowie entsprechenden Anreiz- strukturen und einem durchdachten Kapazi- tätsmanagement eine sehr gute Erfolgswahr- scheinlichkeit für den Anleger, über einen Zyklus nachhaltig Alpha zu generieren. Aber auch hier gilt es Demut zu beweisen. Hans Heuser: Was ist mit Demut gemeint? Jochen Kleeberg: Die Bäume wachsen auch unter den genannten Voraussetzungen nicht in den Himmel. Man muss sich einfach vor Augen halten, und da sind wir im Grunde wieder beim Thema Nullsummenspiel: Das Alpha, auch wenn es positiv und statistisch signifikant ist, kann sich realistischerweise nur in einem bestimmten, moderaten Rah- men bewegen. Das sind nicht 20 Prozent Alpha im Jahr oder gar mehr. Hans Heuser: Aber haben wir nicht gerade im vergangenen Jahr Manager erlebt, die eine Outperformance von 100 Prozent und mehr geschafft haben? Jochen Kleeberg: Das ist aber doch einer ganz besonderen Marktkonstellation geschuldet. Solche Ergebnisse kann man nicht einfach in die Zukunft fortschreiben. Herwig Kinzler: Ich würde gern noch einen anderen Aspekt ergänzen. Ein institutionel- ler Investor hat in der Regel ohnehin nur begrenzte Kapazitäten, um aktive Strategien zu verfolgen. Denn am Ende muss er Ver- sorgungsleistungen bedienen oder im Trea- sury einen gewissen Ertrag erwirtschaften. Dann darf man die Frage stellen, ob sich der Aufwand, um wirklich aktives Alpha zu erzielen – das zudem möglicherweise oh- nehin nicht existiert oder zumindest flüchtig ist –, überhaupt noch lohnt. Denn angesichts des Aufwands in Bezug auf Themen wie die Asset Allocation, die Portfoliostruktu- rierung, die Wahl der richtigen Benchmark und so weiter wäre das Alpha möglicher- weise nicht einmal mehr die Sahne auf dem Kaffee. Und um noch einmal das Bild von » Es gibt eben noch keine Standards, die sich in Bezug auf die ESG-Frage bereits etabliert hätten und damit auch in entsprechenden Indizes reflektiert würden. « Tobias Bockholt, Willis Towers Watson F OTO : © J O S E P OB L E T E 162 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : ROUNDTABL E | CONSULTANT

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