Institutional Money, Ausgabe 1 | 2021

was davon zu halten ist, wenn einst in Stein gemeißelte Stabilitätskriterien selbst von der größten Wirtschaft des Währungsraums so deutlich verfehlt werden. Doch was, wenn all diese Sorgen über- trieben wären, weil viele Politiker und Öko- nomen auf die falschen Kennzahlen blicken? Sind die fiskalen Korsette möglicherweise viel zu eng, behindern in der Folge das Wachstum und tragen letzten Endes nicht zur Stabilisierung, sondern viel mehr zur Destabilisierung des Budgets bei? Diese scheinbar paradoxe These, wonach eine zu geringe Verschuldung das Budget eher gefährdet, als es in nachhaltige Bahnen zu lenken, wird in dem brandaktuellen Harvard-Diskussionspapier „A Reconsi- deration of Fiscal Policy in the Era of Low Interest Rates“ vertreten. Den beiden Autoren haftet ein gewis- ser Starnimbus an, handelt es sich doch um die Topökonomen Jason Furman und Lawrence Summers. Letzterer war früher Chefökonom der Weltbank, Di- rektor des National Economic Council unter der Präsidentschaft von Barack Obama und Finanzminister unter Bill Clinton. Furman war bereits in jungen Jahren und ebenfalls unter Clinton Mit- glied des Council of Economic Advisers und während des Kabinetts Obama Di- rektor des Council of Economic Advi- sers. Beide wirken derzeit in Harvard und haben in der vorliegenden Arbeit Schulden als Treibstoff für die Konjunktur? Dass das funktioniert, wenn die aufgenommenen Gelder sinnvoll investiert werden, ist relativ unumstritten. Die Geister scheiden sich jedoch an der Frage, welche Schuldenstände ein Staat langfristig verträgt. Die Starökonomen Summers und Furman sind der Ansicht, dass es sich bei den viel zitierten Schuldenbergen eher um Hügel handelt. Der Schuldenberg wächst … Die herkömmliche Betrachtungsweise der Staatsverschuldung – egal ob absolut oder relativ – kann für Nervosität sorgen. Rasant tickende Schuldenuhren führen bei Beobachtern, Bürgern und Politikern zur Sorge um die Tragfähigkeit der Volkswirtschaft. Diese Sorge könnte sich als maßlos übertrieben herausstellen. Quelle: Statista 0 500 1.000 1.500 2.000 2.500 2019 2015 2010 2005 2000 1995 1990 1985 1980 1975 1970 1965 1960 1955 1950 Mrd. Euro 130 Mrd.Euro 10 Mrd.Euro 1.019 Mrd.Euro 2.021 Mrd.Euro Staatsverschuldung von Deutschland | 1950 bis 2019 N o. 1/2021 | www.institutional-money.com 109 T H E O R I E & P R A X I S | S TAGNAT I ON

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