Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

die Signifikanz sogar bei unter 90 Prozent. Das ist umso bemerkenswerter, als alle an- deren Faktorkombinationen in beiden Stra- tegien ausnahmslos auf ein Konfidenzni- veau von 99 Prozent kommen. Große ESG-Treiber Enorm aussagekräftig ist also beispiels- weise die Information, wonach aufgrund des negativen SMB in beiden Fällen eher große Unternehmen zur Performance beitra- gen – der entsprechende bereits an einer früheren Stelle geäußerte Verdacht hat sich also bestätigt. Spannend ist auch GMB, also Good minus Bad. Dass dieser Faktor für Value negativ ist, mag überraschen – oder auch nicht –, dass er aber auch für die ESG- Strategie negativ ist, verblüfft auf jeden Fall. Hieraus ergibt sich für den Leser die Annahme, dass die „bad“ ESG-Performer trotz geringerer Gewichtung einen stärkeren Anteil an den Erträgen erwirtschaften – wenngleich die Autoren diesen Verdacht auf Nachfrage nicht bestätigen wollen. Im GMB-Vergleich der beiden Strategien wird jedenfalls klar, dass der Faktor in der ESG- Strategie weniger negativ ist als bei Value – man könnte zynisch formulieren, dass man mit der ESG-Strategie also wahrscheinlich weniger böse investiert ist als mit Value. Außerdem lässt sich aus den Ergebnissen auch ableiten, dass große Unternehmen trotz allfälliger Reputationsprobleme im Durchschnitt ESG-freundlicher sind als kleinere. Das erklären die Autoren einerseits mit der „Slack Resources“-Theorie, wonach große Konzerne schlicht mehr finanziellen Spielraum für Aktivitäten wie ESG-Engage- ment haben. Andererseits ist der Blick der Öffentlichkeit auch stärker auf diese Markt- teilnehmer gerichtet, was den Druck, sich nachhaltig zu verhalten, natürlich erhöht. Am Ende bleibt das Faktum, „wonach es keinen signifikanten ESG-Unterschied zwi- schen dem herkömmlichen weit verbreite- ten Value-Ansatz und einer ESG-gewichte- ten Strategie gibt. Aber die signifikant bes- sere finanzielle Performance der ESG-Stra- tegie liefert ein klares Pro-Argument für alle Investoren, einen ESG-Ansatz zu fahren – nicht nur für die sozial orientierten“, wie die Autoren als Fazit ihrer Arbeit festhalten. Ein Portfolio, das verstärkt in „Good Compa- nies“ investiert, sollte also über eine kleine- re Zahl an „bad“ Gewinntreibern eine pas- sive Outperformance gegenüber herkömm- lichen passiven Strategien entwickeln. Die- ser Ansatz ist nicht besonders ökoroman- tisch, sondern – ganz im Gegenteil – sehr pragmatisch. Und könnte genau deshalb auch funktionieren. HANS WEITMAYR Welche Faktoren in welchen Strategien stecken Abgebildet werden in beiden Fällen europäische Aktien. Im Rahmen einer Faktoranalyse wird herausgearbeitet, welche Faktoren die Performance eines nach ASSET4-ESG-Score gewichteten Portfolios im Vergleich zu einem herkömmlichen, nach Marktkapitalisierung gewichteten Value-Portfolio treiben. Das statistische Konfidenzniveau liegt in der Regel bei 99 Prozent, die einzige Ausnahme bildet HML, wo das Niveau im ESG-Portfolio bei maximal 95 Prozent liegt. Auffällig ist unter anderem, dass der SMB-Faktor in beiden Fällen negativ geladen ist. Das heißt, dass eher größere Unternehmen in den Portfolios den Ertrag bringen. Ebenfalls auffällig ist der negative SMB-Wert, der ebenfalls in beiden Portfolios auftritt. Er ist aber im ESG-Portfolio weniger negativ als im Value-Ansatz, was bedeutet, dass die betreffende Strategie bei aller Einschränkung trotzdem nachhaltiger ist als ein herkömmlicher Value-Ansatz. Abkürzungen der Faktoren: Mkt.RF=Markt, SMB=Small minus Big, HML=High minus Low, RMW=Robust minus Weak, CMA=Conservative minus Aggressive, GMB=Good minus Bad, R2=Bestimmtheitsmaß bzw. statistische Aussagekraft Quelle: Studie ESG-Portfolio mit bis zu 6 Faktoren (1) (2) (3) (4) (5) (6) 0,854 0,737 0,726 0,729 0,672 0,659 Mkt.RF (0,008) (0,011) (0,011) (0,011) (0,012) (0,012) –0,392 –0,395 –0,399 –0,423 –0,504 SMB (0,026) (0,026) (0,026) (0,025) (0,027) 0,073 –0,042 0,029 0,060 HML (0,023) (0,029) (0,028) (0,028) –0,270 –0,382 –0,350 RMW (0,043) (0,042) (0,042) –0,489 –0,460 CMA (0,038) (0,037) –0,206 GMB (0,025) 0,0002 0,0002 0,0002 0,0002 0,0003 0,0003 Konstante (0,0001) (0,0001) (0,0001) (0,0001) (0,0001) (0,0001) Beobachtungen 2,558 2,558 2,558 2,558 2,558 2,558 R 2 0,824 0,839 0,839 0,842 0,852 0,856 Adjust. R 2 0,824 0,839 0,839 0,842 0,852 0,855 Value-Portfolio mit bis zu 6 Faktoren (1) (2) (3) (4) (5) (6) 0,832 0,676 0,690 0,692 0,638 0,623 Mkt.RF (0,008) (0,010) (0,011) (0,011) (0,011) (0,011) –0,521 –0,517 –0,521 –0,544 –0,640 SMB (0,025) (0,024) (0,024) (0,024) (0,025) –0,091 –0,190 –0,122 –0,085 HML (0,021) (0,027) (0,027) (0,027) –0,233 –0,339 –0,302 RMW (0,040) (0,040) (0,039) –0,466 –0,431 CMA (0,036) (0,035) –0,246 GMB (0,024) 0,00000 0,00004 0,00003 0,0001 0,0001 0,0001 Konstante (0,0001) (0,0001) (0,0001) (0,0001) (0,0001) (0,0001) Beobachtungen 2,558 2,558 2,558 2,558 2,558 2,558 R 2 0,822 0,848 0,849 0,851 0,861 0,866 Adjust. R 2 0,821 0,848 0,849 0,851 0,860 0,866 » Die signifikant bessere finanzielle Performance ist ein klares ESG-Argument für alle Investoren. « Julian Amon, Margarethe Rammerstorfer und Karl Weinmayer wirken respektive zweimal an der WU Wien und an der Modul University Vienna 152 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | PA S S I VE E SG - S T RAT EG I E

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=