Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

ben viele nur verstanden: „Wir zahlen das nicht.“ Da lässt sich schon die Frage stellen, ob es dann noch gerechtfertigt ist, Versiche- rungen steuerlich zu subventionieren. Viele Versicherer möchten „Gutes für die Welt tun“, aber wenn die Krise dann kommt, zeigt sich, ob sie es auch ernst meinen. Sie waren bis vor Kurzem für die Geneva Association (GA) tätig. Was war da los, warum haben Sie die GA verlassen? Skjødt: Wir haben uns im März über die Trennung geeinigt, und Ende September bin ich dann gegangen. Neue Kräfte sind hin- zugekommen, und dann fragt man sich manchmal, ob man sich mit der neuen Richtung, den geänderten Zielen und Wer- ten anfreunden kann oder nicht. Sie sprachen darüber, dass Versicherungen durch die Nutzung von Big Data zu einer individuelleren Preisgestaltung übergehen. Wie funktioniert das? Skjødt: Versicherungsunternehmen und die Googles dieser Welt nutzen enorme Daten- mengen, weil die Technologie, sie zu verar- beiten, vorhanden ist. Die Daten werden teilweise ergänzt, wenn die Kunden über das Internet abschließen. Anschließend wer- den Algorithmen angewandt, um den Kun- den individuelle Preise für Versicherungs- produkte anzubieten. Versicherungen nutzen dabei auch Daten, die nicht unbedingt etwas mit Versicherungsthemen zu tun haben. Ein Kunde zahlt also mehr für ein Produkt als ein anderer. Die Versicherungswirtschaft argumentiert mit „Pareto-Verbesserungen“ und dem Gesamtnutzen. Das heißt, der Nutzen für diejenigen, die über die persona- lisierte Preisgestaltung weniger zahlen, ist höher als der Mehrpreis, den die anderen zahlen. Personalisierte Preise sind ein sensibles Thema, denn es klingt unhöflich nach Pro- fitmaximierung. Skjødt: Beim Begriff „Versicherung“ geht es eigentlich um Solidarität zwischen Gemein- schaften mit ähnlichen Risiken. Personali- sierte Preise sind ein Schritt weg von der Solidarität. Ja, man kann sogar sagen, dass personalisierte Preise unsolidarisch sind, weil man die Kollektivierung der Risiken schwächt. Diesen Trend zur digitalen Opti- mierung und zur individuellen Preisgestal- tung halten viele für beängstigend. Auch die Corona-Pandemie hat diejenigen, die sozial oder finanziell schlechter gestellt sind, stärker getroffen als andere Bevölkerungs- gruppen. Nach meiner Beobachtung werden bei Versicherungen jetzt wieder verstärkt solidarische Lösungen nachgefragt. Wie passt das zur Reduzierung der Garan- tien, zum Beispiel in der Altersvorsorge? Skjødt: Natürlich sind Garantien im Niedrig- zinsszenario problematisch. Wenn wir aber alle Risiken auf die Versicherungsnehmer abwälzen, zum Beispiel bei Unit-Linked- Produkten, dann tragen die Versicherer gar keine Risiken mehr oder sehr geringe. Dann haben Versicherer keine Existenzberechti- gung mehr, denn Versicherung ist nun ein- mal Risikoübernahme. Sonst tun Versiche- rer dasselbe wie Asset Manager. Sie haben aber den Vorteil, in Assetklassen diversifi- zieren zu können, wo Asset Manager nicht ohne Weiteres investieren können. Garan- tien müssen heute intelligent gemacht wer- den, damit sie in die Zinslandschaft passen. Vielleicht sollte man sie nur für, sagen wir mal, zehn Jahre abgeben und dann einem Review unterziehen. So hat beispielsweise auch eine Null-Prozent-Garantie einen gro- » Der Trend zu Individualisierung, zu Big-Data-Nutzung und personalisierter Preisoptimierung wird von vielen nicht akzeptiert. « Peter Skjødt, unabhängiger Berater für Versicherungen, bis vor Kurzem Direktor bei der Geneva Association 246 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T | P E T E R S K JØDT FOTO : © M I CHA E L MANS F E L D T

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=