Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

E igentlich sollte der Höchstrech- nungszins für Neuverträge in der Lebensversicherung in Deutschland zum Jahresbeginn 2021 auf 0,5 Prozent herabgesetzt werden. Zumindest hat das die Deutsche Aktuarver- einigung (DAV) im Dezember 2019 vorge- schlagen. Üblicherweise hört das Bundesfi- nanzministerium (BMF) bei der Festlegung des gesetzlichen Höchstrechnungszinses ge- nau hin, was die Aktuarvereini- gung sagt, aber diesmal verzö- gerte sich die Entscheidung. Verschoben auf 2022 Jörg Kukies, Staatssekretär im BMF, soll bestätigt haben, dass der Höchstrechnungszins 2021 bei 0,9 Prozent bleiben wird. Auf Anfrage von Institutional Money teilt ein BMF-Sprecher mit: „Zu einer möglichen Anpassung des Höchst- rechnungszinses hat die Bundesregierung noch keine Entscheidung getroffen.“ Vieles spricht dafür, dass die Änderung zum 1. Januar 2022 erfolgen wird. Das for- dern auch die Aktuare: „Die DAV appelliert dringend an das Bundesfinanzministerium, den Höchstrechnungszins zum 1. Januar 2022 zu senken. Hierzu wird die DAV im Rahmen ihres diesjährigen Zinsberichts im Dezember wiederum einen Vorschlag unter- breiten“, erklärt Dr. Herbert Schneidemann, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der DeutschenAktuarvereinigung. Über die Höhe möchte er im Vorfeld nicht spekulieren. „Die Empfehlung wird aber sicherlich nicht über die letztjährige Empfehlung von 0,5 Prozent hinausgehen“, so Schneidemann. Die BaFin scheint sich eher einen niedri- gen Satz zu wünschen, äußert sich hierzu aber derzeit nicht. Für regulierte Pensions- kassen, deren Tarife sie noch genehmigen muss, hat sie mitgeteilt, dass sie einen Rechnungszins von dauerhaft mehr als 0,25 Prozent im Neugeschäft nicht mehr geneh- migen wird. Die 0,25 Prozent dürften also ein guter Indikator dafür sein, was sich die BaFin als Höchstrechnungszins auch für das Neugeschäft der Versicherer wünscht. Unabhängig davon, wie hoch der Satz am Ende sein wird, wünscht sich die Branche genügend Vorlaufzeit. „Der Vorschlag für eine Absenkung des Höchstrechnungszinses ist wegen des anhaltenden Niedrigzinsum- felds nachvollziehbar. Die Unternehmen brauchen allerdings Zeit für die Vorbe- reitung – eine Absenkung sollte daher möglichst frühzeitig bekanntgegeben wer- den“, teilt der GDV mit. Mindestens ein halbes Jahr Vorlaufzeit hält die Branche für realistisch. Ob die Verzögerung auf der generellen Verlangsamung von Gesetzgebungsprozes- sen zur Coronakrise beruht oder ob man zu lange versucht hat, die Entscheidung im Paket mit der Absenkung der Garantie bei Riester-Verträgen zu verbinden, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall würde die Versi- cherungswirtschaft die Herabsetzung des Höchstrechnungszinses gern im Paket mit Riester-Erleichterungen sehen: „Der GDV plädiert dafür, die verbleibende Zeit für eine Riester-Reform zu nutzen. Insbesondere sollte bei einer Absenkung des Höchstrech- nungszinses für neu abgeschlossene Riester- Darüber, dass der aktuelle Höchstrechnungszins von 0,9 Prozent abgesenkt werden soll, herrscht Einigkeit – über das Ausmaß der Senkung nicht. Auf den niedrigeren Satz einigt man sich eventuell im Paket mit einer Absenkung der Garantie bei Riester-Verträgen. » Die DAV appelliert dringend an das Bun- desfinanzministerium, den Höchstrechnungs- zins zum 1. Januar 2022 zu senken. « Dr. Herbert Schneidemann, stellv. Vorstandsvorsitzender der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) Zu hochprozentig Höchstrechnungszins künftig von der BaFin? Bisher legt das BMF den Höchstrechnungszins fest. Es ist möglich, dass sich dies bald ändert. B isher ist es so, dass die DAV einen Satz für den Höchstrechnungszins vorschlägt, die Branche dazu Stel- lung nimmt und das BMF den neuen Zins- satz in der Deckungsrückstellungsverord- nung verabschiedet. Seit 2018 steht aber die Frage im Raum, ob künftig die BaFin für die Fest- setzung des Höchstrechnungszinses zu- ständig sein soll. Auf der Website des BMF heißt es: „Künftig soll die Versicherungs- aufsicht BaFin Vorgaben zum Höchstrech- nungszins für Lebensversicherer erlassen können.“ Die BaFin möchte diesen Satz nicht weiter kommentieren; das sei eine politische Entscheidung. Das BMF erklärt gegenüber Institutional Money: „Eine im Rahmen des Maßnahmenpakets zur Eva- luierung des Lebensversicherungsreform- gesetzes aus dem Jahr 2018 angedachte Übertragung der Zuständigkeit auf die BaFin ist nicht erfolgt.“ FOTO : © TOB I A S VOL LME R , TANU | S TOCK . ADOB E . COM 270 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | HÖCHS T R E CHNUNGS Z I NS DE R L EBENS VE R S I CHE RUNGEN

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