Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

seit der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 zu einem Beaufsichtigungstool für den Bankensektor entwickelt. Diese Krise erst alarmierte die Regulatoren und führte zu einer Überarbeitung des Basel-Regel- werks mit Fokus auf risikogewichtete Ak- tiva (Risk Weighted Assets, RWA) und Eigenkapitalanforderungen. Die neuen Nor- men insbesondere im Hinblick auf die Min- destkapitalanforderungen stellen eine Her- ausforderung für die Finanzinstitutionen dar, vor allem weil sie mit den Kosten der Krisenbewältigung bei gleichzeitiger Er- tragsschwäche einhergingen. Um überprü- fen zu können, wie die Banken mit den ge- stiegenen Anforderungen Schritt hielten, verließen sich die Aufseher dies- wie jen- seits des Atlantiks vermehrt auf Tests, bei denen das Eigenkapital unter der Annahme verschiedener wirtschaftlicher Zukunftssze- narien gestresst wurde. Dabei konzentrierte man sich auf bestimmte Risikotypen wie das Kredit-, das Markt- und das Liquiditäts- risiko, um Hinweise auf die finanzielle Stär- ke der Banken in Krisensituationen zu er- halten. Stresstests brechen mit traditionellen aufsichtsrechtlichen Ansätzen, da sie weit- reichende Offenlegungen erfordern und da- mit Marktteilnehmern erstmals detaillierte Einsichten in Bilanzen gewähren und deren Reaktion auf veränderte makroökonomische Variablen wiedergeben. Dazu kommt, dass jene Banken, die hinter den Erwartungen der Aufseher bei den Stresstestergebnissen zurückbleiben beziehungsweise Grenzwerte nicht erreichen, Verbesserungsaufträge er- halten, die abzuarbeiten sind. Kombiniert untersucht Die Kapitalmarktforscher Florian Weigert, Professor für Finanzrisikomanagement an der Universität Neuchâtel in der Schweiz, Lukas Ahnert, Master in Banking and Fi- nance (MBF) der Universität St. Gallen und heute Analyst bei der DWS Group. sowie Pascal Vogt, Partner & Director bei der Boston Consulting Group (BCG), Köln, und Volker Vonhoff, Partner bei der Boston Consulting Group, Stuttgart, analysierten, wie die Konsequenzen von Stresstests für Banken und Investoren aussehen. Einmal studieren sie die Auswirkungen von Ankün- digungen und Ergebnissen von Stresstests für die betroffenen Banken im Hinblick auf deren Aktienperformance und deren Kredit- würdigkeit, repräsentiert durch die CDS- Spreads. Zum Zweiten geht es darum her- auszufinden, ob Stresstestergebnisse anhand verschiedener Bankcharakteristika prognos- tizierbar sind und ob es bei der Ankündi- gung eines Tests eine abnormale Rendite zu erwarten gibt. Das läuft darauf hinaus zu ergründen, ob Banken und auch Investoren strategischen Gewinn aus der Prognosti- zierbarkeit von Stresstest-Ankündigungen und -Resultaten, so sie denn vorhersagbar sind, ziehen können. Die untersuchte Stichprobe besteht aus zwölf unterschiedlichen Stresstests im Zeit- raum von 2010 bis 2018. Davon sind sieben von der US Federal Reserve (Comprehen- Wie gut sind Banken in der Lage, unerwartete „Katastrophen“ zu überstehen? Die regelmäßig durchgeführten Stresstests der Bankenaufsichtsbehörden sollen helfen, diese Frage zu beantworten. Lassen sich diese Tests ihrerseits für die Zwecke von Investoren instrumentieren? Eine aktuelle Analyse sagt ja. N o. 4/2020 | www.institutional-money.com 77 T H E O R I E & P R A X I S | BANK EN

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