Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

heißt das: Belastet ein unerwartetes Ereignis die kurzfristigen Cashflows von Unterneh- men erheblich, ohne sich ähnlich deutlich auf die langfristigen Zahlungsströme aus- zuwirken, dann sollten Aktien mit kurzer Duration die höchsten Wertverluste erleiden – diejenigen Titel also, deren größter Teil der erwarteten Cashflows in der näheren Zukunft liegt. Corona als Fallstudie Die Coronakrise war ein solches Szenario. So wurde im März 2020 klar, dass viele US-Unternehmen ihre Aktivitäten zum Teil deutlich einschränken müssen. Eine Rück- kehr zur Normalität wurde erst mit der Ent- wicklung eines Impfstoffs erwartet, was ein bis zwei Jahre dauern würde. Es war also zu erwarten, dass Corona die Cashflows für bis zu zwei Jahre belasten könnte. Deshalb auch hier die Vermutung: Aktien, deren Wert stärker von zeitnahen Cashflows ab- hängt, erleiden einen höheren Wertverlust. Diesen Zusammenhang untersucht die Stu- die für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2020. Dafür schätzen die Autoren zunächst anhand eines auf Fundamental- daten basierenden Modells die künftigen Cashflows der Unternehmen per Dezember 2019. Daraus berechnen sie dann mit der klassischen Anleihen-Durationsformel die implizite Aktienduration. Das Wort „impli- zit“ weist darauf hin, dass die finalen Cashflows der ewigen Rente im Modell aus den aktuellen Aktienkursen abgeleitet wer- den, während sie bei Anleihen im Vorfeld als vereinbarter Zahlungsstrom gegeben sind. Die Autoren verwenden im Hauptmo- dell einen Prognosezeitraum von 15 Jahren für die Cashflows sowie einen Diskontsatz von 12 Prozent. Das grundsätzliche Ergebnis der Untersu- chungen ist, dass die implizite Duration ein effektives Maß darstellt, um sowohl die Höhe als auch die Standardabweichung der Aktienrenditen zu erklären. Im untersuchten Zeitraum zeigte sich dabei, dass vor allem Aktien mit kurzer Duration hohe Verluste verzeichneten. So erzielte ein Portfolio, das long in den 20 Prozent der Aktien mit der längsten und short in den 20 Prozent der Aktien mit der kürzesten Duration war, eine Rendite von 36 Prozent (144 % per annum). Value-Underperformance Das Konzept der impliziten Aktiendura- tion kann auch die schlechte Value-Perfor- mance erklären. Die Autoren weisen darauf hin, dass günstig bewertete Titel mit niedri- gen Kurs-Gewinn- und Kurs-Buchwert-Ver- hältnissen in der Tendenz eher einen lang- fristigen Rückgang bei den Gewinnen und Cashflows aufweisen. Entsprechend wird bei diesen Aktien ein größerer Teil des Werts durch in der näheren Zukunft liegende Cashflows repräsentiert. Wenn davon plötz- lich erhebliche Teile entfallen, sollte sich das Aktien von Unternehmen mit höherer kurzfristiger Cashflow-Volatilität reagieren sensibler auf konjunkturelle Schwächephasen. Eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass die implizite Duration ein effektives Maß darstellt, um sowohl die Höhe als auch die Standardabweichung der Aktienrenditen zu erklären. N o. 4/2020 | www.institutional-money.com 123 T H E O R I E & P R A X I S | EQU I T Y- DURAT I ON

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