Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

nehmern ist zu hören, dass man frühestens 2021 in die konkrete Umsetzung gehen könne. Die Prioritäten scheinen derzeit anderswo zu liegen. Egal für welches Instrument sich eine KVG entscheidet: Am Ende müssen die zum Einsatz kommenden Instrumente in die Dokumentation eingepflegt werden, allen voran in die Vertragsbedingungen und die Verkaufsprospekte. Hier warten einige Ge- sellschaften noch die Ergebnisse aus den Arbeitskreissitzungen ab. „Die BaFin steht in engem Kontakt mit dem deutschen Fondsverband BVI, den depotführenden Stellen und den Verwahrstellen. In einer gemeinsamen Arbeitsgruppe entwickeln wir derzeit Muster, etwa für Anlagebedingun- gen“, erklärt Roegele. Auf diese Muster werden dann vermutlich die meisten Häuser zurückgreifen. ESMA-Abfragen Die Regulatoren machen indes deutlich, dass sie es ernst meinen. „Es gab vor Kur- zem bereits zwei ESMA-Abfragen, in de- nen auch der Einsatz von Liquiditäts-Tools behandelt wurde“, erklärt Rumpelt. „Im Fragebogen für UCITS-Fonds zielte eine Frage im Rahmen des Fondsauflageprozes- ses genau darauf ab. Daneben gab es einen zweiten ESMA-Fragebogen infolge einer Empfehlung der ESRB. Darin wurden einzelne große Fonds, die in erheblichem Umfang in Unternehmensanleihen oder Immobilien investiert sind, zu ihrer Liquidi- tät befragt.“ Verständlich ist das vor dem Hintergrund, dass einige Immobilienexper- ten coronabedingte Rückgänge bei Büro- immobilien und Shopping Malls befürchten, was dann auch Einfluss auf deren Veräußer- barkeit haben dürfte. Am Ende des Tages werden die Bewer- tung des Liquiditätsrisikos und dessen Ma- nagement durch die KVG prüfungsrelevant sein. „Als Wirtschaftsprüfer müssen wir natürlich auch einen Blick darauf haben, wie eine Gesellschaft ihre Liquiditätsrisiken managt. Daneben kann die BaFin auch Son- derprüfungen veranlassen.“ Solche Sonder- prüfungen könnte es beispielsweise bei exotischen oder gehebelten Stra- tegien geben. „Das wäre ein relativ normaler Vorgang. Die Unterneh- men müssen ihr Geschäft ohnehin laufend schärfen“, meint Rumpelt. Die KVGen stellen sich darauf ein, dass Liquiditätsmanagement wichtiger wird. Einige setzen einfa- che, aber unmittelbar wirkende In- strumente in der Asset Allocation ein; einige nutzen liquiditätssteuernde In- strumente beim Fondsanteilshandel; und ei- nige berücksichtigen die Liquiditätsströme des Marktes gezielt im Asset Management und im Handel. Zum ersten Kreis zählen etwa Cashquo- ten, um den möglichen Liquiditätsbedarf der Kunden abzufangen. „Die einfache Regel bei uns als Haftungsdach ist, dass nach Rücksprache mit den KVGen ein Wie schützenswert ist der „kleine Mann“? In Publikumsfonds stecken sowohl private als auch institutionelle Gelder. Gut möglich, dass institutionelle Investoren Publikumsfonds als Liquiditätspuffer und zur Kollektivierung von transaktionsbedingten Kosten benutzen. D er „kleine Mann“ lässt sich politisch leicht als schützenswertes Individuum darstellen, wenn es um die Forderung nach regulatorischen Maßnahmen geht. Abgesehen davon, dass hinter den großen institutio- nellen Investoren meist eine Vielzahl von Privatmenschen steht, die es zu versorgen gilt, ist die Frage des Schutzes der „Kleinen“ vor den „Großen“ tatsächlich interessant. Gerade bei Publikumsfonds tritt sie auf, weil dort keine scharfe Trennung zwischen (kleinen) privaten und (großen) institutionellen Anlegern möglich ist. Bedauerlich ist, dass es keine belastbaren Statistiken gibt, welcher Anteil der Publikumsfonds