Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

den Emerging Markets gegenüber dem MSCI Emerging Markets Index knapp, aber doch bei der gelieferten Performance das Nachsehen hatten (siehe Grafik „Nachhal- tigkeit zahlt sich aus“). Dass während der Krise ESG-Strategien in den Schwellenländern enttäuschten, zei- gen unter anderem auch zwei Studien von Morningstar und Scope. Beide Häuser ha- ben sich im Gegensatz zu den bisher ange- führten Analysen die Performance von am Markt befindlichen Investmentfonds angesehen (siehe Kasten „Nachhaltig- keitsfonds im Härtetest“ am Ende die- ses Beitrags) . Investoren müssen sich aber nunmehr nicht von Nachhaltig- keitsstrategien in den Emerging Markets abwenden: Auf lange Sicht erfüllen ESG-Aktien aus den Emerging Markets die in sie gesetzten Erwartungen und Hoffnungen. Wenn man den Beobach- tungszeitraum auf längere Zeitfenster aus- dehnt, schlagen ESG-Strategien auch in den Schwellenländern die klassischen Bench- marks. E, S oder G? Egger ist auch der Frage nachgegangen, welcher der drei ESG-Faktoren im Studien- zeitraum die Performance am stärksten beeinflusste (siehe Grafik „ESG unter der Lupe“) . Er kommt zum Ergebnis, dass Unternehmen mit einem guten „E“-Rating sowohl in den OECD- als auch in den Schwellenländern für Outperformance sorg- ten. Der Faktor „S“ brachte in beiden Anlageregionen Eggers Auswertung nach sogar einen negativen Performancebeitrag. „Das G-Rating hingegen hat in den Deve- loped Markets eine Rolle gespielt (+3,4 %), während in den Emerging Markets dieser Faktor keine Relevanz hatte“, ergänzt Eg- ger. Dass die drei Buchstaben des Akro- nyms ESG unterschiedlich zur Performance beitrugen, zeigt auch eine entsprechende Untersuchung von Invesco für das erste Halbjahr 2020. Diese ergibt, dass „E“ vor allem am Höhepunkt des Ausverkaufs im März für eine klare Outperformance (zirka 6,5 %) sorgte, dieser Renditevorsprung bis Ende Juni 2020 aber wieder fast vollständig dahinschmolz. Stark entwickelte sich in der Krise auch das „S“ (4 % in der Spitze) und konnte bis Halbjahresende zumindest eine Outperformance von rund zwei Prozent ins Ziel retten. Wenig spektakulär, dafür aber stabiler ist die Outperformance von „G“, die im Zeitverlauf um die zwei Prozent schwankte (siehe Grafik „Spitzenentwick- lung“). Mehrere Gründe Dass nachhaltiges Investieren bei den allermeisten Vergleichen Outperformance lieferte, liegt an mehreren Faktoren. Für Fidelity-Mann Tann sind gute ESG-Ratings ein grundlegendes Indiz für die Qualität des Managements. „Robustere Unternehmen sind auch im Abschwung besser in der La- ge, Chancen zu nutzen und sich für den fol- genden Aufschwung gut zu positionieren.“ Nina Lagron, Head of Large Cap Equities bei La Française AM, zufolge befinden sich Unternehmen, die eine ESG-Strategie und damit einen ganzheitlichen Ansatz zur Wert- schöpfung verfolgen, bereits auf einem Transformationsweg, der die Unternehmung Schritt für Schritt flexibler macht. „Dadurch ist das jeweilige Unternehmen eher in der Lage, kurzfristige Schocks aufzufangen. Schwarze Schwäne können viel besser ver- kraftet werden, wenn bereits ein flexibles, zukunftsorientiertes Denken gegeben ist. Unternehmen, die ESG-Kriterien integrie- ren, sind zudem agiler und schlanker.“ Das Research von Amundi hat ebenfalls Überlegungen angestellt, warum sich gera- de in Krisenzeiten die Kurse von ESG- Titeln besser halten als jene von klassischen Unternehmen. Laut Jean-Jacques Barbéris, bei Amundi Head of Institutional and Cor- porate Clients Coverage, würden ESG- Investoren langfristig denken und allokieren und in der Folge bei Marktturbulenzen aus „Loyalität“ nicht gleich auf die Verkaufs- knöpfe drücken wie das in der Regel über ETFs engagierte „Hot Money“. „Dies wür- de die deutlichen Abflüsse aus diesen Fonds in der Krise erklären, während Anleger mit längerem Zeithorizont in ESG-Fonds inves- tiert bleiben“, erklärt Barbéris. ESG-Strategien wurden während des Ausverkaufs von Investoren als „pandemie- fest“ und als weniger verlustanfällig erach- tet. Das brachte ESG-Fonds trotz Weltunter- gangsstimmung Nettomittelzuflüsse ein. Diese neuen Gelder mussten natürlich von den ESG-Fondsmanagern in die von ihnen als nachhaltig eingeschätzten Unternehmen beziehungsweise deren Aktien investiert werden und stabilisierten die Wertpapierkur- se. Das ist aber nur ein Outperformance- Grund. Sektoren entscheidend Der andere Grund liegt an den von ESG- Investoren bevorzugten, aber auch gemiede- nen Börsensektoren. „Bei der Konstruktion neigen ESG-Fonds dazu, Branchen überzu- gewichten, die die akute Krise im ersten Quartal besser überstanden haben, etwa Ge- sundheitswesen und Technologie, und dieje- nigen unterzugewichten, die am stärksten betroffen waren, zum Beispiel Verkehr oder Energie“, erklärt Barbéris. Das zwischen- zeitliche Kursgemetzel bei den Sektoren Verkehr und Energie (Fluglinien, Ölunter- nehmen) sorgte dafür, dass die Unterge- wichtung beziehungsweise sogar der Ver- zicht auf diese problematisch erachteten Branchen Nachhaltigkeitsinvestoren, die bei „ESG“ insbesondere auf das „E“ achten, Performancevorteile brachte. Rückenwind erhielten ESG-Anlagen auch dadurch, dass ESG-Portfolios aus Sicht einer Faktoranaly- se in der Regel einen Schwerpunkt auf dem Faktor „Quality“, vielfach auch auf den Faktoren „Momentum“ und „Low Volatility“ haben, die in der Vergangenheit gut per- formten. Damit profitierten ESG-Strategien von den starken Kursgewinnen groß kapi- talisierter US-Technologieunternehmen, Unternehmen aus dem Gesundheitssektor sowie von defensiven Konsumgüterherstel- lern und anderen nichtzyklischen Branchen. ANTON ALTENDORFER FOTO : © E R S T E A S S E T MANAGEMENT » In den Emerging Markets scheinen noch andere Gesetze zu gelten. « Mag. Harald Egger, Chefanalyst Erste Asset Management 232 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : NACHHA LT I GK E I T

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