Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

Das Ergebnis ist eindrücklich: Hielt man in diesem Zeitraum den S&P für ein Jahr, so bestand der erzielte Ertrag im Durchschnitt zu 73 Prozent aus den realisierten Kursge- winnen und nur zu 27 Prozent aus Dividen- denausschüttungen. Je langfristiger hinge- gen der Investmenthorizont, desto stärker der Anteil der Dividende: Bei 20-jähriger Haltedauer steht das Verhältnis 57 zu 43 zu- gunsten der Dividende. „Der Gewinnbeitrag der Dividende nimmt also mit der Län- ge des Anlagehorizonts zu“, wie Page erklärt. Zerlegt man diesen 80-jährigen Be- obachtungszeitraum nun in Dekaden, so differenziert sich das Bild. Während in den boomenden 1990er- und 2010er- Jahren der Ergebnisbeitrag der Dividen- de bei rund 25 Prozent lag, erreichte dieser Wert in den 1940er- und 1970er- Jahren Ausmaße von bis zu knapp 78 Prozent. „Das heißt, in Zeiten niedrigen Wachstums ist die Bedeutung von Dividen- den massiv gestiegen“, wie Page erklärt. Volatilitätspolster Auch bezüglich der Volatilität finden die Autoren starke Dividendenargumente. Sie analysieren die großen US-Rezessionen seit den 1970er-Jahren und vergleichen die Ent- wicklung des Gewinns je Aktie (EPS) mit der Veränderung der Dividende je Anteils- schein (DPS). Besonders aussagekräftig erscheinen die beiden großen Verwerfungen des 21. Jahrhunderts – also Dotcom und die Große Finanzkrise (GFC). Während die EPS in der Dotcom-Spitze um 54 bezie- hungsweise um 92 Prozent währender GFC fielen, waren die Abschläge bei den Divi- denden mit minus sechs respektive minus 24 Prozent relativ moderat. „Es ist also klar, dass Dividenden deutlich weniger volatil sind als die Gewinne“, meint Page. „Divi- dendeninvestments können also nicht nur als ‚Polster‘ während Rezessionen oder Perio- den mit niedrigem Wachstum dienen, sie er- möglichen langfristig orientierten Investo- ren auch, kurzfristige Perioden niedriger Aktienkurse zu nützen, indem sie ihre Divi- dendenerträge über den Geschäftszyklus hinweg reinvestieren.“ Summa summarum also ein auf lange Sicht gar nicht so entmu- tigendes Bild für Dividendenjäger – wobei an dieser Stelle darauf hingewiesen werden soll, dass die Autoren den Guinness Global Equity Income Fund, also ein auf Dividen- den spezialisiertes Produkt, verwalten. Doch wie langfristig können Investoren und Asset Manager in der Praxis wirklich agieren? Zehn Jahre, zwanzig Jahre – oder reißt den Stakeholdern in schwierigen Pha- sen nicht doch deutlich früher der Gedulds- faden? Insofern wäre es praktisch, ein Modell zur Verfügung zu haben, das etwas langfristigere Prognosen zulässt als die von Janus Henderson, aber auch auf taktischere Ansätze als die von Guinness Rücksicht nimmt. Dividendenprognose Genau an dieser Stelle kommt ein hervor- ragend getimtes Paper der University of Chicago, Booth School of Business, ver- fasst von den ebendort wirkenden Forschern Niels Gormsen und Ralph Koijen, ins Spiel. Die Autoren haben ihre Arbeit recht selbst- erklärend „Coronavirus: Impact on Stock Prices and Growth Expectations“ genannt. Da sie davon ausgehen, dass sich aus den Dividenden-Futures gute Marktprognosen deduzieren lassen, ergibt sich als Neben- produkt der Arbeit, die ja eigentlich auf die Prognose von Marktbewegungen abzielt, auch ein Ansatz, um künftige Dividenden- niveaus abzuschätzen. Der mathematische Ausgangspunkt sieht dabei folgendermaßen aus: FOTO : © GU I NNE S S A S S E T MANAGEMENT Selbst im besten Fall alles andere als ermutigend Die globale Janus Henderson Dividendenprognose für 2020 Egal ob „Best“ oder „Worst Case“: Der Rückgang der weltweiten Ausschüttungen wird dieses Jahr drastisch ausfallen. Quelle: Janus Henderson 600 800 1.000 1.200 1.400 … im schlimmsten Fall 2020 … im besten Fall 2020 Dividenden pro Jahr … Milliarden USD 2015 2014 2013 2018 2019 2020 Best 2020 Worst 2017 2016 2012 2011 2010 2009 Geringe Erwartungshaltung Erwartete Dividende für die kommenden sieben Jahre Die mittelfristigen Dividendenaussichten sehen etwas besser aus als die kurzfristigen – was wiederum nur einem schwachen Trost gleichkommt. Quelle: Studie -60 % -50 % -40 % -30 % -20 % -10 % 0 % 10 % Euro Stoxx 50 S&P 500 0 1 2 3 4 5 6 7 Jahre Dividendenwachstum in % » Der Gewinnbeitrag der Dividende nimmt mit der Länge des Anlagehorizonts zu. « Matthew Page, Portfoliomanager bei Guinness Asset Management 96 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : D I V I DENDEN

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