Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

zwischen minus 30 und minus zwei Tagen beziehungsweise null und 30 Tagen. Auch hier lässt sich genauso wie bei den Aktien mit einem Beta von mehr als eins sagen: Die abnormalen Renditen und damit die Reaktionen auf die Ankündigungen von Aktiensplits fallen in der Zeit zwischen 2004 und 2007 deutlich positiver aus als zwischen 2008 und 2011. Das gilt für die Teilstichproben genauso wie für die ganze. Es ist nicht wirklich überraschend, dass sich die Marktstimmung in einer Baisse doch deutlich von jener in einer Hausse unter- scheidet. Weiters konstatieren die Autoren, dass die abnormalen Renditen bei Aktien, die riskanter als der Markt sind, höher aus- fallen als bei Aktien, die ein Beta von unter eins aufweisen. Stabiles Phänomen Unterm Strich zeigte diese aktuellste Arbeit zum Thema, dass der Markt auch heute noch grundsätzlich positiv auf Split- Ankündigungen reagiert – das Phänomen tritt somit scheinbar auch in Krisenzeiten auf. In beiden Stichproben sind positive markt- und risikoadjustierte kumulative abnormale Renditen zu beobachten, aller- dings wirkt der Effekt in schwierigeren Marktphasen nicht im selben Ausmaß wie in ungetrübten Haussephasen. In der Zeit der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise verschwanden die positiven abnormalen Erträge schneller als in der Vorkrisenzeit. Als Investor könnte man daraus den Schluss ziehen, dass man in Bullenmärkten unmit- telbar auf Split-Ankündigungen rasch rea- gieren sollte, um diese abnormalen Rendi- ten zu ernten. Die letzten beiden prominen- ten Fälle Apple und Tesla (siehe Kasten) bestätigen dies. DR. KURT BECKER lung, die deutlich vom bisher Erwarteten abweichen, zu be- obachten. Es stelle sich die Fra- ge, so Cornell, ob es im Fall Tesla in diesem engen Zeit- fenster noch eine zusätzliche, eventuell verwirrende Informa- tion im Zusammenhang mit der Split-Ankündigung gege- ben hat, die zumindest teilwei- se diesen exorbitanten Anstieg der Marktkapitalisierung erklä- ren kann. Doch da war in den ersten beiden Tagen nichts und an den beiden Folgetagen fast nichts, wie Cornells Nachfor- schungen zeigten. Elon Musk erwähnte nur ein Update der Software für autonomes Fah- ren. Auf Twitter gab es Diskus- sionen darüber, dass Tesla gesagt habe, durch den Split würden die Aktie für seine Angestellten und Investoren besser zu- gänglich, und zwar ohne zu sagen, welche Investoren man hier im Auge habe. In Tweets gab es daraufhin sehr viel Enthu- siasmus betreffend neuer Käuferschichten für die Aktie. Dazu ist aber anzumerken, dass man im elektronischen Handel heute schon Teile von Aktien erwerben kann, sodass das zusätzliche Käuferpotenzial wohl bescheiden ausfällt. Die Auswirkung dessen auf den Aktienkurs müsse daher ebenfalls bescheiden gewesen sein, folgert Cornell. Regulatorisch bedingte Einnahmen Eine andere Geschichte und damit ein möglicher Erklärungsansatz ist die Aufnah- me der Tesla-Aktie in den S&P 500 Index. Es gibt Studien, die belegen, dass eine solche Indexmitgliedschaft mit einer dauerhaften Erhöhung des Aktienkurses einhergeht. Das liegt an den passiven Indexfonds und ETFs, die die Aktie dann kaufen müssen. Dazu muss aber Tesla vier Quartale in Serie schwarze Gewinnzahlen liefern. Mit der am 22. Juli erfolgten vier- ten Quartalsgewinnmitteilung ist diese Voraussetzung formal erfüllt. Das Pikante daran ist, dass Tesla ohne den Sonder- umsatzposten „Regulatory Credits“ in Höhe von 428 Millionen US-Dollar nach GAAP nicht 104 Millionen US-Dollar Ge- winn, sondern einen Verlust gemacht hät- te. Dabei geht es um staatliche Gutschrif- ten für Null-Emissionen bei neuen Autos und Einnahmen aus Verkäufen von CO 2 - Guthaben. So hat sich Tesla mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) zu einem CO 2 -Flottenpool zusammen- geschlossen und erhält als CO 2 -Null-Emittent Zahlungen von FCA. FCA kann durch einen solchen Deal die ab die- sem Jahr strengeren und mit Strafgeldern versehenen EU- Emissionsvorschriften einhalten und zahlt dafür über drei Jahre, beginnend mit 2019, insgesamt zirka 1,8 Milliarden Euro an Tesla. Diese mögliche Erklärung reicht aber nicht aus, um die wesentlich höhere abnormale Rendite von Tesla zu erklären, zumal zuletzt die Studie von Bennett, Stulz und Wang aus dem heurigen Jahr belegt, dass die abnormale Rendite ab Ankündigung einer Aktienaufnahme in den S&P 500 Index nur 3,0 bis 3,5 Pro- zent beträgt und im letzten Teil der Stich- probe überhaupt verschwindet. Fazit Cornell kommt zum Schluss, dass die Kursentwicklung von Tesla exorbitant höher ausgefallen ist, als man als Ver- änderung des Unternehmenswertes unter fundamentalen Aspekten erwarten konnte. Sollte diese Schlussfolgerung korrekt sein, dann kann man zum einen von einer Rationalität bei der Kursbildung nicht mehr sprechen, denn der Markt bietet keine korrekten Preissignale mehr, zumindest im Fall Tesla. Diese Erkenntnis sollte die Aka- demiker alarmieren, da dies Implikationen für die Ressourcenallokation in der Finanz- marktforschung hat. Teslas Husarenritt Aktienkurse im Minutentakt vom 11. August nachbörslich bis zum 13. August abends Die Aktie zog am 11. August nach der Split-Ankündigung nachbörslich um sechs Prozent an. Am 12. August kam es zu wilden Kursbewegungen, die dann in einem Tagesgewinn von 13,12 Prozent gipfelten. Damit nicht genug, legte die Tesla-Aktie am darauffolgenden Tag noch einmal um 4,26 Prozent zu. Das macht kumuliert 17,94 Prozent an zwei Tagen. Quelle: Studie  1.350 1.500 1.450 1.600 1.550 1.650 n Tesla-Kursentwicklung USD 11. Aug 12. Aug 13. Aug 1.400 18:02 7:25 16:00 19:40 10:53 13:53 9:08 12:23 17:20 8:56 15:23 7:24 12:11 15:11 10:41 13:41 Uhrzeit 92 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : AK T I ENS P L I T S

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