Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

ßen Nutzen für die Versicherungsnehmer, aber das muss man kommunizieren. Welchen Einfluss wird der Trend zu weniger Solidarität auf den Abschluss von Versiche- rungen haben? Skjødt: Ich glaube, dass die Menschen sich verstärkt den Mutuals, den Versicherungs- vereinen auf Gegenseitigkeit, zuwenden. Sie schaffen es, die langfristigen Zyklen im Auge zu haben, weil sie nicht in jedem Quartal Gewinne abführen müssen. Damit sind sie auch bei Nachhaltigkeitsthemen glaubwürdiger. Versicherungen, die mehr auf Solidarität setzen als auf die Höhe des nächsten Quartalsgewinns, treffen heute eher den Nerv der Zeit als Versicherungen, die nur den Shareholder Value im Auge haben. Der stärkere Fokus auf Solidarität muss von den Unternehmen aber intelligent kommuniziert werden, damit die Leute das verstehen. Damit haben Sie bereits eine Brücke zu nachhaltigen Investments geschlagen, wo es ja auch um das Gemeinwohl geht. Welche Rolle spielen Versicherungen bei der Ein- dämmung des Klimawandels? Skjødt: Fast alle Investorengruppen haben das Thema Nachhaltigkeit in ihre Bücher geschrieben bekommen, auch die Versiche- rer. Die Versicherungswirtschaft hat große Anstrengungen unternommen, um dabei zu helfen, den Klimawandel einzudämmen, auch bei der Anlage ihres Kapitalstocks. Versicherungen handeln also klimafreund- lich. Allerdings haben sie als erstes die niedrig hängenden Früchte geerntet, also Klimaschutzprojekte finanziert, die leicht kalkulierbar sind und gute Renditen abwer- fen. Nun kommen die höher hängenden Früchte an die Reihe, und die sind komple- xer und vielleicht auch weniger rentabel. Denken Sie an hochpolitische Projekte wie Nord Stream 2! Die Politiker wollen, dass Versicherer in Infrastrukturprojekte investie- ren und dort Risiken nehmen. In diese Rich- tung muss es ja auch gehen. Auf der ande- ren Seite stehen die Versicherungsaufsichts- behörden, die den Schutz der Versiche- rungsnehmer im Auge behalten müssen. Die wollen natürlich, dass jedes eingegan- gene Risiko mit entsprechenden Rendite- aussichten versehen ist. Und auch die haben natürlich recht. Ist das nicht dasselbe mit der Finanzierung der Staatsschulden? Wenn Solvency II es Versicherern relativ leicht macht, in Staats- anleihen der OECD-Länder zu investieren, auch wenn viele davon mittlerweile selbst bei langen Laufzeiten negative Renditen aufweisen? Skjødt: Natürlich ist es auch eine politische Position, wenn ein Versicherer einen Go- vernment Bond kauft, für den es kein Eigen- mittelerfordernis gibt. Trotzdem sind die Risiken in Griechenland und Deutschland unterschiedlich. Versicherer sollen und müssen schließlich darauf bauen, dass ihre Investments eine Gewinnerwartung haben. Daher investieren sie ja verstärkt in Aktien, Unternehmensanleihen und Alternatives. Wie passen Nachhaltigkeitsinvestments zu Solvency II? Skjødt: Beim Klimawandel handelt es sich um sehr langfristige Zyklen und langfristige Auswirkungen. Solvency II hat hingegen einen Zeithorizont von nur einem Jahr. » In Sachen ESG-Investments haben Versicherer zunächst die niedrig hängenden Früchte geerntet. Nun kommen die höher hängenden dran. Die sind komplexer und weniger rentabel. « Peter Skjødt, unabhängiger Berater für Versicherungen, bis kürzlich Direktor bei der Geneva Association 248 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | P E T E R S K JØDT FOTO : © M I CHA E L MANS F E L D T

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