Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

Frage der (richtigen) Benchmark Aber es könnte noch eine ganz andere Erklärung dafür geben, weshalb am Busi- ness as usual festgehalten wird: (unbewuss- ter) Selbstbetrug bei der Performancemes- sung. So schreibt Richard Ennis in seiner Studie „Institutional Investment Strategy and Manager Choice: A Critique“, dass die zehn größten öffentlichen US-Pensions- fonds nach eigenen Angaben ihre selbst ge- wählte Benchmark im Zeitraum von 2008 bis 2018 im Durchschnitt um 0,17 Prozent pro Jahr übertroffen hätten. Allerdings un- derperformten diese gleichzeitig gegenüber der in der Studie fundiert hergeleiteten, risi- koäquivalenten Benchmark um durch- schnittlich 0,83 Prozent. Es darf deshalb vermutet werden, dass die im Einzelnen ge- wählten Benchmarks der Pensionsfonds in ihrer Aussagekraft fragwürdig sind. Ennis zufolge ist das keine große Überraschung. Seiner Einschätzung nach könnte man eine ganze Ab- handlung über die „schwarze Kunst“ des Benchmarkings institutioneller Fonds schrei- ben. Liegt die Hürde der jeweili- gen Benchmark systematisch zu niedrig, kann das dazu füh- ren, dass sich institutionelle Anleger ihrer Underperfor- mance nicht (voll) bewusst sind. Zwar ist bereits aus frü- heren Untersuchungen be- kannt, dass die Mehrheit der Pensionsfonds und Stiftungen underperformt, aber aufgrund nicht adäquater Benchmarks könnten sich die entsprechen- den Akteure selbst als Aus- nahme davon betrachten. Die- se Wahrnehmung erscheint auch deshalb plausibel, weil man in der Branche lange Zeit tatsächliche Erfolge ge- wohnt war – im Durchschnitt zumindest bis zum Jahr 2008. Denn bis dahin konnten ge- rade die oft hoch gewichteten alternativen Investments tatsächlich outperformen. Das trug dazu bei, dass zum Beispiel das klas- sische Yale-Modell weltweit bekannt wurde. Wie Richard Ennis schreibt, haben sich die Zeiten seitdem wohl dauerhaft verän- dert. So zeigten Untersuchungen, dass sich die Preisfindung bei Private Equity an die Entwicklung der liquiden Aktien- und An- leihenmärkte angeglichen hat. Auch Immo- bilien werden dem Autor zufolge teils indi- rekt über den Aktienmarkt abgebildet, da diese nach Schätzungen bis zu 40 Prozent der Vermögenswerte von US-Unternehmen ausmachen. Zudem werden in breiten Indi- zes wie dem Russell 3000 auch REITs be- rücksichtigt. Und schließlich haben auch Hedgefonds seit 2008 auf breiter Front ent- täuscht – nicht nur bei den Renditen: Gleichzeitig stiegen deren Korrelationen ge- genüber traditionellen Strategien, was dazu führte, dass die oft angeführten Diversifika- tionsvorteile abnahmen. Alternative Investments entwickelten sich demnach von einer attraktiven Alpha-Quelle zum Performance-Bremsklotz. Schuld da- ran waren insgesamt sicherlich auch die starken Kapitalzuflüsse, die zu einer hö- heren Markteffizienz in diesen Segmen- ten führten. Es hängt an den Kosten Was aber trotz der seit 2008 schlech- ten Ergebnisse geblieben ist, sind die hohen Kosten alternativer Investments. Diese werden im Paper „Alternative As- set Fees, Returns and Volatility of State Pension Funds“ auf 2,48 Prozent der antei- ligen Assets geschätzt. Der Untersuchung lagen detaillierte Daten alternativer Invest- mentportfolios von ausgewählten öffentli- chen Pensionsfonds zugrunde, sodass man dies als repräsentativ erachten kann. Die ty- pischen Kosten eines institutionellen Portfo- lios aktiv und passiv gemanagter Aktien und Anleihen schätzt Richard Ennis auf 0,54 Prozent. Auf Basis dieser beiden Kom- ponenten leitet er eine einfache Formel zur groben Schätzung der Ge- samtkosten ab, wobei A den Anteil alternativer Invest- ments angibt: K 1 = 0,54 % + 1,94 % x A ( 1 K = Kostenquote) Unter Annahme der über den Untersuchungszeitraum durchschnittlichen Alternati- ves-Anteile liegen die ge- schätzten Kosten für öffentli- che Pensionsfonds bei 0,98 Prozent und bei (Universitäts- )Stiftungen bei 1,67 Prozent. Diese Werte liegen erstaun- lich nah an der Underperfor- mance dieser beiden Gruppen institutioneller Anleger: Ge- genüber der im Paper ver- wendeten passiven Bench- mark sind es –0,99 bezie- hungsweise –1,59 Prozent. Entscheidend ist dabei, dass » Ich plädiere für deutlich mehr passives Management, um bessere Renditen zu erzielen. « Richard M. Ennis, CFA Pensionsfonds und Stiftungen Die Tabelle fasst die grobe Asset Allocation der Portfolios zusammen. Die Daten aus den USA zeigen, dass Stiftungen verstärkt auf alternative Investments set- zen. Passive Investments spielen bei den untersuchten Pensionsfonds und Stiftungen eine eher geringe Rolle. Die in der Studie verwendeten Daten stammen von Pension Plan Data, Nacubo und Greenwich Associates. Es wurden insgesamt 46 große öffentliche Pensionsfonds sowie rund 100 (Universitäts-)Stiftungsfonds mit mindestens einer Milliarde US-Dollar Assets under Ma- nagement betrachtet. Quelle: Ennis, R. M. (2020), Institutional Investment Strategy and Manager Choice: A Critique, The Journal of Portfolio Management – Fund Mana- ger Selection 2020, Vol. 46, Nr. 5, S. 106 (Universitäts-)Stiftungsfonds Öffentliche Pensionsfonds Aktives Management Passives Management Alternatives 58 % 14 % 28 % 28 % 20 % 52 % N o. 1/2021 | www.institutional-money.com 145 T H E O R I E & P R A X I S | MANAGE RAUSWAHL

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