Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

festverzinslichen Anlagen in den Portfolios der Pensionskassen kontinuierlich an Be- deutung, bleiben aber mit 35,1 Prozent wei- terhin die größte Assetklasse (siehe Chart „Vermögensstruktur im Zeitablauf“). „Für den aktuellen Anlagemix berechnen wir eine Renditeperspektive von 2,2 Pro- zent“, erklärt Rothacher, „damit liegen wir im Gleichgewicht.“ In der Vergangenheit habe die Renditeperspektive schon öfter auch unterhalb der Sollrendite gelegen. Gefahr droht allerdings von der Nervosität der Märkte. „Der Volatilitäts- index VIX hatte zwar seinen bisherigen Höchststand im März und ist seit April deutlich gesunken, aber wir befinden uns immer noch deutlich über dem langfristigen Durchschnitt“, beobachtet Rothacher. Vorübergehender Deckungsgradeinbruch Die Verwerfungen an den Finanzmärkten im März hätten zu einem deutlichen Ein- bruch der Deckungsgrade – immerhin um minus 8,1 Prozent – geführt. „Durch die rasche Markterholung konnten bis August aber wieder 6,8 Prozentpunkte an Deckungs- grad aufgeholt werden“, sagt Rothacher. Im Vergleich zum Vorjahr verbleibe somit nur ein um 1,3 Punkte tieferer Deckungsgrad. Im Anschluss äußert sich Thomas Brei- tenmoser, Head of Investment Consulting bei der Complementa, über die Reform der Altersvorsorge in der Schweiz. „Wir haben einen Reformstau in der Schweiz, insbeson- dere was die Umwandlungssätze angeht.“ Der durchschnittliche Umwandlungssatz liege derzeit bei 5,57 Prozent. „Aufgrund weiterer bereits durch die Pensionskassen geplanten und beschlossenen Anpassungen werden wir 2025 bei einem Umwandlungs- satz von 5,32 Prozent sein. Aktuarisch reicht das aber nicht. Der aktuarisch kor- rekte Wert liegt bei 4,68 Prozent“, so Brei- tenmoser. Complementa hat eine Umfrage zur Senkung der Umwandlungssätze unter den Schweizer Pensionskassen durchgeführt. 15 Prozent der befragten Kassen sind der Meinung, dass die beschlossenen Senkun- gen klar ausreichen, während 12 bezie- hungsweise weitere 16 Prozent finden, dass sie „klar nicht“ oder „eher nicht“ aus- reichen. 28 Prozent der befragten Akteure sind also der Auffassung, zusätzlich zu den bereits geplanten Reduktionen weitere Um- wandlungssatzsenkungen beschließen zu müssen. Dadurch könnte sich der Trend fortsetzen oder gar noch verstärken, erklärt Breitenmoser. Die Frage ist, ab welchem Umwand- lungssatz die Bevölkerung beginnt, die Sinnhaftigkeit der zweiten Säule generell in Frage zu stellen. Für die Hälfte der Antwor- tenden muss der „umhüllende Umwand- lungssatz“ mindestens 4,5 Prozent betragen. „Umhüllend“ bezeichnet eine Art gemisch- ten Umwandlungssatz, bestehend aus dem Mindestumwandlungssatz für den obligato- rischen Teil von 6,8 Prozent, und dem über- obligatorischen Umwandlungssatz, den die Kassen frei festlegen können. Die Umfrage zeigt ferner, dass die Pensionskassenverantwortlichen eher der Bevölkerung als den Politikern zutrauen, die Notwendigkeit von niedrigeren Umwandlungssätzen zu verstehen. 55 Prozent der Verant- wortlichen glauben, dass die Versi- cherten dafür Verständnis aufbringen („ja“ oder „klar ja“), während das nur 47 von den Politikern glauben. „Es herrscht also die Meinung vor, dass die Politiker nicht verstehen, was die Versicherten eigentlich schon wissen“, lautet Breitenmosers Fazit. Hintergrund: Die zurzeit in der Politik zur Debatte stehenden Um- wandlungssätze bewegen sich im Bereich von 5,8 bis 6,0 Prozent, also einiges über der finanzmathematisch korrekten Schwelle von 4,68 Pro- zent. Die politisch diskutierten Sätze gehen also womöglich nicht weit genug, sodass eventuell schon bald wieder Reformen nötig werden könnten. » Wir haben einen Reformstau in der Schweiz, insbesondere was die Umwandlungssätze angeht. « Thomas Breitenmoser, Head of Investment Consulting/Controlling, Complementa, Zürich Vermögensstruktur im Zeitablauf (1995–2019) Zunehmend mehr Risiko und breitere Diversifizierung in den Portfolios der Pensionskassen Weniger festverzinsliche Anlagen und eine Ausweitung der alternativen Anlagen waren die beiden wichtigsten Trends in der Asset Allocation der Schweizer Pensionskassen. Quelle: Complementa 0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % 2019 2015 2010 2005 2000 1995 Liquidität Festverzinsliche Aktien Immobilien Alternative Anlagen Gemischte Fonds Fremd- währungsquote Auslands- anlagen 128 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | P ENS I ONS KA S S EN- S TUD I E FOTO : © COMP L EMENTA

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