auch institutionelle Tranchen hat und wie viel institutionelles Geld in den Publikumsfonds tatsächlich steckt. Aber es lassen sich Schlüsse aus den unterschiedlichen Daten ziehen. Publikumsfonds: Ein Drittel Institutionelle Der BVI veröffentlicht, dass derzeit gut 1.000 Milliarden Euro in offenen Publikumsfonds stecken. Die Statistik der Deutschen Bundesbank weist aus, dass private Haushalte Ende 2019 rund 650 Milliarden Euro in Investmentfonds investiert hatten. Bei der Differenz dürfte es sich um insti- tutionelle Gelder handeln, die in Publikumsfonds stecken. Das wären 350 Milliarden Euro, also etwa ein Drittel des deutschen Publikumsfondsvermögens. Die Zu- und Abflüsse, die der BVI veröffentlicht, lassen einen ähnlichen Rück- schluss zu: In der Statistik zu zum ersten Quartal 2020 – zu Hochzeiten der Coronakrise – sah man Rückflüsse bei Publikums- und Zuflüsse bei Spezialfonds. Die Rückflüsse fanden aber eher in den Assetklassen statt, die atypisch für private und eher typisch für institutionelle Anleger sind: Rentenfonds, insbesondere Kurzläufer-Renten. Erst in im zweiten Quartal 2020 fanden auch bei den Spezialfonds leichte Rückflüsse statt. Folgender Schluss ist denkbar: Die institutionellen Investoren lösten zuerst ihre Bestände in Publikumsfonds auf, um rasch Liquidität zu schaffen. Erst als sich abzeichnete, dass weiter Liquiditätsbedarf besteht, verkauften sie auch ihre Spezialfondsbestände … liquidi- tätsschonend. Wenn diese Überlegung zuträfe, würden insti- tutionelle Anleger mit ihren gleichgerichteten Entscheidun- gen und großen Tickets die Privatanleger in den Publi- kumsfonds belasten, denn alle Anleger tragen die Trans- aktionskosten und auch die aus den ruckartigen Bewegun- gen resultierenden impliziten Kosten. Pflicht zum Forward Pricing Die meisten institutionellen Investoren würden das weit von sich weisen. Das war auch so, als der Regulator sich gezwungen sah, feste Cut-off-Zeiten und die Pflicht zum Forward Pricing einzuführen. Damit konnten die Fonds- gesellschaften ihre Großanleger nicht mehr bevorzugt bedienen, wenn diese beispielsweise einen Absturz an den asiatischen Börsen sahen und noch zu den Preisen von gestern (Backward Pricing) ihre Gelder aus dem entspre- chenden Fonds ziehen wollten – zulasten der im Fonds verbleibenden Anleger. Das damals noch zulässige Back- ward Pricing räumte gut informierten Investoren einen Vorteil durch Arbitrage-Geschäfte ein, und die typischer- weise etwas langsamer agierenden Privatanleger zahlten die Zeche. Auch beim Liquiditätsdesaster der deutschen offenen Publi- kumsfonds ist davon auszugehen, dass die großen Anteils- rückgaben, die die Fonds erst in die Bredouille brachten, eher aus dem institutionellen als aus dem privaten Lager kamen, vielleicht unter anderem auch von Dachfonds. Immerhin hatten die Fonds bis weit hinein in die Finanz- krise noch ordentlich performt, und Privatanleger unterla- gen keinem ausgeprägten Verkaufsdruck, Institutionelle aber schon. Die Frage, ob Privatanleger in Publikumsfonds vor institutionellen Anlegern zu schützen sind, lässt sich dadurch zwar nicht eindeutig beantworten, aber gänzlich aus der Luft gegriffen ist diese Möglichkeit nicht. » Wir wollen wissen: Wer handelt? In welchen Volumina? Welche Anleihe? Wie ist die Geld-Brief-Spanne? « Markus Peters, Senior Investment Strategist Fixed Income bei AllianceBernstein (AB) N o. 3/2020 | www.institutional-money.com 259 S T E U E R & R E C H T : L I QU I D I T Ä T

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