Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

untersuchen die Forscher als Nächstes, ob eine bestimmte Teilgruppe dauerhaft besse- re Ergebnisse erzielt. Um die Fähigkeiten der einzelnen Ana- lysten einzuschätzen, betrachten die For- scher das durchschnittliche Sechs-Faktor- Alpha der jeweils letzten zehn Empfehlun- gen. Eine Strategie, die basierend darauf nur den Empfehlungen der besten 20 Prozent der Analysten folgt, erzielte eine monatliche Überrendite von 1,78 Prozent. Selbst unter Berücksichtigung von Bid/Ask Spreads und einer zeitli- chen Verzögerung der Umsetzung von drei Tagen bleibt eine statistisch signifi- kante monatliche Überrendite von 0,84 Prozent (annualisiert rund zehn Pro- zent). Anhand von Robustheitstests schließen die Forscher dabei aus, dass diese Ergebnisse nur durch „Aufspringen“ auf fundamentale Nachrichten oder Sell-Side- Analysen erzielt wurden. Die Autoren fin- den noch weitere Kriterien, die auf Analys- ten mit wertvollem Research hinweisen, wenn auch weniger deutlich als das Alpha der vergangenen Empfehlungen: aktiveres Kommentieren anderer Beiträge und ein Fokus der Analysten auf ähnliche Themen beziehungsweise wenige Themen mit mehr Tiefgang. Versteckter Mehrwert Abschließend untersuchen die Forscher, weshalb die einfache Strategie, den besten Analysten zu folgen, im Untersuchungszeit- raum profitabel blieb. Dazu betrachten sie Ungleichgewichte bei den Orders von pri- vaten und institutionellen Anlegern im Anschluss an die Veröffentlichung der Emp- fehlungen. Doch sie finden kaum Hinweise darauf, dass die Korrelation systematisch mit der Qualität der Analysen – gemessen anhand des Alphas der jeweils letzten zehn Emp- fehlungen der Analysten – variierte. Den Autoren zufolge ist das überraschend, da aus der Literatur bekannt ist, dass Privat- anleger bei Fondsmanagern durchaus auf gute Renditen reagieren. Die Erklärung der Autoren ist aber einleuchtend: Anders als bei Fonds werden die Renditen der Emp- fehlungen nicht veröffentlicht, sodass die Qualitätsmerkmale weitaus weniger auffal- len. Deshalb erkannten weder institutionelle noch private Anleger die deutlichen Unter- schiede in den Fähigkeiten der Analysten. Schlussfolgerungen Die Anzahl professioneller Analysten hat in den letzten Jahren auch infolge neuer Vorschriften abgenommen. Gleichzeitig ist die Bedeutung von Plattformen wie Seeking Alpha weiter gestiegen. Und das obwohl – oder gerade weil – Beiträge dort vor allem von Non-Professionals veröffentlicht wer- den. Einigen Experten zufolge könnten pro- fessionelle Analysten dadurch sogar (teil- weise) ersetzt werden. Auch für institutio- nelle Anleger sollten solche Plattformen an Relevanz gewinnen. Das Preisschild für Sell Side Research hat den ohnehin bestehenden Trend nur noch verstärkt und verleiht den Analysen von Non-Professionals einen rela- tiven Vorteil. Doch auch diese Gruppe ist nicht frei von möglichen Interessenkonflik- ten. Angesichts der jüngsten Sorgen über wilde Spekulationen in den sozialen Medien könnte eine Offenlegung der Ergebnisse früherer Anlageempfehlungen für mehr Transparenz sorgen und den Impact (ab- sichtlich) verzerrter Analysen reduzieren. DR. MARKO GRÄNITZ Performance der besten Non-Professionals Die Alphas der Topanalysten waren mit Ausnahme von 2009 positiv. Das durchschnittliche monatliche Long-Short-Alpha von Analysten, deren letzte zehn Empfehlungen im höchsten Quintil der Verteilung lagen, im Zeitablauf (mit 95-Prozent-Konfidenzintervallen). Quelle: Farrell, M. / Jame, R. / Qiu, T. (2020), The Cross-Section of Non-Professional Analyst Skill, S. 44 –4 % –2 % 0 % 2 % 4 % 6 % 8 % Monatliche Überrendite 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Durchschnittliches Long-Short-Alpha Renditen von Analysten auf Seeking Alpha Analysten mit zuvor hohem Alpha outperformten im Durchschnitt weiterhin. Long Short Long-Short Quintil 1 (höchstes vorheriges Alpha) 1,02 % -0,76 % 1,78 % Quintil 2 0,65 % -0,63 % 1,27 % Quintil 3 0,40 % -0,19 % 0,59 % Quintil 4 0,20 % 0,08 % 0,12 % Quintil 5 (niedrigstes vorheriges Alpha) -0,42 % 0,23 % -0,65 % Die Tabelle zeigt die anhand des Sechs-Faktor-Modells ermittelten monatlichen Überrenditen der Analystenempfeh- lungen über eine Haltedauer von 63 Handelstagen. Die Unterteilung in Quintile erfolgte auf Basis der über die jeweils letzten zehn Empfehlungen im Durchschnitt erzielten Alphas. Zeitraum: Januar 2007 bis März 2018. Quelle: Farrell, M. / Jame, R. / Qiu, T. (2020), The Cross-Section of Non-Professional Analyst Skill, S. 39 » Anleger können von Analysten mit hervorragendem Track Record auf Seeking Alpha profitieren. « Russell Jame, Garvice D. Kincaid Associate Professor of Finance, University of Kentucky 140 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | ANA LY S T ENEMP F EHLUNGEN FOTO : © CHE T WH I T E

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=