Institutional Money, Ausgabe 4 | 2020

A nleger sind heute mit höhe- ren Risiken hinsichtlich Zombie-Unternehmen kon- frontiert als frühere Invest- mentgenerationen“, erklärt Todd Jablonski, Chief Investment Officer Global Asset Allocation bei Principal Global Investors. Als „Zombies“ werden finanziell nachhaltig geschwächte Unternehmen bezeichnet, die eine, gemessen am Eigenkapital und den Ertragsdaten, zu hohe Nettoverschuldung haben – häufig aufgrund erodierender Geschäftsmodelle. Diese Unternehmen sind für Mitbewerber ein Problem, weil sie wei- terhin Marktanteile beanspruchen, und auch für die kreditgebenden Banken, weil jeder- zeit mit Kreditausfällen zu rechnen ist. Start-ups, die aufgrund ihres mit hohen Kosten verbundenen Geschäftsaufbaus die Zinslast noch nicht aus den laufenden Ein- nahmen decken können, zählt man nicht zu den Zombies. Warnung vor Untoten Immer mehr Experten warnen vor zombifizierten Unternehmen und den davon ausgehenden Fol- geproblemen. Von Autoren wie Markus Krall und Daniel Stelter über den Société-Générale-Strate- gen Albert Edwards bis hin zum ehemaligen EZB-Chefökonomen und nunmehrigen Präsidenten des Center for Financial Studies, Otmar Issing, und dem Chef der Deutschen Bank, Christian Se- wing, reicht die Liste der Warner. Darüber hinaus widmeten mitt- lerweile unter anderem die Bank für Internationalen Zahlungsaus- gleich (BIZ) oder das National Bureau of Economic Research (NBER) der offenbar wichtiger werdenden Problematik diverse Studien. Die zunehmende Beschäftigung mit dem Thema könnte auch damit zusammenhän- gen, dass die Zombie-Quote in der Wirt- schaft weiter steigt – trotz der seit Jahren fallenden Zinsen, die Unternehmen eigent- lich eine immer günstigere Finanzierung er- möglichen und die Schuldner allein aus rech- nerischen Gründen aufgrund einer Verbes- serung beim Zinsdeckungsgrad von ihrem Zombie-Schicksal befreien sollten. Eine Zunahme von Zombies stellt auch die BIZ- Studie „Corporate zombies: Anatomy and li- fe cycle“ vom September dieses Jahres fest. Die Studienautoren haben das Zahlen- werk von 32.000 öffentlich notierten Unter- nehmen in 14 OECD-Ländern seit den 1980ern auf Basis eines Medianvergleichs anhand der drei Kriterien „Zinsdeckungs- grad“ (Interest Cover Ratio, ICR), „To- bin’scher Quotient“ („Tobin’s Q“, eine be- triebswirtschaftliche Kennzahl zur Unter- nehmensbewertung) und eines „rollierenden Zwei-Jahres-Beobachtungszeitraums“ auf Unternehmensebene unter die Lupe genom- men. Es zeigt sich, dass die Zahl der Zom- bie-Firmen seit den späten 1980er-Jahren bis zum letzten Beobachtungsstichtag 2017 von etwa vier auf inzwischen 15 Prozent und damit fast auf das Vierfache gestiegen ist. Dieser Trend könnte sich verfestigen: Denn die Studie hat darüber hinaus heraus- gefunden, dass die Wahrscheinlichkeit eines Unternehmens, nicht nur in einem Jahr, sondern auch noch im Jahr darauf ein Zom- bie zu sein, im Beobachtungszeitraum von 70 auf 85 Prozent zunahm (siehe Grafik „Aufwärtstrend“) . Zombies sind anteilsmäßig weltweit un- terschiedlich verteilt: Während Großbritan- nien und die USA auf Zombiequoten von zirka 22 und 18 Prozent kamen, wies Deutschland nur eine Quote von rund zehn Prozent aus. Für Frankreich ermittelten die BIZ- Autoren einen Anteil von 16 Pro- zent, für Italien überraschend niedrige 15 Prozent. Inzwischen werden diese Quoten angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Malaise aber gestiegen sein be- ziehungsweise nehmen wohl weiterhin zu. Steffen Müller, Pro- fessor für Produktivität und Inno- vation an der Universität Magde- burg und Leiter der Insolvenzfor- schung am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle (IWH), schätzte in einem Inter- view mit der „Wirtschaftswoche“ den Zombieanteil für Deutsch- land mittlerweile auf zirka 17 Prozent. Wesentlich düsterer sieht es auf europäischer Ebene aus. So befürchtet Markus Krall, dass Eine wachsende Zahl von Zombie-Unternehmen löst die Sorge aus, dass diese künstlich am Leben erhaltenen Firmen zu Marktverzerrungen führen und damit die „gesunden“ Unternehmen und somit die Realwirtschaft schwächen könnten. Angst vor Untoten Aufwärtstrend Der Anteil von Zombie-Unternehmen nimmt seit Jahren zu. Betrug der Anteil an Zombie-Unternehmen in den OECD-Ökonomien (linke Y-Achse, rote Linie) in den 1990er-Jahren noch um die vier Prozent, stieg diese Quote unter Schwankungen bis in die Zehnerjahre dieses Jahrhunderts auf 16 Prozent in der Spitze. Die orange Linie zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit (rechte Y-Achse), dass ein Zombie-Unternehmen auch im Jahr darauf ein Zombie bleibt, seit Langem zunimmt. Quelle: BIZ-Studie „Corporate zombies: Anatomy and life cycle“ 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 16 % 12 % 8 % 4 % Wahrscheinlichkeit Zombie-Anteil der Unternehmen Zombie-Unternehmen Wahrscheinlichkeit, dass ein Zombie-Unternehmen auch zukünftig ein Zombie bleibt 2015 2010 2005 2000 1995 1990 1985 FOTO : © PG I , S T UA RT | S TOCK . ADOB E . COM 104 N o. 4/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : GE LDPOL I T I K

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