Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

Das antworten Investoren auf Fragen zur ESG-Taxonomie Wie Investoren auf die ESG-Taxonomie reagieren erfahren Sie hier Frage Antwort der Allianz Lebensversicherung Antwort der MEAG, dem Asset Manager von Munich Re und ERGO Geantwortet hat… Ein Sprecher Frank Becker, Geschäftsführer Wie wichtig war der Faktor „Nachhaltigkeit“ bisher in Ihrer Anlagepolitik? Für uns als global agierender Langfristinvestor ist nachhaltige Kapitalanlage ein zentraler Bestandteil des Investmentpro- zesses. Es geht darum, Risk/Return und Real World Impact gleichermaßen zu optimieren. Aufgrund des langfristig ausgerichteten Geschäftsmodells unserer Kunden spielen Nachhaltigkeitskriterien in der Kapitalanlage eine strategisch wichtige Rolle. Als Partner müssen wir das Geld verlässlich und ertragreich anlegen und unterliegen dabei strengen Sicherheits- und Renditeanforderungen. Daher sehen wir die Berücksichtigung von ESG-Aspekten sowie das Angebot verantwortungsvoller Produkte als wesentlich an. Wird der Faktor „Nachhaltigkeit“ in Ihrer Anlagepolitik in Zukunft wichtiger sein? Ja. Unser Ziel ist es, den Großteil unserer Kapitalanlagen nachhaltig anzulegen. In den Auswahlprozess fließen bei allen Assetklassen individuell festgelegte ESG-Kriterien mit ein. Auch bei unseren Kunden erkennen wir: Nachhaltigkeit ist ein entscheiden- der ertrags- und risikobestimmender Faktor und wird für die Portfoliostrukturierung und Investmententscheidung immer wichtiger. Dabei unterscheiden wir stärker von rein ausschlussbasierten Investitionsentscheidungen über Best-in-Class-Ansätze und Integrationsprozesse hin zu Impact Investing und Active Stewardship. Erwarten Sie, dass eine von der EU vorgegebene Taxonomie für nachhaltige Investments Ihre Anlagestrategie grundsätzlich verändern wird? Nein, aber eine zielgerichtete, pragmatische Taxonomie kann helfen, die „babylonische Sprachverwirrung“ zu beenden und die Grundlagen für transparente, nachvollziehbare Entscheidungen zu schaffen. Die Umsetzung der EU-Taxonomie wird das Angebot an nachweisbar nachhaltigen Kapitalanlagen verändern. Sie wird Investoren helfen, ihre nachhaltigen Kapital- anlagen eindeutig zu klassifizieren, zu dokumentieren und darüber intern wie extern allen wesentlichen Stakeholdern zu berichten. Unsere Entscheidung für Nachhaltigkeit haben wir bereits 2006 untermauert, als Munich Re die Vereinten Nationen bei der Ausarbeitung der PRI unterstützt hat. Halten Sie die EU-Taxonomie für ein geeignetes Instrument, um Europas Wirtschaft nachhaltiger zu gestalten? Eine Taxonomie kann helfen, ist aber kein Garant. Es geht darum, in engem Dialog zwischen öffentlichen Stellen (Regie- rungen/Regulierung) sowie Finanz- und Realwirtschaft die Voraussetzungen für eine „Just Transition“ zu schaffen und greifbare Maßnahmen zu entwickeln. Die EU-Taxonomie ist ein entscheidender Schritt, Nachhaltigkeit zu definieren und Transparenz in nachhaltigen Kapitalanlagen herzustellen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass die Taxonomie technologische Fortschritte aufnehmen kann und sich ständig weiterentwickelt. Es werden zunehmende Kapazitäten, etwa im Bereich IT oder auch Training notwendig sein, um sie umzusetzen. Glauben Sie, dass die Taxonomie bestehende Probleme bei nach- haltigen Investments – zum Bei- spiel „Greenwashing“ – verklei- nern oder beseitigen wird? Eine Taxonomie kann helfen. Greenwashing wird aber nur zu verhindern sein, wenn eine detaillierte Analyse der einzelnen Anlagen durchgeführt wird. Dazu spielen gut ausgebildete Experten (sowohl auf Asset-Manager- als auch Asset-Owner- Seite) eine zentrale Rolle. Die EU-Taxonomie hilft, Greenwashing zu vermeiden, da sie Transparenz herstellt. Gleichzeitig werden diese Herausforderungen bestehen und weiter eine Aufgabe bleiben. Lösungen haben immer nur schrittweisen und temporären Charakter, und wir müssen weiter an ihnen arbeiten. Sehen Sie die Gefahr, dass die Taxonomieanforderungen zu Marktverzerrungen führen werden – etwa dass kleinere Unterneh- men benachteiligt werden etc.? Nicht wenn es gelingt, die Reportinganforderungen für Unter- nehmen aus der Realwirtschaft und der Finanzbranche pragma- tisch zu gestalten. Für Unternehmen aus der Finanzbranche soll- ten die erforderlichen Daten aus der Realwirtschaft kostenfrei in einer standardisierten Form zur Verfügung gestellt werden. Die Herausforderungen kleinerer Unternehmen sind nicht neu. Die fortschreitende Regulierung und ihre Anforderungen an die Informationstechnologie sind gewaltig und von größeren Unternehmen leichter zu stemmen als von kleineren. Die Regulierung hat Einfluss auf Arbeitsteilung und Spezialisierung, und alle Marktteilnehmer müssen hier ihre Chance suchen. Wünschen Sie sich eine möglichst strenge Taxonomie für nachhal- tige Investments oder würden Sie möglichst große Spielräume bevorzugen? Wir wünschen eine zielgerichtete Taxonomie – das ist keine Frage von Strenge oder großen Spielräumen. Zuerst muss das Ziel klar sein. Die Taxonomie muss streng genug sein, damit sie glaubwürdig ist, sie darf aber nicht zu starr sein, weil sie sonst einer fortschreitenden Entwicklung nicht gerecht wird und den Wettbewerb um die nachhaltige Innovation behindert. Darüber hinaus sollte die Taxonomie ausreichend Spielraum lassen, um sie für die unterschiedlichen Assetklassen adäquat anwenden zu können. Gehen Sie davon aus, dass die Berücksichtigung der Taxonomie- anforderungen einen negativen Einfluss auf die Renditen haben wird? Kurzfristig kann es Verwerfungen geben (in beide Richtungen), langfristig werden nur nachhaltige Anlagen die erforderliche Performance zeigen. Gleichzeitiges „Doing well und doing good“ ist möglich. Eine vernünftige Taxonomie wird keine negative Entwicklung auf die Renditen haben. Der Grundgedanke der Taxonomie ist, mit rechtzeitig ergriffenen Regulierungsschritten eine stärkere Intervention später obsolet zu machen. Die Taxonomie dient der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, und in diesem Sinne unterstützen wir die Taxonomie aus ganzer Kraft. 258 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | EU -TAXONOMI E | OF F ENL EGUNGS VE RORDNUNG FOTO : © ME AG, V E R SORGUNGSWE R K DE R W I RT SCHA F T S P RÜ F E R UND DE R V E R E I D I GT EN BUCH P RÜ F E R ( WP V )

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