Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

ten Endes Entscheidungen dieser Art frei- geben muss. Nachvollziehbare Entscheidung Marktteilnehmer wie Peter E. Huber, seit Mai 2020 mit dem vermögensverwaltenden Multi-Asset-Fonds Huber Portfolio wieder am Start, zeigen durchaus Verständnis für den teilweisen Rückzug aus Europa. Er „vermutet, dass die unterschiedliche politi- sche und wirtschaftliche Entwicklung aus- schlaggebend war. Während die Unterneh- men im S&P 500 Index bis zur Corona- Pandemie von einem Gewinnrekord zum nächsten eilten, haben die Mitglieder des EuroStoxx 600 Index ihr Gewinnniveau aus der Zeit vor der Finanzkrise 2008/2009 nie mehr erreicht. Während in den USA eine wirtschaftsfreundliche Politik betrieben wird, wabert in Europa der Wind der ehe- maligen DDR durch die Amtsstuben. Poli- tische Börsen haben zwar normalerweise kurze Beine, aber nicht, wenn sie strukturell bedingt sind.“ Tatsächlich scheint auch die Noncha- lance, was vordergründige ESG-Ziele be- trifft, die Entscheidung des NBIM zu er- leichtern, die Investments in Europa zurück- zufahren. Denn laut Huber gebe es zwar „immer ambitioniertere Klimaziele“, die sich vielleicht auf diversen ESG-Skalen positiv auswirken – genau diese Ziele führ- ten aber „zu einer derartigen Überforderung der Unternehmen, dass sich letztendlich über eine sinkende Investitionsbereitschaft Wachstum und Klimaschutz gegenseitig ausschließen. Pläne für ein Lieferkettenge- setz und ein Unternehmensstrafrecht, An- spruch auf Homeoffice und angedachte Steuererhöhungen belasten einseitig unsere Unternehmen, sodass man bereits darüber nachdenkt, sie vor der ,unlauteren Konkur- renz aus Drittstaaten‘ schützen zu müssen, wie Ursula von der Leyen meint. Nur wird uns das heute nicht als Planwirtschaft, sondern als Industriepolitik verkauft“, echauffiert sich Huber. Analysiert das NBIM-Management die Lage ähnlich – und davon ist auszugehen –, dann hat der Staats- fonds also beschlossen, auf möglichst hohe virtuelle ESG-Scores aus Europa zu ver- zichten, ineffiziente Märkte zu meiden und sein Augenmerk stärker auf andere Ziele zu richten. Dass die Entscheidung, in Zukunft stärker auf die USA zu fokussieren, von den Stakeholdern des Staatsfonds wohl eher nicht in Frage gestellt wird, dürfte seit der Präsentation der Zahlen zum dritten Quartal feststehen. Denn in diesem Zeitraum kam der NBIM auf eine Rendite von 4,3 Pro- zent, was hauptsächlich auf das Konto der Aktienbestände geht. Vor allem in den USA entwickelte sich der Aktienmarkt im Som- merquartal stark: Der Index der Technolo- giebörse Nasdaq schaffte ein Plus von zehn Prozent, S&P 500 und Dow Jones legten immerhin noch etwa acht Prozent zu. Ins- gesamt stieg der Wert des Fonds um 412 Milliarden Kronen. Zwar seien die Finanz- märkte im Sommer von der Unsicherheit im Zusammenhang mit der Pandemie geprägt gewesen, wie Tangen bei der Präsentation der Zahlen für das dritte Quartal meinte, „nichtsdestotrotz haben die Aktienmärkte eine gute Rendite gebracht, vor allem dank der starken Entwicklung im US-Technolo- giesektor“. Aus Sicht des Fonds ist das Ergebnis umso erfreulicher, als sich die Ver- luste selbst in der ersten Jahreshälfte mit minus 3,4 Prozent recht moderat entwickel- ten, wobei im Fixed-Income-Bereich ein abfederndes Plus von 5,1 Prozent erwirt- schaftet werden konnte. Ölfondsnation Will man insgesamt verstehen, wie der norwegische Fonds und sein Management „ticken“, lohnt es sich, abschließend einen Blick auf die im Vorjahr als Report camou- flierte Festschrift „Investing with a man- date“ zu werfen. Der damalige CEO Yngve Slyngstad resümierte im Vorwort zum 30-jährigen Bestehen des Fonds: „Am 25. Oktober 1969 hat Norwegen die ersten Öl- vorkommen in der Nordsee entdeckt. 50 Jahre später ergibt der gesamte Wert der bis dahin geförderten Ölbestände kumuliert 10.000 Milliarden Kronen. In diesem hal- ben Jahrhundert ist Norwegen von einer Öl- nation zu einer Ölfondsnation geworden.“   Externes Management Die Kenntnis dieser Einstellung ist übri- gens nicht nur für Marktteilnehmer, sondern auch für institutionell agierende Asset Ma- nager wichtig. Denn knapp vier Prozent des Fondsvermögens werden über externe Pro- fis verwaltete. Absolut war das per Jahres- ende 2019 ein Vermögen von 389 Milliar- den Kronen – was gegenüber dem Vorjahr einem Wachstum von 27 Prozent entspricht. Tangen hat bereits öffentlich erklärt, dass er die externe Schiene auch weiterhin offen halten will. Immerhin konnten externe Manager über die vergangenen 20 Jahre eine durchschnittliche Überrendite von zwei Prozent für die Ölfondsnation Norwegen erwirtschaften. HANS WEITMAYR » Im vergangenen halben Jahrhundert ist Norwegen von einer Ölnation zu einer Ölfondsnation geworden. « Yngve Slyngstad, ehemaliger CEO des norwegischen Staatsfonds Immobilien und Sachwerte zum Abrunden Es war nicht unbedingt das Halbjahr von Betongold. Wertveränderungen bei Immobilieninvestments haben für ein negatives Zwischenergebnis im ersten Halbjahr gesorgt. Mieteinkünfte konnten das nur teilweise kompensieren. Alle Daten Ende 1. HJ 2020 | * 1 NOK=0,09 Euro | Stand 10.11.2020 Quelle: NBIM Immobilien Mio. NOK* Nicht gelistete Immobilien 295.292 Gelistete Immobilien 136.301 Gesamt 431.593 Einkommens-/Kostenquelle Ertrag Mieteinkünfte 1,7 % Wertveränderungen -3,1 % Transaktionskosten -0,2 % Währungseffekte 0,0 % Gesamt -1,6 % 186 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N | NORWEG I S CHE R S TAAT S FONDS

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