Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

können oder wollen oder weil sie befürch- ten, dass die Gelder wieder abgezogen wer- den. Das ist Risikomanagement in eigener Sache aus Angst, falschzuliegen. Ferdinand Haas: Sie sehen demnach den Hauptgrund für die in der Masse existie- rende Underperformance aktiver Manager darin, dass die meisten sich insgeheim eben doch an die Benchmark klammern und damit natürlich überhaupt keine Chance haben, outzuperformen? Tobias Bockholt: Im Prinzip stimme ich Ihnen damit voll zu, Herr Haas, dass nämlich die überwiegend zu beobachtende Underperfor- mance vor allem durch die Kosten entsteht. Insbesondere die großen Asset Manager unterhalten entsprechend große Vertriebs- einheiten, um Gelder einzusammeln, weil sie in erster Linie Kapitalsammelstellen sind, statt Portfoliomanager zu sein. Ferdinand Haas: Fraglos einer der wichtigs- ten Aspekte in unserer Diskussion, zu dem Dr. Kleeberg eine interessante Untersu- chung veröffentlicht hat, die sich dem Ka- pazitätsmanagement bei Asset Managern widmet. Als Investor sollte man sich diesen Aspekt wahrscheinlich genau anschauen. Jochen Kleeberg: Dem kann ich natürlich nur zustimmen. Die Kapazität eines Asset Ma- nagers ist ein ganz wesentlicher Schlüssel- faktor für dessen zukünftigen Erfolg. Das macht natürlich auch die Managerauswahl zusätzlich anspruchsvoll. Wer auf die Per- formancezeitreihen unterschiedlicher Fonds schaut, sieht das, was alle anderen auch sehen. Was ist die Konsequenz, wo gehen die Gelder hin? Natürlich in jene Strategien, die in der Vergangenheit gut abgeschnitten haben. Für einen Asset Manager, der in dieser Situation über einen guten Vertrieb verfügt, ist dann das Ergebnis, das er mit dem Produkt in der Vergangenheit erzielt hat, schlichtweg nicht mehr wiederholbar. Die eigentliche Kunst besteht also darin, ein exzellentes Investment zu identifizieren, aber nach vorn gerichtet auch eine Prognose darüber abzugeben, ob der Manager bereit ist, eine erfolgreiche Strategie rechtzeitig zu schließen. Aus diesem Grund muss man sich als Investor immer fragen, wie das Selbstverständnis eines Managers in Bezug auf die Relation Alphakreation versus dem Einsammeln von Mitteln aussieht. Ferdinand Haas: Das würde dann bedeuten, man sollte eigentlich nach einem exzellen- ten Asset Manager mit möglichst misera- blem Vertrieb suchen. Tobias Bockholt: Wenn Sie das als Quint- essenz daraus ziehen, würde ich Ihnen durchaus zustimmen. Ferdinand Haas: Kommen wir zurück zu dem Aspekt, dass man als Investor schon am Startpunkt hinten liegt, weil Managerselek- tion eben keine 50-zu-50-Angelegenheit ist, sondern eine quasi zum Nachteil des Anle- gers gezinkte Wette. Was tun Sie, um diesen Nachteil im Sinne Ihres Kunden zu kompen- sieren? Herwig Kinzler: Wie eingangs skizziert: Ich kümmere mich zum einen um Aspekte, bei denen ich über eine höhere Prognosegüte verfüge, wie die Verbesserung der Kosten- seite und das Risikomanagement. Zum an- deren versuche ich, Betas zu vereinnahmen. Es ist zudem nicht unbedingt ein Nullsum- menspiel. Gerade was die Liquidität des Investors und die Gestaltung seiner Bench- mark betrifft, lässt sich einiges zum Vorteil des Anlegers erreichen. Denn über einen Punkt dürften wir Einigkeit erzielen: Ziel- Alphas, wie sie lange Zeit in den Markt posaunt wurden, waren in Wahrheit kein ernst zu nehmender Erwartungswert, son- dern es war theoretisches Alpha, das nur erreicht werden kann, wenn wirklich alles eintritt, was ich mir wünsche, und noch ein bisschen mehr. Daher ist oft etwas mehr Demut angebracht, um eventuell auch ein- fach mal bestimmte Phasen auszusitzen. Hans Heuser: Was meinen Sie mit aussitzen? Herwig Kinzler: Es ist schon schwer genug, einen aktiven Manager auszuwählen. Da- nach muss ich ihn aber auch aktiv begleiten. Das kann man auf zweierlei Art tun: Ent- weder bin ich wirklich sehr aktiv und schaue » Man braucht einen Markt, der sich durch eine geringe Analystenabdeckung auszeichnet, der vielleicht sogar ein gewisses Maß an Komplexität aufweist. « Jochen Kleeberg, Alpha Portfolio Advisors F OTO : © A ND R E A S E ND E R MA NN 160 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : ROUNDTABL E | CONSULTANT

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