Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

Verträge die vom Gesetzgeber ver- langte Beitragsgarantie gelockert wer- den, um weiterhin eine sicherheits- und chancenorientierte Anlage der Kundengelder zu ermöglichen“, er- klärt ein GDV-Sprecher. Rückendeckung kommt hier von den Aktuaren. „Aus unserer Sicht soll- te die Bundesregierung mit der Ab- senkung des Höchstrechnungszinses auch die Problematik des garantierten Beitragserhalts bei der Riester-Rente und der Beitragszusage mit Mindest- leistung (BZML) in der betrieblichen Altersversorgung angehen“, so Schneidemann, und weiter: „Eine gesetzlich geforderte Garantie von 100 Prozent der eingezahlten Beiträge schadet nicht nur den Versicherern, sondern schränkt vor allem auch die Chance der Versicherungsnehmer*in- nen auf eine auskömmliche Rendite ihrer Vorsorgebeiträge ein.“ Man wird sehen. Doch unabhängig davon, welcher maximale Zins gesetz- lich zugelassen wird, fällt es den Ver- sicherern schon jetzt schwer, die ver- sprochenen Garantiezinsen zu erzielen. Seit 2017 liegt der Höchstrechnungs- zins bei 0,9 Prozent, „aber die BaFin drängt angesichts des andauernden Niedrigzinsumfelds seit geraumer Zeit da- rauf, dass die Unternehmen die Garantien ihrer Produkte kritisch hinterfragen“, sagt ein BaFin-Sprecher. Es ist kein Geheimnis, dass die BaFin lieber heute als morgen eine Absenkung des Höchstrechnungszinses sehen würde. Deren Präsident Felix Hufeld hat unlängst auf einer von der „Süddeutschen Zeitung“ (SZ) veranstaltetem Tagung die Branche aufge- fordert, vorsichtig zu sein. „Wir appellieren an die Versicherer, sehr genau die Garantie- höhe abzuwägen, und zwar unabhängig davon, ob und wann der Verordnungsgeber den Höchstrechnungszins ändert“, betont Hufeld laut der SZ und verweist darauf, dass bereits 20 Lebensversicherer und 36 Pensionskassen unter intensiverer Aufsicht seiner Behörde stehen. „Versicherungsunternehmen sollten den Höchstrechnungszins auf keinen Fall un- reflektiert übernehmen. Vielmehr sollten sie bei der Entscheidung über den Garantiezins im Neugeschäft ihre Risikotragfähigkeit und Ertragskraft berücksichtigen“, meint ein BaFin-Sprecher gegenüber Institutional Money. Wenn ein Versicherer im Neuge- schäft zu hohe Zinsversprechen abgebe, werde die BaFin unabhängig vom gesetz- lichen Höchstrechnungszins den Dialog mit diesem Unternehmen suchen. Eigenverantwortung gefragt Auch das BMF appelliert an die Eigen- verantwortung: „Die Lebensversicherer le- gen die Garantien ihrer Produkte in eigener Verantwortung fest und müssen angemesse- ne Rückstellungen für die eingegangenen Verpflichtungen passivieren“, erklärt ein BMF-Sprecher, und weiter: „Die Unter- nehmen müssen laufend überprüfen, ob die im Neugeschäft angebotenen Garantien auf Dauer erfüllbar sind und die Rückstellungen ausreichend vorsichtig bewertet sind. Das gilt unabhängig von einer Änderung des Höchstrechnungszinses.“ Versicherer sind also gehalten, bei ihren lang laufenden Sparprodukten mit Zins- garantien zu analysieren, ob die aus den Anlagen zu erwartenden Renditen langfris- tig ausreichen, um den im Neugeschäft ver- sprochenen Garantiezins zu erwirtschaften. Dabei spielt unter anderem auch die Kapi- talanlage des Unternehmens eine Rolle. Die Mehrheit der Versicherer hat in den letzten Jahren bereits die Bandbreite ihrer Kapi- talanlagen ausgeweitet, insbesondere in Richtung alternative Anlagen. Auch das soll helfen, die versprochenen Renditen erfüllen zu können. Kein ruinöser Wettbewerb Auch bei der Gestaltung ihrer Produkte haben die Unternehmen reagiert. Hier ist man hin- und hergerissen. Wie das Wort schon sagt, ist der Höchstrechnungszins das Garantiemaximum, das die Versicherer ver- sprechen dürfen; ein niedrigeres Verspre- chen ist jederzeit möglich. Doch in der Ver- sicherungsbranche herrscht starker Wett- bewerb. Viele befürchten, ein niedrigeres Garantieversprechen käme bei den Kunden nicht gut an. Genau aus diesem Grund wur- de der Höchstrechnungszins einmal einge- führt: nicht etwa damit den Versicherungs- kunden ein möglichst hoher Zins verspro- Noch nie war der Höchstrechnungszins so niedrig wie jetzt, aber das anhaltende Niedrigzinsumfeld zwingt den Regulator, ihn noch weiter zu senken, vermutlich zum Jahresanfang 2022. Bis dahin sollten die Lebensversicherer zurückhaltend sein, meint die BaFin. N o. 4/2020 | www.institutional-money.com 271 S T E U E R & R E C H T | HÖCHS T R E CHNUNGS Z I NS DE R L EBENS VE R S I CHE RUNGEN

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