Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

Im Vergleich zu 2008 ist der Staat aber durchaus einen Schritt weiter gegangen, und zwar in Form der Beteiligung an Unternehmen. War das der richtige Schritt? Achim Wambach: Auch in der Finanzkrise hat sich der Staat an Unternehmen beteiligt, allerdings an Banken und nicht solchen der Realwirtschaft. Es gab damals und es gibt heute durchaus gute Gründe für eine Betei- ligung. Schließlich wissen wir aus dem Ver- lauf früherer Krisen, in denen es Beteili- gungen in diesem Ausmaß nicht gegeben hat, dass Unternehmen, die in der Folge zum Teil über beide Ohren verschuldet wa- ren, sich extrem schwertun in Bezug auf notwendige Restrukturierungsmaßnahmen – einfach weil sie blockiert sind. Dann kann es schnell zu einem sogenannten Schulden- überhang kommen, wodurch ein Unterneh- men keine neuen Mittel mehr aufnehmen kann, obwohl die neue Kreditaufnahme für sinnvolle Investitionen dringend notwendig wäre. Aber dann muss es doch auch entsprechende Mitspracherechte des Staates geben. Achim Wambach: Die Beteiligung des Staates an Unternehmen muss natürlich ein Krisen- instrument bleiben. Niemand kann erwar- ten, dass ein Staat einfach nur Geld gibt, aber nicht auch ein gewisses Maß an Mit- spracherechten erhält. Und wenn die Krise ausgestanden ist, sollte der Staat sich auch wieder von seiner Beteiligung trennen, allein schon aus Wettbewerbsgründen. Weil es sonst zu Verzerrungen kommt? Achim Wambach: Die öffentliche Hand ist an einigen Unternehmen beteiligt oder sogar alleiniger Eigentümer wie bei der Deut- schen Bahn. Es zeigt sich, dass Unterneh- men, an denen sich der Staat beteiligt, in aller Regel einen klaren Wettbewerbsvor- sprung haben. Das bezieht sich nicht nur auf vergleichsweise günstigere Kreditkon- ditionen, weil der Staat als Miteigentümer natürlich die Verhandlungsposition eines Unternehmens verbessert. Die Politik bleibt auch der Regelsetzer in Bezug auf die wirt- schaftlichen Rahmenbedingungen. Nicht ohne Grund haben wir in der Vergangenheit häufiger erlebt, dass der Staat als Miteigen- tümer dazu neigt, die Bedingungen so zu setzen, dass sie sich für jene Unternehmen günstig auswirken, an denen er beteiligt ist. Dann war es richtig, dass die EU-Kommis- sion verdeutlicht hat, dass sie eine Staats- beteiligung an der Lufthansa nur dann er- lauben würde, wenn die deutsche Regierung einen schlüssigen Ausstiegsplan vorlegt? Achim Wambach: Grundsätzlich war es rich- tig, eine solche Bedingung zu stellen. Ande- rerseits ist es schon interessant, dass es die EU-Kommission sein musste, die eine sol- che Anforderung gestellt hat. Man hätte eigentlich erwartet, dass Regierungen, nicht nur die deutsche, in solchen Fällen von sich aus eine entsprechende Anforderung formu- lieren – allein schon um von vornherein deutlich zu machen, dass es sich um ein Kriseninstrument handelt. Wahrscheinlich war die Versuchung für Staaten zu groß, über solche Staatsbeteiligungen Industriepo- litik mitgestalten zu können. Es gab zumin- dest interessierte Kräfte, die das gern gese- hen hätten. Dann hätte durchaus die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung bestanden. Wird es ausreichen, wenn sich der Staat aus seiner Beteiligung an der Lufthansa „so schnell wie möglich“ zurückzieht, wie es die Regierung versichert hat? Achim Wambach: Aus den Erfahrungen im Gefolge der Finanzkrise – Stichwort Com- merzbank, an der der Staat immer noch be- teiligt ist – wissen wir, wie schwer es einer » Ich sehe keine Recht- fertigung, warum der Staat weiterhin an der Commerzbank beteiligt bleiben soll. « Achim Wambach, Präsident des ZEW A L L E F OTO S : © CH R I S TO P H H E MM E R I CH 42 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com THEOR I E & PRA X I S : PROF. ACHIM WAMBACH | ZEW-PRÄS IDENT | MONOPOLKOMMI S S ION

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