Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

tienperformance profitieren als jene Firmen, die nicht berichten. Auch das Aktienrisiko der Berichtenden verbessert sich, was man an einem niedrigeren Beta festmachen kann. Eine wichtige Erkenntnis ist, dass Fir- men, die ihre Geschäftsberichte vor der of- fiziellen Ausrufung der Pandemie publizier- ten, darin aber bereits Corona ansprachen, eine Verringerung ihres Aktienkursrisikos erfuhren, während andere, die das nicht taten, mit einem höheren Aktienkursrisiko (einem höheren Beta) konfrontiert waren. Im umgekehrten Fall stellte sich heraus, dass Unternehmen, die erst nach Ausru- fung der Pandemie am 11. März 2020 ih- ren Geschäftsbericht 2019 veröffentlich- ten, sich keiner Änderung des Aktienkurs- risikos gegenübersahen. Das erklärt sich dadurch, dass – so eine Pandemie einmal ausgerufen ist und sich die Geschäftsaus- sichten verschlechtert haben – das Berich- ten über Corona nicht wirklich eine freie Wahl darstellte. Damit war es kein Aus- druck der Risikoerkennungsfähigkeit der Firma mehr, sondern eine allgemein erwar- tete Handlung seitens des Unternehmens. Ertrag durch Corona-Erwähnung Des Weiteren fand man heraus, dass sich der Aktienkurs von Firmen, die Corona in ihrem Geschäftsbericht erwähnen, in den schnell und stark einbrechenden Märkten relativ besser schlugen als jene, die nicht über Corona berichteten. Der Unterschied besteht in einer positiven abnormalen Ren- dite von 14,26 Prozent. Um die Robust- heit der Ergebnisse zu überprüfen, wur- de die Stichprobe nach dem Veröffent- lichungsdatum der Jahresberichte aufge- teilt. Es zeigte sich, dass die Outperfor- mance der Unternehmen, die das Coro- navirus thematisierten, im Wesentlichen auf die Berichte zurückzuführen war, die vor der Pandemieausrufung durch die WHO publiziert wurden. Daraus ziehen die Autoren den Schluss, dass die Märk- te jene Unternehmen mit Outperfor- mance honorieren, die Risiken beson- ders früh erkennen. Weitere Erkenntnisse beziehen sich auf den Staatsbesitz an Firmen als zu- sätzlichen Faktor mit dem Potenzial, den dokumentierten positiven Effekt der frühzeitigen Berichterstattung über Co- rona und damit verbundene Risiken auf Unternehmensebene zu erklären. So wä- re es ja plausibel anzunehmen, dass Firmen im teilweisen Staatsbesitz aufgrund ihrer Staatsnähe und möglicher Finanzspritzen der öffentlichen Hand wohl weniger in Finanznöte kommen sollten. Tatsächlich zeigen die Analysen – chinesische Staats- firmen wurden nicht berücksichtigt –, dass Firmen mit Staatsbeteiligung, die frühzeitig über Corona im Geschäftsbericht schrieben, geringfügig weniger Aktienrisiko aufweisen als jene ohne staatliche Aktionäre. Gewinnprognose In einem weiteren Schritt wollte das Au- torenquartett mögliche Auswirkungen im Zusammenhang mit der Bekanntgabe von Änderungen in Bezug auf die Gewinnpro- gnose ausschließen, und zwar sowohl im Hinblick auf das Zurückziehen der Gewinn- prognose oder als auch auf ein Update. Man tat das, da bereits eine große Zahl von Fir- men im Kontext mit der gestiegenen Unsi- cherheit aufgrund der Coronakrise oder we- gen schlechter Quartalszahlen zum ersten Quartal 2020 ihre Gewinnprognose geän- dert haben. Solch eine Bekanntgabe könnte erheblichen Einfluss auf die Analyseergeb- nisse haben. Daher adaptierten die Autoren ihre Methodik zur Berechnung der Perfor- mance und der Messung der Risikoverän- derung, um Daten auszuschließen, die auf geänderten Gewinnprognosen fußen. Die Resultate bleiben qualitativ ziemlich ähn- lich. Die Studie macht deutlich, dass Trans- parenz und eine gute Sensorik im Hinblick auf die Wahrnehmung von Unternehmens- risiken von den Investoren mit besserer Per- formance und weniger Beta belohnt wird. Damit wird die Bedeutung eines umfassen- den Reportings gerade in Zeiten wirtschaft- licher Unsicherheit betont. Dem Praktiker helfen die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit insofern, als er die Reaktionen des Kapitalmarktes bezogen auf die mit Corona assoziierten Risiken besser versteht. Big und Large Caps haben in dieser Hinsicht aufgrund ihrer wesentlich größeren Res- sourcen einen Wettbewerbsvorteil gegen- über Small Caps. DR. KURT BECKER FOTO : © UN I HAMBURG Covid-19-Nennungen in Geschäftsberichten Im Jahresverlauf weitet sich die Corona-Berichterstattung in den Geschäftsberichten aus. Die Zahl der Erwähnungen pro Report steigt, je später im Jahresverlauf 2020 der Bericht publiziert wurde. Dabei weitet sich der Unterschied zwischen den Firmen, die über Corona berichten, und jenen, die das nicht tun, ab der elften Kalenderwoche 2020 deutlich aus. Im Schnitt wird der Begriff „Covid-19“ im Geschäftsbericht 5,5-mal genannt, die Tendenz ist im Jahresverlauf ebenfalls steigend. Quelle: Studie » Investoren schätzen die Fähigkeit von Firmen, schnell auf globale Entwicklungen zu reagieren. « Laura Gastone, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Hamburg COVID-19 erwähnt im Geschäftsbericht (GB) Durchschn. Anzahl der COVID-19-Erwähnungen im GB COVID-19 nicht erwähnt im GB Prozentanteil an den 2019 publizierten Geschäftsberichten Durchschn. Anzahl der Corona-Erwähnungen im GB 80 % 100 % 60 % 40 % 0 20 % 10 12 8 6 2 4 Woche 16 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 Woche 5 82 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com T H E O R I E & P R A X I S : CORONA - R I S I K EN

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