Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

Corona als hilfreiches Druckmittel? Teilweise ja! Sehen Sie: Aus der Not heraus mussten sich alle mit Zoom auseinanderset- zen, von jung bis alt. Vorher hatte man das nicht gemacht. Viele haben festgestellt, dass das ganz praktisch ist. Mit der Erfahrung bringen solche technischen Lösungen auch Erfolg und Freude. Viele werden dann fest- stellen, dass sie das auch nach der Corona- Zeit nutzen können und nicht zu jedem Treffen extra anreisen müssen. Gerade im Finanzbereich wurde unglaublich viel ge- reist. Bei genauer Betrachtung war wohl oft der Erhalt des Senator-Status ausschlag- gebend dafür und nicht etwa die Relevanz des Meetings. Persönliche Besuche lassen sich sicherlich um 95 Prozent reduzieren. Natürlich geht das nicht für alle. Ein Maurer kann nicht zoomen, sondern muss mit sei- ner Kelle auf die Baustelle gehen. Aber wir werden nach Corona überall Durchbrüche sehen: in den Schulen, in der Verwaltung, in der Industrie und im Konferenzwesen. Corona kam ja von außen. Welche Kräfte wirken noch von innen, die uns bremsen? Es gibt weitere Implosionskräfte, wo wir selbst verantwortlich sind. Hier liegt vieles an den verkrusteten Verwaltungen und in der Kultur. Im Gegensatz zu den USA haben wir in Deutschland eine Silostruktur: Wer einmal in der Industrie, der Verwaltung oder der Wissenschaft ist, bleibt dort. Ren- tenansprüche und andere Dinge halten uns fest! In den USA ist jemand heute Profes- sor, wird morgen Vorstand und übermorgen Minister. Die Durchlässigkeit ist höher. In jedem dieser Sektoren können Sie aber Wissen und Erfahrung gewinnen, die Sie in anderen Bereichen einsetzen können. Die Industrie kann viel aus der Verwaltung ler- nen, etwa den Umgang mit Komplexität oder wie man Strukturen flexibilisieren kann. Umgekehrt können auch die Behör- den viel aus der Industrie lernen, zum Bei- spiel Benchmarking, das heißt, dass man sich mit den besten vergleichbaren Verwal- tungen der Welt vergleicht. Wir brauchen Offenheit und dürfen uns nicht nur am Inland orientieren. Welche deutsche Behör- de kommt auf die Idee, mal in den USA zu schauen, wie dort vergleichbare Behörden geführt werden? Da gibt es tolle Dinge, beispielsweise E-Government: Davon redet man hier nur; dort wird es seit 15 Jahren praktiziert. Oder 5G: Hierzulande denkt man, wir seien ganz vorn. Dabei ist der Rückstand schon programmiert: 70 Prozent der 5G-Anschlüsse werden 2025 in Fernost liegen, nur etwa 15 Prozent in Europa. Mobilfunk, insbesondere 5G, halten manche für gesundheitsgefährdend. Entsprechende Protestbewegungen bremsen viele Projekte aus. Wie schätzen Sie die Gefährdung ein? Das Thema, inwieweit die Mikrowellentech- nologie gesundheitsschädlich ist, ist nicht neu. Jeder Soldat weiß: Wer blind werden will, stellt sich unmittelbar vor eine Radar- antenne. Bei der hohen Leistung werden die Augen verbrannt. Aber der Leistungsabfall verläuft logarithmisch und wird schnell so niedrig, dass es gesundheitlich nicht relevant ist. Es ist richtig, dass bei 5G die Frequenz um den Faktor 10 bis 20 größer ist als bei einer normalen Küchenmikrowelle. Aber letztlich ist Mikrowelle nur eine Welle, die erwärmt. Sie erwärmt die Organe in dem Maß, wie die Strahlungsquelle in die Nähe kommt. Wir haben bei 5G folgenden Sach- verhalt: Je höher die Frequenz ist, desto ge- ringer muss der Antennenabstand sein. Die Antennenabstände liegen bei 5G zwischen 500 und 200 Metern. Es wäre gefährlich, sich direkt vor so eine Antenne zu stellen, aber das muss man ja nicht! Wofür brauchen wir 5G? Für Sie und mich reicht LTE völlig aus, bis auf eine Anwendung: autonomes Fahren! Da ist eine hohe Datendichte erforderlich. Die Kommunikationsdichte unter den Fahr- zeugen ist enorm, insbesondere an großen Kreuzungen. Außerdem gibt es eine kom- plexe Kommunikation zwischen den Fahr- zeugen, Ampeln und Schaltungen. Für den Industriestandort Deutschland halte ich es für absolut notwendig, dass wir flächen- deckend 5G haben. Neben dem autonomen Fahren brauchen wir 5G auch für die Auto- A L L E F OTO S : © S E B A S T I A N W I DMA NN » Die Chinesen wollen die Amerikaner nicht nur erreichen, sondern überholen. Sie haben beim Thema KI signalisiert, dass sie hier die ganze Welt überholen wollen. « Prof. Dr.-Ing. Kai Lucks, Honorarprofessor für M&A und geschäftsführender Gesellschafter des MMI Merger Management Instituts 68 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : KA I LUCKS | MERGER MANAGEMENT INS T I TUT

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