Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

foliobestandsdaten abrufen muss, was oft mit Kosten verbunden ist und meist nur Zu- gang zu Quartalsdaten beinhaltet. Der zwei- te wichtige Fortschritt ist, dass das Modell es erlaubt, die FEV eines Fonds gleichzeitig in Bezug auf unterschiedliche Faktoren zu schätzen. Die überwiegende Mehrheit frü- heren Researchs betreffend Timing-Fähig- keiten von Investmentfonds zielte nur auf das Marktrisiko ab. Ammann, Fischer und Weigert fügen hier eine neue Perspek- tive hinzu, indem sie die Veränderung des Exposures auf weitere alternative Risiko- und Behavioral-Finance-Fak- toren – diese sind nicht beschränkt auf die Faktoren Markt, Size, Value und Momentum – in einem umfassenderen Modell ausdehnen. Zum Schluss trägt das Autorentrio zur laufenden Debatte zwischen Akade- mikern und Praktikern über die Frage bei, ob, und wenn ja, wie Risikofaktoren getimt werden können. Eine Vielzahl von Studien belegt, dass eine an Faktorverän- derungen angepasste Handelsstrategie die Profitabilität von Momentum und anderen alternativen Risikoprämien verbessert. Doch ist die Frage, ob diese Ergebnisse out of sample und unter Berücksichtigung von Handelskosten wiederholbar sind, noch nicht gelöst. Kein Geringerer als AQR- Mastermind Cliff Asness artikulierte 2016 in „The Siren Song of Factor Timing aka ,Smart Beta Timing‘ aka ,Style Timing‘“ seine Zweifel an der Performance aus dem Faktor-Timing. Das Autorentrio trägt inso- fern zu dieser Diskussion bei, als es doku- mentiert, dass professionelle und erfahrene Fondsmanager keinen Erfolg beim Timing von Faktoren haben. Wertvolle Erkenntnisse Die gewonnenen Erkenntnisse dieser Stu- die sind sowohl für Investoren als auch für Fondsmanager wichtig. Unter Verwendung der vorgestellten Methodologie können In- vestoren direkt die Faktor-Exposure-Varia- tion eines Fonds zu mehreren Faktoren ab- schätzen, ohne sich dabei auf Portfoliobe- standsdaten zu stützen. Auch können sie die FEV bei der Managerauswahl einsetzen. Die Studienergebnisse unterstützen nicht die Hypothese, dass Abweichungen in den Fak- tor-Exposures ein Signal für Manager-Skill sind, weswegen die Autoren den Investoren empfehlen, sie mögen die Erkenntnisse die- ser Arbeit berücksichtigen, bevor sie Invest- ments in Fonds mit hoher FEV tätigen. Aber auch Fondsmanager können die FEV anwenden, um ihre beabsichtigten oder unbeabsichtigten Veränderungen im Exposure zu den Faktoren zu evaluieren. Obwohl die akademische Literatur verschie- dene Ansätze zum Timing von Faktor-Risi- koprämien vorgeschlagen hat, ist laut den Autoren nicht klar, ob diese Strategiever- besserungen out of sample auch einen Mehrertrag realisieren lassen, speziell wenn man Handelskosten und andere Arbitrage- Beschränkungen berücksichtigt. Die vorliegende Studie zeigt, dass der durchschnittliche US-Aktienfondsmanager offensichtlich keinen Erfolg beim Timen der Faktoren Markt, Size, Value und Momen- tum hat, was die Auffassung untermauert, dass das Timen von Faktoren in der Praxis schwierig ist. Was sie nicht liefert, sind Ant- worten auf die Fragen, ob die Beziehung zwischen der Faktor-Exposure-Variation und der zukünftigen Performance bei ande- ren Assetklassen wie Anleihen und Rohstof- fen oder anderen Regionen wie Europa oder den Schwellenländern ähnlich aussieht. Das ist eine Aufgabe für weiterführende Studien auf diesem Gebiet. DR. KURT BECKER » Fondsmanager sind beim Timen ihres Faktor-Exposures offensichtlich nicht erfolgreich. « Prof. Dr. Florian Weigert, Professor für Finanzrisikomanagement an der Universität Neuchâtel in der Schweiz Variation der einzelnen Faktoren Markt, Size, Value und Momentum, in Spalte (V) ist es dann der FEV-Gesamtindikator, der die abhängige Variable bildet. In Spalte (VI) sind die ökonomischen Auswirkungen von der Veränderung einer der Fondsei- genschaften um eine Standardabweichung nach oben auf den FEV-Gesamtindikator (Spalte [V]) dargestellt. Fondseigenschaften sind das Fondsalter, die Dauer des Fonds- managements, die Fondskosten, der Fondsumschlag, das vergangene Alpha und die Fondsflüsse. Alte Hasen mit höherem FEV-Wert Zuallererst – und damit auch im Ein- klang mit den Forschungsergebnissen von Chevalier und Ellison, die diese 1999 im Quarterly Journal of Economics unter dem Titel „Career Concerns of Mutual Fund Managers“ veröffentlichten – zählt dazu, dass Manager, die für einen Fonds bereits länger verantwortlich sind, einen höheren FEV-Wert aufweisen als jene, die noch nicht so lang mit dem Fondsmanagement betraut sind. Das liegt wohl daran, meinen die Autoren, dass junge Fondsmanager befürchten, durch riskante Wetten in den ersten Jahren ihrer Karriere underzuperfor- men und damit ihre Karriere aufs Spiel zu setzen. Steigt die Dauer des Fondsma- nagementmandats um eine Standardab- weichung an, so ist dies mit einem Anstieg des FEV-Indikators um fünf Prozent (0,05) verbunden. Zweitens steht die Faktor-Exposure-Va- riation tatsächlich in einer positiven Bezie- hung mit den Fondskosten und dem Port- folioumschlag. Eine Erhöhung der Fonds- kosten beziehungsweise der Umschlags- häufigkeit um jeweils eine Standardabwei- chung führt zu einem um 20 respektive acht Prozent höheren Wert des FEV-Indi- kators. Angesichts einer unbedingten Stan- dardabweichung des FEV-Indikators von 0,68 in der untersuchten Stichprobe errei- chen diese ermittelten Werte ökonomisch signifikante Größenordnungen. Im Zu- sammenhang mit anderen Ergebnissen dieser Studie deuten auch diese darauf hin, dass es sich bei der Faktor-Exposure- Variation um eine von Fondsmanagern bewusst verfolgte Strategie handelt. Fortsetzung  120 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S | FAK TOR- E X POSUR E FOTO : © UN I V E R S I T Ä T NEUCHÂ T E L

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