Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

Empfehlungen heraus, und die ESMA gibt den Druck weiter. Sie veröffentlichte im September 2019 ihre „Leitlinien für Liqui- ditätsstresstests von OGAWs und AIFs“. Verpflichtende europaweite Stresstests bedeuten, dass auch deutsche Kapitalver- waltungsgesellschaften zum Management ihrer Liquiditätsrisiken auskunftsbereit sein müssen. So macht sich auch die BaFin für eine regulatorische Änderung stark. Der Gesetzgeber hat die entsprechenden Rege- lungen am 27. März 2020 im Bundesgesetz- blatt veröffentlicht und damit drei Liquidi- tätsmanagementinstrumente ins Kapitalanla- gegesetzbuch (KAGB) eingefügt. In Kraft getreten sind die Maßnahmen am 28. März. Management statt Schließung Jetzt haben auch deutsche offene Invest- mentfonds drei Instrumente zur Liquiditäts- steuerung zur Auswahl: Swing Pricing, Rücknahmefristen von bis zu einem Monat und Rücknahmebeschränkungen (siehe Kas- ten „Toolbox zum Management von Liquidi- tätsrisiken“) . „Die in Deutschland neu ein- geführten Liquiditäts-Tools sind freiwillig. Die Fondsgesellschaften können sie einset- zen, müssen es aber nicht“, erklärt Rumpelt. Eine gewisse aufsichtsrechtliche Erwartungs- haltung gibt es aber. „Die BaFin geht davon aus, dass die KVGen die Liquiditätsma- nagementinstrumente entsprechend der Portfoliozusammensetzung so- wie der Anlegerstruktur der Fonds einsetzen werden“, erklärt ein BaFin-Sprecher. Gegenüber unserem Schwe- stermagazin FONDS profes- sionell sagte Elisabeth Roege- le, Exekutivdirektorin Wertpa- pieraufsicht und Vizepräsiden- tin der BaFin: „Wir haben durchaus die Erwartung, dass die Kapitalverwaltungs- gesellschaften sich zügig und ernsthaft mit der Frage be- schäftigen, ob und welche der neuen Maßnahmen zur Liqui- ditätssteuerung sie einsetzen.“ Schließlich sei es nicht ziel- führend, die Augen vor mögli- chen Risiken zu verschließen. „Spätestens wenn es zu hohen Mittelabflüssen kommt, ist ein Fonds mit einer Rücknahme- beschränkung immerhin im Vorteil gegenüber einem Portfolio, das in dieser Situation geschlossen werden muss“, erklärt Roegele. Die deutschen Fondsgesellschaften haben sich an die Arbeit gemacht. „Die Gesell- schaften befassen sich im Augenblick da- mit, die Liquiditätsrisiken in ihren Fonds zu bewerten“, erklärt Rumpelt. Dazu müssen sie jetzt die einzelnen Asset- und Subasset- klassen dahingehend untersuchen, ob und gegebenenfalls wann es dort zu Liquiditäts- engpässen kommen kann. Anschließend ist zu prüfen, bei welchen Produkten welches Tool sinnvoll eingesetzt werden kann. Was die Auswahl der Instrumente betrifft, hängt es von den Kapazitäten und der jeweiligen Risikosituation ab, mit welchem Instrument eine Gesellschaft startet. „Die Tools sind sehr unterschiedlich im Auf- wand, was den Implementierungsprozess angeht“, meint Rumpelt. „Swing Pricing ist prozessual am aufwändigsten.“ Womöglich ist das der Grund, weshalb sich die meisten Gesellschaften als Erstes mit Redemption Gates beschäftigen. Für das Liquiditätsmanagement müssen neben den KVGen auch die Depotbanken der Fonds und die depotführenden Stellen der Investoren mit ins Boot geholt werden. Ohne sie ist es kaum möglich, beispielswei- se Rücknahmebeschränkungen einzuführen, sobald ein bestimmter Schwellenwert er- reicht ist. Oder beim Gating: In Deutsch- land melden die Verwahrstellen bislang den KVGen bei Rückgaben lediglich eine ag- gregierte Anzahl ohne die dann künftig erforderlichen Details zur Aufsplittung. Aus KVG-Kreisen ist zu hören, dass es im Zu- sammenspiel mit den Banken noch nicht ganz rund läuft. „In der Tat müssen auch die Verwahrstel- len technische Lösungen schaffen, um die entsprechenden Tools abbilden zu können. Grundsätzlich ist das aber begrüßenswert und in einer gut funktionierenden System- landschaft auch umsetzbar“, erklärt Anja Schlick, Head of Relationship Management Financial Assets bei Hauck & Aufhäuser, einer Verwahrstelle für Fonds. Sie verweist darauf, dass die Möglichkeit des Swing Pricing oder auch der Redemption Gates an internationalen Fondsstandorten wie Luxem- burg seit Längerem gegeben ist. „Wir pro- fitieren hier als Hauck & Aufhäuser in Deutschland von der Expertise unserer Ein- heiten in Luxemburg“, ergänzt sie. Die branchenübergreifende Arbeitsgruppe muss hier wohl noch Kompromisse erarbei- ten. „Die notwendigen Prozesse und Kom- munikationswege mit den Verwahrstellen mittels SWIFT-Meldungen lassen sich nicht von einem Tag auf den anderen umsetzen. Dazu bedarf es einer technischen Vorlauf- zeit von mehreren Monaten, vielleicht sogar einem ganzen Jahr“, schätzt Rumpelt die Dauer ein. Auch von anderen Branchenteil- FOTO : © A L L I ANCE B E RNS T E I N Grundsatz des Liquiditätsrisikomanagements Fondsgesellschaften müssen Rücknahmen und Marktliquidität im Auge behalten. Liquiditätsrisiken bei Fonds gibt es schon immer. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin nimmt Kapitalverwaltungsgesellschaften nun aber verstärkt in die Pflicht, ihre Liquiditätsrisiken zu managen, sprich: die Risiken zu analysieren und zum jeweiligen Fonds und zur Assetklasse passende Maßnahmen vorzusehen. Quelle: BaFin Liquiditätsrisiko auf der Aktivseite (Marktliquiditätsrisiko) Quantifizierung des Liquiditätsrisikos anhand von Kennzahlen Liquiditätsrisiko auf der Passivseite (Rücknahmerisiko) Portfolio Barmittel Zahlungs- verpflichtungen Bewertung der Liquidität der im Investment- vermögen enthalte- nen Vermögens- gegenstände Einschätzung tatsächlicher und erwarteter Mittel- abflüsse und sonsti- ge Zahlungsver- pflichtungen 258 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : L I QU I D I T Ä T

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