Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

D ie Coronakrise hat wieder einmal offengelegt, dass die tägliche Liquidität, die Fondsgesellschaften sicher- stellen müssen, ein grundsätzliches Problem darstellt. Bei jeder unerwarteten Häufung von Fondsverkäufen kommt der Punkt, an dem Liquidität im Fonds nicht mehr gebo- ten werden kann, weil der dem Fonds zu- grunde liegende Markt die notwendige Liquidität – vorübergehend – nicht auf- weist. Europäische und deutsche Regu- latoren fordern nun, dass die Liquidität bei Fonds durch geeignete Instrumente überwacht und gemanagt werden muss. Das ist allerdings leichter gefordert als umgesetzt, denn das Liquiditäts- bezie- hungsweise das Illiquiditätsproblem tritt bei Fonds immer dann auf, wenn die Assetklasse, in die der Fonds investiert, vorübergehend nicht die Liquidität aufweist, die von den Inhabern der Fondsanteile gewünscht wird. Und natürlich ist das prak- tisch ausnahmslos in Krisenzeiten der Fall. Zuletzt eben im März dieses Jahres. Welt- weit wurde die Handelbarkeit der Papiere im Bond-Bereich zum Thema. Und das nicht nur im High-Yield-Segment – Corpo- rate Bonds generell und sogar Kurzläufer sahen eine massive Liquiditätsverknappung. „Einen solchen Spreadanstieg haben wir vorher noch nicht gesehen“, bestätigt Markus Peters, Senior Investment Strategist Fixed Income beim global tätigen Asset Manager AllianceBernstein (AB): „Bei High Yields sind die Spreads von 300 auf über 1.000, teilweise sogar bis 1.200 angestiegen. Der Markt wurde regelrecht geschwemmt mit dem Verkauf von Anleihen, und die Gegen- seite war nicht da.“ Am Ende seien sogar mit die liquidesten Instrumente auf den Markt gespült worden: US-Treasuries. Auch einige deutsche Fondshäuser ächzten unter dem Liquiditätsmangel. Sie verzeichneten im März und April 2020 insgesamt Netto- mittelabflüsse – sowohl bei Publikums- als auch bei Spezialfonds. Das rief auch die BaFin auf den Plan. „Zu diesem Zeitpunkt führte die BaFin zunächst eine tägliche Mit- telabflussabfrage bei den KVGen durch. Ab Mai 2020 hat sich die Situation jedoch wie- der beruhigt, daher führt die BaFin die Abfrage derzeit nur noch im Wochenturnus durch“, erklärte ein BaFin-Sprecher Anfang September. Weil die Liquiditätskrise am Markt diesmal nur kurz andauerte, ging es Liquidität wurde zur Coronakrise wieder einmal zum Thema. Die BaFin möchte von den Fondsgesellschaften jetzt verstärkt Maßnahmen zum Liquiditätsmanagement sehen. Ende März wurden auch deutschen Fondsgesellschaften drei Instrumente an die Hand gegeben. FOTO : © DE LO I T T E , GR I S P B | S TOCK . ADOB E . COM » Die Tools sind sehr unter- schiedlich im Aufwand, was den Implementierungsprozess angeht. « René Rumpelt, Partner Deloitte Gefährliche Austrocknung Fondsschließungen Wenn ein Fonds seine Anteile nicht mehr zurücknimmt, ist dies ein Alarmsignal. W enn an den Märkten alles glatt läuft, ist die Marktliquidität im Regelfall berechen- bar. Inwiefern es zu großen Anteilsrückgaben kommt, sollten die Fondsgesell- schaften vertriebsseitig im Griff haben. Doch trotz verschiedener Maßnahmen kam es immer wieder zu Fondsschließungen – teils vorübergehend teils endgültig. Mai 2010: Mehrere offene Immobilienfonds in Deutschland müssen schließen (u. a. von Morgan Stanley, SEB, Kanam, Deka, Axa). Grund: mehr Anteilsrücknahmen, als die Fonds bedienen konnten. Konsequenz: Offene Immobilien-Publikumsfonds haben seit Juli 2013 Halte- und Kündigungsfristen von 24 beziehungsweise 12 Monaten. Nach dem Brexit-Referendum 2016: Einige offenen Immobilienfonds mussten wegen erhöhter Anteilsrückgaben schließen (u.a. Fonds von Standard Life und Aviva) Juni 2019: Der Aktienfonds Woodford Equity Income Fund des britischen Starfonds- managers Neil Woodford muss schließen. Grund: Woodford hat zu viel in illiquide, nicht börsengehandelte Aktien kleiner und junger Unternehmen investiert. August 2019: GAM gibt bekannt, bei neun Anleihenfonds keine Anteilsscheine mehr zurückzunehmen. Grund: Meldung über die Suspendierung des Fondsmanagers Tim Haywood, weil dieser bei seinen Anlagen interne Vorschriften verletzt hatte. März/April 2020: Bei einigen britischen Immobilienfonds gibt es „Liquidity Issues“. Grund: coronabedingte Engpässe bei Gewerbe- und Büroimmobilien. Einige der in der EU vertriebenen Vola-, Reverse- und gehebelten Fonds müssen schließen. Grund: Die Vola stieg, während die Liquidität austrocknete. Die zur französischen Natixis-Gruppe gehörende Fondsboutique H2O muss mehrere Global- Macro-Fonds vorübergehend schließen. Insgesamt mussten laut ESMA zwischen Mitte März und Mai 2020 rund 200 EU- und britische Fonds (von 60.000 Fonds) die Rücknahme ihrer Anteile aussetzen. September 2020: Acht ETFs von WisdomTree werden zum 8. September geschlossen. Quelle: eigene Recherchen 254 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : L I QU I D I T Ä T

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