Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

Wie sieht denn Ihre Trefferquote aus? Richard Pzena: Wir kaufen wie gesagt nur Aktien aus dem am niedrigsten bewerteten Quintil und machen in dieser Beziehung auch keine Ausnahmen. Dadurch können wir selbst dann noch gute Erträge erzielen, wenn wir in nur 50 Prozent der Fälle rich- tigliegen. In den Jahren mit unseren besten Ergebnissen haben wir es allerdings ge- schafft, zu 60 Prozent die richtige Entschei- dung zu treffen. Unsere Erfahrung zeigt aber auch, dass man es in dem Universum extrem niedrig bewerteter Aktien, in dem wir uns bewegen, nur in den seltensten Fäl- len schaffen kann, mit mehr als 60 Prozent seiner Entscheidungen erfolgreich zu sein. Am Ende müssen wir anerkennen, dass auch wir nicht wissen, was passieren wird beziehungsweise wie es mit einem Unter- nehmen künftig weitergehen wird. Sie haben in diesem Zusammenhang einmal erklärt, Value sei kein Faktor, sondern eine Philosophie. Was meinen Sie damit genau? Richard Pzena: Stark vereinfacht ausgedrückt bedeutet Value-Investing, dass man ver- sucht, etwas zu einem geringeren Preis zu kaufen, als es eigentlich wert ist. Dem würden die meisten Beobachter jedoch ent- gegnen, das mache doch im Grunde jeder Investor. Das mag ja auch durchaus stim- men, aber die meisten Investoren führen nicht wirklich detaillierte Analysen durch, um ihre Erwartung in Bezug auf den tat- sächlichen Wert eines Unternehmens zu untermauern. Sie kaufen vielleicht einfach, weil die Aktie steigt oder weil sie davon ausgehen, dass sich der künftige Nachrich- tenfluss zu einem Unternehmen verbessern wird, oder weil sie einfach das Konzept dahinter mögen. Das wäre dann aber eher ein Kauf auf der Grundlage von bestimmten Merkmalen? Richard Pzena: Ganz genau. Ich könnte zum Beispiel die Aktie eines Unternehmens kaufen, weil ich glaube, dass es um 20 Pro- zent wachsen wird, oder weil es eine hohe Kapitalrendite oder ein gutes Manage- mentteam hat. Oder auch weil ich glaube, dass seine Produkte gut sind. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass es ein guter Value-Wert ist. Und die Erfahrung lehrt uns, dass der Kauf einer Aktie auf der Basis solcher Merkmale in der Vergangenheit keine besonders gute Investmentstrategie gewesen ist. Was zeichnet dann einen guten Value-Inves- tor aus beziehungsweise wie erkennt man Ihrer Ansicht nach, ob die Aktie eines Un- ternehmens tatsächlich unterbewertet ist? Richard Pzena: Es gibt einige typische Merk- male, weshalb die Aktie eines Unterneh- mens besonders preiswert geworden ist. Wenn ein Unternehmen in Probleme gerät, wissen die Marktteilnehmer zunächst ein- mal nicht, ob die Probleme dauerhaft oder vorübergehend sein werden. Als logische Folge daraus verkaufen viele Anleger die Aktien dieses Unternehmens, was in der Folge natürlich zu sinkenden Kursen führt. Sie verkaufen, weil die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der entsprechenden Gesellschaft ihnen erhebliches Unbehagen beschert. Ein guter Value-Investor dagegen akzeptiert, dass er möglicherweise nicht das gesamte Ausmaß der Probleme kennt. Und er wird das entsprechende Unternehmen und die Branche, in der es aktiv ist, sehr genau unter die Lupe nehmen, um im posi- tiven Fall zu dem Schluss zu kommen, dass eine stark verzerrte Bewertung sich mögli- cherweise zu seinen Gunsten nutzen lässt. Was sind die wesentlichen Fragen, die er sich stellen muss? Richard Pzena: Er wird sich zum Beispiel fragen, ob das Unternehmen in der Lage war, eine etablierte Marktposition mit hohen Eintrittsbarrieren in Bezug auf sein Ge- schäftsmodell aufzubauen. Vielleicht hat das Management seine Aktivitäten zu schnell erweitert, zu viele Mitarbeiter eingestellt oder eine unangemessene Akquisition vor- genommen. Oder es gab eventuell eine regulatorische Entscheidung, die sich un- günstig für das entsprechende Unternehmen ausgewirkt hat. Unter Umständen kann es » Ich frage Sie: Wie wollen Sie die fundierte Analyse eines Unternehmens mit einem faktorbasierten Modell replizieren? « Richard Pzena, Pzena Investment Management 62 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : R I CHARD PZ ENA | PZ ENA I NVE S TMENT MANAGEMENT FOTO : © GA RY S P ECTOR

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