Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

Preise niedrig erscheinen lässt, im Allge- meinen mit einer gewissen Unsicherheit verbunden ist, weil irgendetwas schiefge- laufen ist. Was genau meinen Sie mit „schiefgelaufen“? Richard Pzena: Das jeweilige Muster bei den Unternehmen, die wir zu verstehen versu- chen, ist fast immer dasselbe. Bis zu einem gewissen Punkt läuft alles recht gut, ein Unternehmen erzielt vergleichsweise gute und steigende Gewinne. Dann passiert ir- gendwas, und die wesentlichen Kennzahlen zu diesem Unternehmen weichen von ihrem langfristigen Trend stark nach unten ab. Der Markt reagiert mit sinkenden Kursen, manchmal überstürzt und übertrieben. Ge- nau darin liegt unsere Chance. Aber doch nur dann, wenn es keine dauer- haften Probleme sind? Richard Pzena: Das ist natürlich die Voraus- setzung, die müssen wir erkennen und mög- lichst richtig einschätzen. Das tun aber viele Marktteilnehmer nicht, im Gegenteil. Bei schlechten Nachrichten zu einem Unterneh- men verfallen die meisten in Panik, bekom- men Angst vor der Zukunft der jeweiligen Gesellschaft und bewerten in der Folge deren Aktien falsch, also zu niedrig. Davon versuchen wir zu profitieren, denn damit gibt man uns die Möglichkeit, gutes Geld zu verdienen, sobald das jeweilige Unter- nehmen seine Gewinne wieder erfolgreich auf die historischen Niveaus zurückführt. Und wenn es das nicht schafft? Richard Pzena: Verlieren wir dennoch nicht viel Geld, weil der Markt schon vorher davon ausgegangen ist, dass sie scheitern werden. Nehmen Sie als Beispiel eine Gesellschaft wie General Electric, eine un- serer größten Positionen, die zum Zeitpunkt unseres Gesprächs auf einem Kursniveau von rund sechs US-Dollar steht. Das Haupt- geschäft von GE sind Düsentriebwerke. Wir alle wissen, dass in der aktuellen Covid-19- Welt kaum jemand Flugreisen unternimmt. Interkontinentale Flüge finden praktisch nicht statt. GE hat aber fast die Hälfte seiner Gewinne durch das Geschäft mit Düsen- triebwerken erzielt. Noch am Anfang dieses Jahres hätte wahrscheinlich jeder gesagt, dass das Geschäft mit Düsentriebwerken von GE eines der besten der Welt ist. Das Unternehmen hat einen Marktanteil von rund 50 Prozent an diesem Sektor, weil sei- ne Düsentriebwerke in der Hälfte aller Ver- kehrsflugzeuge eingebaut sind, die heute in der Welt herumfliegen – und in rund 65 Prozent aller neu ausgelieferten Flugzeuge, zumindest der Maschinen, die im vergange- nen Jahr ausgeliefert wurden. Nur verdient GE doch am Verkauf der Düsentriebwerke kaum etwas, und das nicht erst seit dem Ausbruch der Pandemie? Richard Pzena: Das ist vollkommen richtig beobachtet. Aber sie haben schon vor Covid- 19 gutes Geld mit dem Verkauf von Ersatz- teilen und über die behördlich festgelegten Wartungspläne für ihre Triebwerke verdient, ein sehr profitables Geschäft. Nun fliegt plötzlich niemand mehr. Mit dem Covid-19- Ausbruch ist der kommerzielle Flugverkehr zeitweise um etwa 70 Prozent zurückgegan- gen und liegt heute immer noch bei nur der Hälfte im Vergleich mit Ende 2019. Das führt natürlich im Moment dazu, dass GE in diesem Geschäft gerade Geld verliert, ein- fach weil die Einnahmen verschwunden sind. Wir gehen allerdings davon aus, dass die Menschen weltweit ihre Flugaktivität wieder aufnehmen werden, sobald es zu ei- ner Lösung in Bezug auf die Pandemie ge- kommen sein wird. Dann wären bei einem Wert wie GE im Idealfall wieder IRR-Ren- diten von 25 Prozent möglich. » Das jeweilige Muster bei den Unternehmen, die wir zu verstehen versuchen, ist fast immer dasselbe. « Richard Pzena, Pzena Investment Management 58 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : R I CHARD PZ ENA | PZ ENA I NVE S TMENT MANAGEMENT FOTO : © GA RY S P ECTOR

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