Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

Regierung fällt, den richtigen Zeitpunkt für einen Ausstieg aus einer Beteiligung an einem Unternehmen zu finden. Wobei hier meiner Ansicht nach ein grundsätzlicher Denkfehler vorliegt. Ein gern vorgebrachtes Argument lautet, der Staat könne erst dann wieder aus einem Unternehmen aussteigen, wenn es wieder Gewinne erzielt. Zum einen würde es dann unter Umständen noch Jahre dauern, bis sich der Staat aus seiner Commerzbank-Beteiligung wieder zurück- zieht. Zum anderen gehört das Erzielen von Gewinnen ja nicht zur Funktion einer sol- chen staatlichen Beteiligung. Es geht doch um das Thema Stabilisierung – und nicht etwa um so etwas wie das Aktienportfolio des Steuerzahlers oder des Staates. Deshalb sollten wir nicht der Illusion hinterher- laufen, der Staat beteilige sich an einem Unternehmen, um damit Gewinne zu erzie- len. Im Fall der Lufthansa geht es darum, einem innerhalb der deutschen Volks- wirtschaft dominanten Unternehmen, das immerhin einen Großteil des Luftverkehrs abwickelt, über eine schwierige Zeit hin- wegzuhelfen. Geben Sie denn eine Prognose ab, wie lang es bei der Lufthansa dauern wird, bis sich der Staat wieder verabschiedet? Achim Wambach: Das wäre reine Spekulation. Nicht nur der Zeitrahmen muss stimmen, die Lufthansa muss auch wieder in einem normalen Fahrwasser sein. Außerdem wird es Zeit brauchen, einen geeigneten Käufer zu finden. Das alles darf man nicht unter- schätzen. Insofern verstehe ich, dass der Staat kein fixes Datum festgelegt hat. Aller- dings hätte ich mir etwas mehr Verbindlich- keit gewünscht zwischen den beiden Polen „Wir nennen gar kein Datum“ und „Wir legen ein konkretes Datum fest“. Bei der Commerzbank dauert Ihnen die staatliche Beteiligung schon zu lang? Achim Wambach: Ich sehe keine Rechtferti- gung, warum der Staat weiterhin an der Commerzbank beteiligt bleiben soll – zumal das deutsche Bankensystem insofern schon besonders ist, als es auf den drei Säulen Pri- vatbanken, öffentlich-rechtliche Banken und Genossenschaftsbanken fußt. Über die Lan- desbanken und den Sparkassensektor ist der Staat ohnehin schon sehr stark in die Ban- kenszene involviert. Dass er auch noch an einer Privatbank beteiligt ist, erscheint mir nicht besonders glücklich. Insofern stellt die Beteiligung an der Lufthansa schon einen Unterschied dar. Das Luftfahrtgeschäft wird sehr lange brauchen, um sich wieder zu erholen. Auf der anderen Seite war die Lufthansa vorher ein gutes privat geführtes Unternehmen. Deswegen gibt es keinen Grund, dass der Staat länger beteiligt blei- ben sollte, als zur Überwindung der Krise tatsächlich nötig ist. Wie beurteilen Sie den Beschluss des Kabi- netts, den erleichterten Zugang zum Kurz- arbeitergeld bis Ende 2021 zu verlängern? Achim Wambach: Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, im Gegenteil. In der Finanzkrise ab 2008 war eine vergleichbare Maßnahme das Instrument, das Arbeitgeber wie auch Arbeitnehmer durch die Krise gebracht hat. Meine Sorge bezieht sich in der aktuellen Situation eher darauf, dass es diesmal zu deutlich stärkeren Mitnahme- effekten kommen könnte. Die Gesundung von angeschlagenen Unternehmen könnte durch die Verlängerung des Kurzarbeiter- » Ein Unternehmen, das kurz vor der Insolvenz steht, geht unter Umständen bewusst sehr hohe Risiken ein in der Hoffnung, vielleicht doch noch eine Überlebenschance zu haben. « Achim Wambach, Präsident des ZEW A L L E F OTO S : © CH R I S TO P H H E MM E R I CH 44 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : PROF. ACHIM WAMBACH | ZEW-PRÄS IDENT | MONOPOLKOMMI S S ION

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