Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

Herwig Kinzler: Ich kann aber auch versu- chen, die Schlacht auf ganz andere Art zu gewinnen, nämlich indem ich genügend Zeit auf die Wahl der wirklich sinnvollen Benchmark lege, weil ich dadurch vielleicht eine größere Chance habe, zu gewinnen. Daraus folgt natürlich auch: Es ist nicht immer intelligenter, einen marktkapitalisie- renden Index zu verwenden. Tobias Bockholt: Wobei schon die Wahl einer sinnvollen Benchmark im Grunde eine aktive Entscheidung darstellt. Das reflektiert am Ende das Problem, vor dem wir stehen. Ein Index wie der MSCI World speist sich zu 25 Prozent aus den Aktien von fünf großen Technologiewerten. Wenn man diese Werte nicht im Portfolio hatte, war es entsprechend nicht möglich, den Markt outzuperformen. Damit habe ich aber durchaus eine sehr starke Entscheidung getroffen. Jochen Kleeberg: Vielleicht sollten wir als Zwischenfazit festhalten: Die Manageraus- wahl im aktiven Bereich ist eine schwierige und komplexe Disziplin. Wenn man davon nichts versteht, kann aus der Logik von Herrn Haas eigentlich nur als Empfehlung an den Anleger abgeleitet werden: Setze deine Strategie bitte passiv um. Herwig Kinzler: Im Prinzip verstehe ich Ihre Logik. Allerdings sehe ich eine gewisse Gefahr darin, dass sich gerade Anleger, die eher unerfahren sind, allzu schnell für ein passives Investment entscheiden. Natürlich ist das kostengünstig und einfach imple- mentierbar. Mein Eindruck ist aber, dass viele Kunden denken, dass sie damit auch ihre Risiken irgendwie passiviert haben. Genau das aber ist der große Denkfehler. Denn im Prinzip verlagert der Kunde damit sein Risikomanagement komplett auf seinen Asset Manager, der aber argumentieren wird, dass nicht er für das Anlageergebnis verantwortlich sei, sondern die Benchmark. Insofern müsste man Kunden klar darüber aufklären, dass ihr Risiko, das ihnen beim aktiven Management zumindest teilweise der Manager abnehmen kann, bei einem passiven Investment zu 100 Prozent bei ih- nen liegt. Es liegt schon eine gewisse Gefahr in dem Rat „Mach alles passiv“. Jochen Kleeberg: Vollkommen richtig, aber da bewegen wir uns bereits auf einer ganz anderen Ebene, nämlich nicht mehr jener der Produktauswahl, sondern auf der Ebene der Asset Allocation. Deshalb möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich betonen: Kun- den, die mit uns sprechen, bekommen am Ende einen aktiven Manager oder sie arbei- ten nicht mit uns zusammen, weil wir pas- sive Manager gar nicht selektieren. Hans Heuser: Herr Bockholt, Sie scheinen nicht so davon überzeugt zu sein, nur aktive Manager zu allokieren. Tobias Bockholt: Das ist richtig. Allein schon aus dem Grund, dass Alpha nun einmal erwiesenermaßen ein sehr rares Gut ist. Das ist in erster Linie dadurch bedingt, dass vie- le Fondsmanager so etwas wie Risikoma- nagement in eigener Sache betreiben. Sie setzen keine wirklich konzentrierten, sprich aktiven Portfolios um, Stichwort Nullsum- menspiel, wonach einer immer etwas ver- liert, damit ein anderer überhaupt etwas gewinnen kann. Uns zeigt doch schon die Statistik, dass 75 bis 80 Prozent der Asset Manager, die sich als aktiv bezeichnen, nach Kosten definitiv schlechter abschnei- den als die Benchmark. Daher ist man mit der Benchmark deutlich besser aufgehoben. Hans Heuser: Das heißt, Sie erwarten von einem guten aktiven Manager, dass er sein Portfolio sehr konzentriert aufstellt? Tobias Bockholt: Für jemanden, der den Markt beobachtet, ist es kein Geheimnis, dass viele große Asset Manager ihre Aufgabe in erster Linie darin sehen, Geld einzusam- meln. Die Portfoliotheorie simpel angewen- det, braucht man im Grunde 20 Titel, um ausreichend diversifiziert zu sein, sprich: ein hochkonzentriertes Portfolio. Die Fonds der meisten Manager, die sich als aktiv betrach- ten, enthalten aber im Schnitt 160 bis 200 Titel. Daraus folgt: Die Fondsmanager ge- hen keine dezidierten Wetten ein – allein weil sie den Tracking Error nicht aushalten » Aktives Management kann sich auch dann lohnen, wenn am Ende gar kein oder vielleicht nur geringes Alpha entsteht. « Herwig Kinzler, MC F OTO : © COR N E L I S GO L L H A R D T 158 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : ROUNDTABL E | CONSULTANT

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