Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

fest. Solange man aber mit risiko- losen Anlagen noch fünf bis sechs Prozent verdienen konnte, habe niemand das Thema ernst genommen. „Hinzu kommt, dass jetzt erstmals ein massiver Rent- nerbestand da ist. Vorher waren ja alle Systeme noch im Aufbau.“ Diesen Effekt habe man leider kollektiv unterschätzt. Es wird noch mehr Kassen erwischen. Mehr Aufsicht Weil die Realität so ist, wie sie ist, befürchtet Thurnes, dass noch weitere Pensionskassen unter die intensivierte Aufsicht der BaFin fallen werden. „Es ist nichts Ver- kehrtes daran, wenn die BaFin aufpasst!“ Er erklärt, wie es dazu kommen kann. „Die Regeln für intensivier- te Aufsicht sind so: Es gibt eine Prognose im Herbst über fünf Jahre, die alle Kassen errechnen müssen. Dafür gibt es zwei Sze- narien: das ALM, also die Annahme, wie die Kasse glaubt, dass es bei ihr in der Ver- mögensanlage laufen wird, und das BaFin- Szenario. Dies besagt, dass die Kasse für jegliche Neuanlagen nur noch 0,4 oder 0,5 Prozent Zins bekommt. Wenn es im BaFin- Szenario mit der Perspektive von fünf oder 15 Jahren ein Jahr gibt, wo man es in der Prognose nicht schafft, ist man unter inten- sivierter Aufsicht.“ Eine Ausnahme gebe es: Die Kasse kann das Trägerunternehmen da- zu bewegen, sich schriftlich zu verbürgen, für den Finanzmangel geradezustehen. „Über kurz oder lang besteht keiner mehr das BaFin-Szenario; zumindest keiner, der noch alte Garantien auf den Büchern hat“, meint Thurnes. Das bedeute aber nicht immer, dass in der Vergangenheit Fehler gemacht wurden: „Hätte eine Kasse damals, als man 3,5 Pro- zent garantieren durfte, in einem Tarif nur zwei Prozent garantiert, hätte das die BaFin hinterfragt und als ungerecht bezeichnet“, meint Thurnes. „Dabei ging es um die Gleichbehandlungsfrage in der Wertschöp- fung.“ Es sei keinesfalls einfach gewesen, einen Garantiezins unterhalb des zulässigen Satzes auszuloben, wie es jetzt im Nach- hinein als vernünftig angesehen wird. Bessere Lösung „Für die jetzt niedrigen Zinsen können die Pensionskassenmanager nichts, und eine steuerbefreite Pensionskasse hat auch keine Möglichkeit, Puffer oder freie Rücklagen zu bilden. Wenn sie stille Reserven hat, muss sie die Hälfte davon an die Versicherten abgeben.“ Man merkt deutlich, dass er Pensionskassen für das bessere Instrument zur Altersvorsorge hält: „Selbst wenn es bei Pensionskassen hier und da zu Leistungs- kürzungen kommt, sind die resultierenden Leistungen in aller Regel deutlich höher als bei vielen Versicherungsangeboten, die man stattdessen hätte nehmen können.“ Keine Vollharmonisierung! Er ist strikt dagegen, dass Versicherungen und Pensionskassen die gleichen Regularien erhalten. „Die bAV hat als Kernelement den Arbeitgeber und alles, was damit zusam- menhängt, beispielsweise auch den PSV. Im Gegensatz dazu ist Solvency II auf extreme Sicherheit getrimmt, weil Versicherungen eben ohne den Dritten, den Arbeitgeber, klarkommen müssen.“ Eine Vollharmoni- sierung, wie sie die EIOPA anstrebt, sei für Pensionskassen nicht bewältigbar: „Die Vorschriften und die Bürokratie wären viel zu teuer! Problematisch ist zudem, dass EIOPA von niemandem wirklich beaufsich- tigt wird“, wird Thurnes politisch. ANKE DEMBOWSKI FOTO : © WOL F HE I DE R- S AWA L L » Wir müssen das Problem der Altbestände mit Garantien irgendwie bewältigen. « Dr. Georg Thurnes, bAV-Berater und Aktuar, ThurnesbAV GmbH Das Problem der Altbestände mit Garantien lässt sich nur bewältigen, indem die alten Besitzstandsregelungen aufgeweicht werden und eine gewisse Umverteilung stattfindet. „Ich gehöre dann auch zu denen, die etwas abgeben müssen“, meint Dr. Georg Thurnes, „aber anders geht es nun mal nicht!“ Dabei legt er sein privates Handy neben sein Geschäfts-Handy. 252 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com S T E U E R & R E C H T : POR T RÄ T VON DR . GEORG THURNE S | THURNE S BAV

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