Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

mert sich nicht nur um unseren strengen Katalog an grundsätzlichen ESG-Kriterien und entwickelt ihn ständig weiter, es erar- beitet auch Analysen zu einzelnen Unter- nehmen, Branchen oder allgemeinen sons- tigen Nachhaltigkeitsthemen. Direkt dem Portfoliomanagement zugeordnet sind zudem eigene ESG-Komitees, die unmittel- bar in den Investmentprozess mit einge- bunden sind. Was muss man sich darunter konkret vor- stellen? Anja Nieberding: Diese Spezialisten weisen den Fondsmanager auf mögliche ESG-Kon- flikte hin, die bei seinen Investmentent- scheidungen eventuell entstehen können, und agieren vor dem ESG-Hintergrund wie eine Art Risikomanager. Ein solcher Hin- weis auf mögliche Konflikte soll quasi nicht als eine Art Audit im Nachhinein erfolgen, sondern integraler Bestandteil des Invest- mentprozesses sein – damit der Fondsma- nager möglichst frühzeitig darauf hingewie- sen wird, wenn sich bestimmte Kriterien in  Bezug auf einzelne Unternehmen im Fonds verschlechtern. Das ermöglicht es einerseits dem Fondsmanager, Kontakt zu der jewei- ligen Unternehmensführung aufzunehmen, um auf aus unserer Sicht notwendige Ände- rungen in dessen Geschäftsabläufen hinzu- wirken und die jeweilige Gesellschaft zu veranlassen, sich in eine unter ESG-Aspek- ten vorteilhafte Richtung zu entwickeln. Unter Umständen führt das Ergebnis sol- cher Analysen aber auch dazu, dass wir uns aus einem Investment zurückziehen, sprich eine Aktie oder eine Anleihe verkaufen oder es eben gar nicht erst zu einem Neuinvest- ment kommt. Geben Sie uns ein Beispiel? Anja Nieberding: Bleiben wir beim Green- Bonds-Bereich. Wir hatten eine grüne An- leihe der Queensland Treasury Corporation (QTC) im Portfolio, deren Erlös hauptsäch- lich für saubere Transporte verwendet wur- de. Wir stuften jedoch die Anleihe auf „nicht grün“ herab, als QTC beschloss die Entwicklung der Kohlemine Carmichael zu unterstützen. Unser Investmentteam führte intensive Gespräche mit QTC, um zu erfah- ren, ob ihre Emission von grünen Anleihen immer noch im Einklang mit ihrer Umwelt- politik steht. Zwar finanzierten sie nicht di- rekt die Entwicklung des Kohlebergwerks, aufgrund ihrer indirekten Unterstützung der Entwicklung dieses Bergwerks beschloss das Investmentteam jedoch eine Herabstu- fung dieser Anleihe. Ein anderes Beispiel ist eine von uns geplante Investition in eine Private-Debt-Transaktion, bei der wir be- reits sehr nahe am Vollzug des Investments waren, obwohl sie in vielen ESG-Punkten » Aufgrund der steigen- den Nachfrage werden grüne Anleihen gewisser- maßen von Tag zu Tag attraktiver. « Anja Nieberding, NN Investment Partners Mathematikerin und Ökonomin Anja Nieberding leitet seit Juni 2019 das Deutschlandgeschäft von NN Investment Partners mit Firmensitz in Frankfurt. Sie berichtet direkt an Hester Borrie, Chief Client Officer von NN Investment Partners. Anja Nieber- ding besitzt 20 Jahre Erfahrung in der Finanzindustrie, in denen sie in Managementpositionen für verschie- dene Asset Manager tätig war. Vor ihrer Zeit bei NN Investment Partners hat Nieberding sechs Jahre lang für Vontobel Asset Manage- ment gearbeitet. Sie war zunächst als Vertriebsleiterin für die Muti- Asset-Sparte des Schweizer Investmenthauses verantwortlich, später leitete sie den Vertrieb der Quant-Boutique Vescore. Vor ihrer Tätigkeit bei Vontobel hat sie knapp zehn Jahre bei Gold- man Sachs Asset Management gearbeitet. Als Executive Director hat sie dort das insti- tutionelle Geschäft für Versicherer weiter- entwickelt. Anja Nieberding hat an der Technischen Universität München und an der Ludwig-Maximilians-Universität München Mathematik und Ökonomie studiert. Im Jahr 2003 hat sie Ihr Studium als eine der Jahrgangs- besten mit Diplom abgeschlossen. N o. 4/2020 | www.institutional-money.com 71 T H E O R I E & P R A X I S : AN J A N I EBE RD I NG | NN I NVE S TMENT PAR TNE R S FOTO : © CHR I S TOP H HEMME R I CH

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