Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

abnehmendem Risikobudget verabschie- det“, wie Christof Strässle, Vorsitzender des Anlageausschusses, erklärt. An dieser Stelle haben sich bereits die ersten Eigenheiten des Stenfo herausgebil- det: Zum ersten ist die organisatorische Struktur sehr komplex, bestehen doch seit 2001 zwei verschiedene, wenngleich fast idente Anlagestrategien, die die unterschied- lichen Prozesse „Entsorgung“ und „Still- legung“ finanzieren sollen. Hinzu kommen zwei eigene Entsorgungs- und Stilllegungs- strategien für Mühleberg, womit der Stenfo für ein und dasselbe Thema de facto vier Strategien fährt, was für den Betrachter – und fallweise die Steuerzahler – relativ unübersichtlich wirken kann. Zum Zweiten spielen Behörden und Poli- tik extrem stark in die Entscheidungsprozes- se hinein, wie sich nicht zuletzt an den sehr formalistischen (nicht vollständig angeführ- ten) Zitaten ablesen lässt, die mit Begriffen wie „verabschieden“, „gemäß den gesetzli- chen Vorgaben’ und anderen Absicherungs- formulierungen gespickt sind. Potenziell aggressiv Stellt sich natürlich die Frage, ob derarti- ge Komplexitäten der Performance im Weg stehen oder nicht. Zu diesem Zweck wollen wir uns die per 18. 9. 2020 vorgestellte und vom Bundesrat abgesegnete Allokation näher ansehen (siehe Tabelle „Nuklearfreie Allokation“) : Hier ist auffällig, dass der Fonds aktuell null Liquidität hält und die mögliche Bandbreite von maximal fünf Prozent unangetastet lässt. Die Investitions- quote von Aktien liegt mit 30 Prozent in der Mitte der möglichen Band- breite – dasselbe gilt für alter- native Anlagen mit fünf Pro- zent. Spannend: Alternatives können bis zu zehn Prozent des Portfolios ausmachen. Das bedeutet, dass sich der Fonds im Fall der Fälle bis zu 40 Prozent mit Aktien und zehn Prozent mit Alternatives eindecken kann – was für einen institutionellen Fonds durchaus als aggressiv zu wer- ten wäre. Wir erinnern uns: Der deutsche Kenfo hat eben erst 7,25 Millionen von den bis dato veranlagten rund zwölf Milliarden Euro in Alternatives investiert, was einer Quote von verschwin- denden 0,06 Prozent entspricht. Satellitenstrategie Die beschriebenen Assets werden von den Schweizern im Rahmen einer Satelli- tenstrategie investiert, bei der „rund 65 Pro- zent des Fondsvermögens passiv bezie- hungsweise indexiert investiert sind und rund 35 Prozent aktiv bewirtschaftet wer- den. Faktorstrategien spielen auf der Stufe der Anlagestrategie eine nachgelagerte Rol- le und kommen primär bei der Anlagetaktik zum Einsatz“, so Strässle. Die beiden Fonds sind auf einen lang- jährigen Anlagehorizont ausgerichtet. Im Gegensatz „zu einer Pensionskasse, bei welcher Deckung und Liquidität jederzeit gewährleistet sein müssen, erfolgen Zahlun- gen aus den Fonds erst nach Außerbetrieb- nahme der heute noch in Betrieb stehenden Kernkraftwerke“, erläutert Strässle In den vergangenen fünf Jahren wurden für beide Fonds eine Anlagerendite von 3,5 Prozent sowie eine Teuerungsrate von 1, 5 Prozent zugrunde gelegt. Seit Jahreswechsel liegen diese Werte bei 2,1 respektive 0,5 Prozent. Die zu erzielende Realrendite ist somit von 2,0 auf 1,6 Prozent per annum zurückgegangen. Outperformance Die tatsächlich erzielten effektiven Real- renditen betragen für den Stilllegungsfonds von 1985 bis 2019 aber 4,15 Prozent im Jahr. Für den Entsorgungsfonds liegt die Nettorendite von 2002 bis 2019 bei 3,58 Prozent jährlich. „Gegenüber der budgetier- ten Realrendite von 2,0 Prozent liegt der Stilllegungsfonds somit 2,15 Prozentpunkte und der Entsorgungsfonds 1,58 Prozent- punkte über dem budgetierten Wert“, so ein zufriedener Strässle. Doch auch kurzfristig, also im Jahr 2019, hat man sich in einem insgesamt starken Umfeld ziemlich gut geschlagen: Je nach Fonds reichten die Renditen von 12,26 bis sogar 13,09 Prozent. Damit liegt man über dem deutschen Vergleichswert des Kenfo, der wie erwähnt ein Plus von 10,2 Prozent erwirtschaften konnte. ESG-Komponente Für einen Staatsfonds, der sich um den Ausstieg aus der Atomkraft kümmern soll, ist das Thema ESG natürlich ein kritisches. Dieses spielt sich für den Stenfo auf verschiedenen Ebenen ab – da wäre zunächst einmal das eigene Engage- ment. „Dieses wird aktiv bei allen investierten Unternehmen ausgeübt, die im Schweizer SMI-Aktienindex gelistet sind. Die Aktionärsstimmrechte für Aktien außerhalb des SMI wer- den aktuell nicht wahrgenom- men. Der Umgang mit diesen Stimmrechten wird derzeit überprüft“, kündigt Strässle an. » Die ESG-Situation soll verbessert werden, ohne negative Auswirkungen auf die Performance oder die Diversifikation in Kauf zu nehmen. « Christof Strässle, Vorsitzender des Stenfo-Anlageausschusses Nuklearfreie Allokation Potenziell kann der Schweizer Stenfo eine ziemlich aggressive Allokation fahren. Aktuelle Taktische Bandbreiten Position min. max. Liquidität 0 % 0 % 5 % Obligationen CHF 20 % 14 % 26 % Obligationen Fremdwährungen Staatsanleihen (hedged) 15 % 11 % 19 % Obligationen Fremdwährungen Corporate Credit (hedged) 15 % 11 % 19 % Aktien 30 % 20 % 40 % Immobilien Schweiz 7 % 4 % 10 % Immobilien Ausland (hedged) 8 % 4 % 12 % Alternative Anlagen 5 % 0 % 10 % Quelle: Stilllegungsfonds für Kernanlagen | Entsorgungsfonds für Kernkraftwerke 244 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : S TAAT S FONDS

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