Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

I n dem französischem Filmklassiker „Lohn der Angst“ mit Yves Montand geht es um vier Lastwagenfahrer, die eine Ladung Nitroglyzerin über eine schlechte Bergstraße zu einer brennenden Ölquelle bringen sollen. Das Risiko ist be- trächtlich, die Bezahlung daher attraktiv. Der Streifen thematisiert eine Frage, die sich auch bei Aktieninvestments immer wieder stellt: Lohnt es sich für Investoren, Papiere mit höheren Risiken zu kaufen? Wer die entsprechende wissenschaftliche Literatur kennt, weiß, dass deren Ant- wort tendenziell Ja lautet. Die jüngsten Bestätigungen dafür stammen von Bryan Kelly und Hao Jiang aus dem Jahr 2014 mit dem Titel „Tail Risk and Asset Prices“ sowie von Fousseni Chabi-Yo, Stefan Ruenzi und Florian Weigert, die 2018 „Crash Sensitivity and the Cross Section of Expected Stock Returns“ pu- blizierten. Andere Arbeiten zeigten, dass sich Investoren auch mit der systemati- schen Komponente des Liquiditätsrisikos beschäftigen sollten – auch das geht mit ei- ner Risikoprämie einher. Hier sind Ľuboš Pástor und Robert F. Stambaugh zu nennen, die 2003 „Liquidity Risk and Expected Stock Returns“ publizierten, aber auch Viral V. Acharya und Lasse Heje Pedersen, die 2006 eine Studie mit dem Titel „Asset pri- cing with liquidity risk“ herausbrachten. Diese Literaturstränge zum Risiko der Downside-Renditen und dem Liquiditäts- risiko zu verbinden, setzten sich die Autoren Stefan Ruenzi, Inhaber des Lehrstuhls für Internationale Finanzierung an der Univer- sität Mannheim, Michael Ungeheuer, Assis- tenzprofessor am Department of Finance der Aalto Universität in Helsinki, Finnland, und Florian Weigert, Professor für Finanz- risikomanagement an der Universität Neu- châtel in der Schweiz, zum Ziel. Dazu ent- wickelten sie das Konzept des extremen Downside-Liquiditätsrisikos (EDL-Risiko, Extreme Downside Liquidity Risk). Ausgangspunkt ihrer Überlegungen war die Beobachtung, dass Liquidität risikoreich ist und im Zeitablauf systematisch variiert. Dazu kommt, dass sich Liquidität in ver- schiedenen Phasen des Wirtschaftszyklus unterschiedlich verhält. So gibt es Zeitab- schnitte mit geringer Marktliquidität, die mit Phasen geringer Renditen einhergehen, wie Allaudeen Hameed, Wenjin Kang und Vish Viswanathan 2010 in „Stock Market Declines and Liquidity“ feststellten. In solch schlechten Zeiten wirken Margins ty- pischerweise destabilisierend, wobei sich die Illiquidität am Markt und jene der Inve- storen mit Finanzierungsproblemen wech- selseitig verstärken, sodass der Markt zu gu- ter Letzt völlig austrocknen kann, worauf Markus Brunnermeier und Heje Pedersen 2009 in „Market Liquidity and Funding Li- quidity“ hinwiesen. Stefan Nagel bezeich- nete das Phänomen 2012 in „Evaporating Liquidity“ sogar als Verdampfungsvorgang. Wichtige Grundannahmen Eine zweite wichtige Grundannahme war, dass Investoren eine Aversion gegen das Crashrisiko eines Assets besitzen. Die er- wähnte Arbeit von Chabi-Yo, Ruenzi und Weigert stellte dazu fest, dass Investoren eine zusätzliche Kompensation für das Hal- ten von Aktien verlangen, die stark crashge- fährdet sind. Gemeint sind dabei jene Ak- tien, die besonders stark einbrechen, wenn der Gesamtmarkt crasht. Die Autoren such- ten einen Weg, um die asymmetrische fragi- le Natur der Liquidität an den Finanzmärk- ten mit der Risikoaversion der Investoren in Bezug auf das Crashrisiko zu kombinieren, und führten verschiedene Dimensionen der extremen Downside-Liquiditätsrisikos (EDL) ein. So lautet eine der Hypothesen, dass sich Investoren nicht nur um das Crashrisi- ko bei den Marktrenditen, sondern auch um das Crashrisiko der Marktliquidität und das Wechselspiel zwischen Return und Liquidi- tät in Zeiten des Marktstresses sorgen. Im Speziellen erwarten die Autoren, dass Investoren Aktien nicht mögen, die a) exakt dann extrem illiquide werden, wenn auch die Märkte extrem illiquide sind, b) die niedrigste Rendite genau dann realisieren, wenn Märkte extrem illiquid sind und c) die genau dann extrem illiquide sind, wenn die Marktrenditen extrem niedrig sind. Erwartet wird, dass Aktien mit einem starken EDL- Risiko mit einer positiven Risikoprämie ausgestattet sein müssen. Der Ansatz von Ruenzi, Ungeheuer und Weigert erinnert dabei ein wenig an das liquiditätsadjustierte CAPM-Modell von Acharya und Pedersen von 2005. In diesem besteht das verbundene Risiko eines Assets aus drei unterschiedlichen Risikokompo- nenten: der skalierten Korrelation zwischen der Liquidität eines Assets und der Markt- liquidität, der skalierten Korrelation des Er- trags eines Assets und der Marktliquidität sowie der skalierten Korrelation zwischen der Liquidität eines Assets und dem Markt- Eine Studie der Universitäten Mannheim, Neuchâtel und Aalto untersucht, ob Investoren für das Halten von Aktien mit hohem Downside- und Liquiditätsrisiko mit einer Prämie entschädigt werden. » Seit 1987 verlangen Investoren höhere Prämien für extreme Downside-Liquiditätsrisiken. « Prof. Dr. Michael Ungeheuer, Department of Finance, Aalto Universität, Helsinki Lohn der Angst FOTO : © A A LTO UN I V. , A L L I ANZ F I LMS 84 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : R I S I KOPRÄMI EN

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