Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

ter Trading-Applikationen hat in der jünge- ren Vergangenheit ein Sturm der Privatanle- ger auf die Märkte begonnen (siehe Grafik „Privatanleger stürmen den Markt“) . So hat sich deren Zahl im Vergleich zu 2018 mehr als verdreifacht – ein derartiger Boom wurde nicht einmal während der Dotcom- Bubble verzeichnet. Zahlen wie diese haben den russischen Ökonomen Vladimir Milovidov auf den Plan gerufen. Der Leiter des International Fi- nance Department am Moscow State Institute of International Relations hat sich auf Behavioris- mus spezialisiert und sich im No- vember 2020 in der Arbeit „In- vestor Behavior under Growing Financial Market Uncertainty“ der Frage gewidmet, welchen Strategien Investoren lang- und kurzfristig besonders viel Auf- merksamkeit geschenkt haben. Er nimmt dabei eine linguistische Analyse vor, in der er diverse Begriffe aus englischspra- chigen Publikationen seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts auswertet. Als Datenbasis zieht er Googles Ngram Viewer heran, wo- mit er auf eine Datengrundlage von 4,5 Mil- lionen Werken oder 470 Milliarden Wörtern kommt. Diese leicht zugängliche Datenbank speist er mit diversen Finanzbe- griffen, die ein Bild darüber ver- mitteln sollen, welche Themen die Fachwelt besonders interes- siert haben. Shillers Narrativ Er argumentiert diese Herange- hensweise „mit Robert Shillers Hypothese von der Macht des Narrativs, wonach Erzählstränge, selbst wenn sie aus der Populär- literatur stammen, sowohl das Marktsentiment als auch das Ver- halten der Investoren beeinflus- sen können“ – wie man am Gamestop-Fall live miterleben durfte. Milovidov interessiert sich aber zunächst für den histori- Wohin schwimmt der Schwarm? In der Regel dem ersten Fisch nach. Wenn sich dieser irrt, kann das relativ übel ausgehen. Je größer der Schwarm, desto größer der Schaden. Diese Analogie mit den Finanzmärkten hat sich zuletzt in den Ereignissen rund um die Gamestop-Aktie manifestiert – mit weitreichenden Konsequenzen, die sich wiederholen könnten. 100 Jahre bullishe Literatur Seit rund einem Jahrhundert kommt „bullish“ in der Literatur öfter vor als „bearish“. Ausgewertet wurde der Anteil der Nennungen im Vergleich zur Gesamtzahl der Wörter in der englischsprachigen Literatur. Shillers Macht des Narrativs folgend soll das Aufschlüsse über Marktsentiment und Investorenverhalten liefern. Quelle: Studie 0,000000 % 0,000005 % 0,000010 % 0,000015 % 0,000020 % 0,000025 % 0,000030 % 0,000035 % 0,000040 % 0,000045 % Bearish Bullish Prozentsatz an Wörtern 2000 1950 1900 1850 1800 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com 115 T H E O R I E & P R A X I S | BEHAV I OR

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=