Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

Und im schlimmsten Fall? Richard Pzena: Selbst wenn wir davon ausge- hen, dass der Flugverkehr für immer auf seinem aktuell gedrückten Niveau verharren würde und eine Gesellschaft wie GE nur noch mit einem dem Bruttoinlandprodukt entsprechenden Prozentsatz wachsen könn- te, wären bei einem Einstandskurs von sechs US-Dollar immer noch IRR-Renditen von zirka 14 Prozent möglich, sobald das Unternehmen seine Kostenstruktur an seine dann neue – also geringere – Größe ange- passt hat. Das ist deutlich mehr als die fünf oder sechs Prozent Rendite, die man im Schnitt vom Aktienmarkt insgesamt erwar- ten kann. Selbst mit einem der großen und derzeit immer noch beliebten Wachstums- titel wie etwa Microsoft oder Google käme man nicht an IRR-Renditen von 14 Prozent heran bei einer aktuellen Bewertung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von, sagen wir, 33. Selbst dann nicht, wenn diese Werte noch 20 Jahre lang mit ihren aktuellen Wachstumsraten weiter wachsen würden. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass das Geschäft mit Cloud-Computing, um bei dem Beispiel Microsoft zu bleiben, in den nächsten zehn oder 20 Jahren noch so weiter wachsen kann wie bisher. Deshalb glaube ich, dass wir an einem Wendepunkt stehen. Der uns wohin führen wird? Richard Pzena: Weg von den derzeit noch be- liebten Technologiewerten, die das Gesche- hen an den Aktienmärkten in den vergange- nen Jahren regelrecht dominiert haben, hin zu Unternehmen, die heute zum Teil noch extrem unterbewertet sind, weil sich nie- mand so recht vorstellen kann, warum diese Unternehmen zu den Gewinnern von mor- gen gehören werden. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Auch wir können natürlich nicht mit Bestimmtheit sagen, wer diese Gewinner sein werden. Aber deshalb wer- den wir nicht aufhören, danach zu suchen. Aber werden nicht gerade Wachstumswerte auch künftig von nach wie vor niedrigen Zinsen profitieren? Richard Pzena: Die jüngsten Signale sowohl von der amerikanischen Notenbank als auch von der EZB deuten darauf hin, dass die Zinsen in den USA wie auch in Europa nicht weiter fallen werden. Aber wir werden vielleicht noch über Jahre hinweg mit extrem niedrigen Zinsen leben müssen. Aber um auf Ihre Frage zurückzukommen: Es sind nicht die niedrigen Zinssätze, die eine Outperformance der Wachstumswerte bewirken. Es sind fallende Zinssätze, die der Motor hinter dieser Outperformance gewesen sind. Sobald die Zinsen nicht mehr fallen, kann man nicht mehr darauf zählen, dass die Bewertung von Technologiewerten noch weiter steigen wird, weil künftige Gewinne nicht mehr mit einem noch gerin- geren Zinssatz abdiskontiert werden. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass gerade Wachstumswerte inzwischen deut- lich überbewertet sind – insbesondere dann, wenn die jeweiligen Unternehmen ihre Wachstumsreife schon erreicht haben. Was unterscheidet denn Ihren Prozess von anderen wertorientierten Fondsmanagern? Richard Pzena: Wenn ich eingangs von einem geradlinigen Ansatz gesprochen habe, dann betrifft das den Ausgangspunkt unseres Investmentprozesses. Für unser US-Large- Cap-Value-Portfolio zum Beispiel durch- » Im Grunde richten wir unsere gesamte Aufmerk- samkeit auf den Preis, den wir für ein Unterneh- men zu zahlen bereit sind, bevor wir investieren. « Richard Pzena, Pzena Investment Management 60 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : R I CHARD PZ ENA | PZ ENA I NVE S TMENT MANAGEMENT FOTO : © GA RY S P ECTOR

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