Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

Bei der Ausübung zeigt man sich bei dem Fonds durchaus aktiv, wurde doch in sieben von 18 Fällen auf einer Hauptversammlung zumindest ein Mal gegen das Management gestimmt. In elf Fällen gingen alle Anträge durch. Absolut gesehen wurde bei der Wahl des Verwaltungsrates am häufigsten gegen die bestehenden Vorschläge gevotet – näm- lich in neun Fällen. Im Gegensatz zu den 149 Zustimmungen zeigte sich der Stenfo hier weit weniger streitlustig als beim Thema „Vergütung Geschäftsleitung“, hier wurde 28-mal zu- und viermal dagegen ge- stimmt, was einer aktiven Ablehnungsrate von 13 Prozent gleichkommt. Performance first Stellt man die Frage, welche Abstriche der Stenfo für seine ESG-Performance hin- zunehmen bereit ist, ist interessant, was bei der Antwort zwischen den Zeilen heraus- kommt: „Die beschlossenen Maßnahmen haben zum Ziel, die Situation der beiden Fonds zu verbessern, ohne negative Auswir- kungen auf die Performance oder die Diver- sifikation in Kauf zu nehmen.“ Sprich: Per- formance first, ESG second. Wobei man natürlich argumentieren kann, dass die Fi- nanzierung der nuklearen Entsorgungs- und Stilllegungskosten (siehe Grafiken „Wann die Kosten anfallen“ und „Wie die Still- legung greift“) an sich schon ein operatives ESG-Ziel darstellt und man in Investment- fragen dementsprechend ein wenig flexibler sein kann. Bedeckt hält man sich jedenfalls bei der Frage nach dem Ausblick und allfälligen Auswirkungen von Covid-19 – hier weist man zunächst in puncto strategischer Aus- richtung auf einen „kontinuierlichen Pro- zess“ hin, so Strässle. „Dazu gehört die pe- riodische Überprüfung der Anlagestrategie. Der Prozess zur Überprüfung wird bei Vor- liegen einer neuen Kostenstudie initiiert und bei Hinweisen des eigenen Frühwarnsys- tems, welches mit Risikoindikatoren arbei- tet.“ Die Daten dazu werden vierteljährlich aufgearbeitet und sind in die Berichterstat- tung des Investmentcontrollers integriert. Ruhige Hand „Anpassungen der Strategie sind zurzeit nicht geplant“, erklärt Strässle. Etwas diffe- renzierter sieht es beim kurzfristigen En- gagement aus – Kursschwankungen, die an den Aktienmärkten die 30-Prozent-Marke knackten, konnten selbst von den sehr be- dachten Schweizern nicht ignoriert werden. Der Anlageausschuss beurteilt die Situation an den Finanzmärkten laufend und trifft Entscheidungen zum taktischen Kauf oder Verkauf von Wertschriften, wenn aufgrund von Marktbewegungen die Abweichungen zu den definierten Strategiewerten zu groß werden. „Die Verwerfungen an den Finanz- märkten im Frühjahr 2020 als Folge von Covid-19 nutzte der Anlageausschuss ent- sprechend für maßvolle Reallokationen.“ Fazit In der Diskussion über Sinn und Unsinn von Staatsfonds liefert der deutsche Kenfo als Pionier bereits überzeugende Argumente für eine Veranlagung von öffentlichen Gel- dern am Kapitalmarkt. Skeptiker könnten jedoch auf die mangelnde Historie hinwei- sen und die bislang guten Ergebnisse als Glückstreffer abtun. Der Schweizer Atom- fonds investiert hingegen seit 1984 für sehr ähnliche Ziele, liegt geografisch nahe, ver- fügt sogar über ein ausgeprägteres Risiko- profil und kann über Jahrzehnte hinweg auf eine Outperformance der gesetzlichen Ziele verweisen. Das sollte den Verfechtern von Staatsfondslösungen in Deutschland und Österreich eigentlich einiges an Munition liefern. HANS WEITMAYR Ähnlich, aber … Wie sich die Stilllegungs- Komponente des Stenfo langfristig entwickelt hat Liegt der Ist-Betrag pro Kernanlage und Fonds während zwei aufeinander folgenden Jahren (Bilanzstichtag) um zehn Prozent oder mehr unter dem maßgebenden Soll- Betrag, beschließt die Kommission Maßnahmen zur Schließung der … 2019 2015 2010 2007 0 1000 2000 3000 Mio. CHF Soll-Betrag per 31. 12. Untere Bandbreite Ist-Betrag per 31. 12. … nicht ident Wie sich die Entsorgungs- Komponente des Stenfo langfristig entwickelt hat … Kapitallücke innerhalb „angemessener Frist“, wie es in den Statuten des Stenfo heißt. Beim Entsorgungsfonds musste man derartige Sorgen nicht einmal nach der großen Finanzkrise haben. Quelle: Stenfo 2019 2015 2010 2007 0 450 900 1350 1800 Mio. CHF Soll-Betrag per 31. 12. Untere Bandbreite Ist-Betrag per 31. 12. » Die Verwerfungen an den Finanzmärkten als Folge von Covid-19 nutzte der Anlageausschuss für maßvolle Reallokationen. « Christof Strässle, Vorsitzender des Stenfo-Anlageausschusses Online-Version: QR-Code scannen oder auf www.im-online.com/Atom320  246 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : S TAAT S FONDS

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