Institutional Money, Ausgabe 3 | 2020

lich dünnere Berichte zur CSR (Corporate Social Responsibility) erstellen. Sehr weni- ge Mid Caps verwenden das GRI-Regel- werk, und die CSR betreffende Information, die sie publizieren, erreicht nicht die breite- re Öffentlichkeit und damit auch nicht die Stakeholder. Große Konzerne hingegen ver- fügen über eine eigene CSR-Kommunika- tionsstrategie. 2011 haben 68 Prozent der Large Caps die GRI-Normen angewendet, aber nur vier Prozent der Mid Caps. 79 Prozent der Large Caps publizierten einen eigenen CSR-Bericht, verglichen mit bloß neun Prozent der mittelgroßen Firmen. Die Berichtstiefe unterscheidet sich auch deutlich: Während der durch- schnittliche CSR-Bericht eines Large Caps 57 Seiten umfasst, sind es bei Mid Caps magere drei Seiten, steht in der Studie zu lesen. Kleinere Firmen haben also noch viel zu tun, um bei der Of- fenlegung in Bezug auf ESG-Kriterien mit den großen Playern mithalten zu können. Zudem muss die Qualität der offengelegten Daten insgesamt gesteigert werden, damit sich daraus bedeutsame Beiträge im Rah- men der ESG-Scoring Modelle ergeben können. Drei Ratinghäuser, drei Biases Die Scoring-Methodik entscheidet letzt- lich über den Rating-Output. Berenberg hat drei führende ESG-Ratingagenturen und deren Ratings miteinander verglichen, um mehr über die Korrelation ihrer Ratings, die Marktabdeckung und mögliche Biases her- auszufinden. Die Analyse lässt den Schluss zu, dass es weiterhin signifi- kante Unterschiede zwischen den Ratings der großen Player gibt. So liegt die durchschnitt- liche Korrelation bei den Ra- tings der drei führenden Ratinghäuser bei 0,56 und schwankt zwischen 0,45 und 0,71 (siehe Grafik „Gleicher Input, verschiedener Output“) . Ähnliche Ergebnisse gab es im Übrigen von Berg, Koelnel und Rigibon 2019, als diese die ESG-Ratings von fünf ver- schiedenen Providern, nämlich KLD, Sustainalytics, Vigeo- Eiris, Asset4 und Robeco- SAM, untersuchten. Diese Korrelationswerte stehen im Gegensatz zu den hohen Korrelationen bei den Credit-Ratings der beiden führenden Agenturen Moody’s und Standard & Poor’s, wo eine Korrelation von fast 0,99 zu beob- achten ist. Daraus kann man auf sehr ähn- liche Ratingmethodologien schließen. Die niedrigen Korrelationswerte der drei führen- den ESG-Ratinghäuser hat laut Berenberg damit zu tun, dass die ESG-Analyse noch in den Kinderschuhen steckt und wir mit der Quantifizierung von ESG-Risiken noch ziemlich am Anfang stehen. Unterschiedli- che Meinungen, wie man Risiken am besten in einem Gesamtscore ausdrückt, bleiben aufrecht. Fortschritte auf diesem Gebiet sind vonnöten. Trotzdem gilt, dass ESG-Ein- schätzungen immer eine subjektive Kompo- nente haben werden. Jeder Asset Manager ist gefordert, sich seinen eigenen Reim darauf zu machen. Zudem lässt sich zeigen, dass alle drei Provider den Mega- und Large-Cap-Sektor sehr gut abdecken; allerdings sinkt der Abdeckungsgrad rapide mit der Markt- kapitalisierung, wenn man den Mid-, Small- und Micro-Cap-Bereich betrachtet. Beren- berg hat hier für die drei großen Provider anhand der ausgewählten Indizes MSCI World, MSCI Europe Micro Cap, MSCU European Small Cap und des Stoxx 600 ausgerechnet, wie viele Unternehmen ein ESG-Rating erhalten beziehungsweise wie hoch der Prozentsatz der Indexabdeckung bei den einzelnen Marktsegmenten von Mega Caps bis Micro Caps ausfällt (siehe Grafik „Unterschiedliche Abdeckungs- grade“). Zum Schluss stellte Berenberg fest, dass alle drei großen Ratinganbieter inhärente Biases in Richtung der großka- pitalisierten Titel und reiferer Firmen mit weniger Wachstum bei Umsätzen und Gewinnen sowie solchen mit niedrigerer Investitionsquote haben. Wer hier also blind den ESG-Ratings folgt, hat dann wohl zu wenig Wachstum im Portfolio, was sich in den letzten Jahren sicher als nachteilig erwiesen hätte, wo doch Growth fast immer Value schlug. Die Grafiken „Führen Ratings in die Irre?“ illustrieren, dass Titel mit niedrigem ESG-Score mehr Umsatz- wachstum, mehr Gewinnwachstum und eine höhere Investitionsquote aufweisen als Aktien mit hohem ESG-Score. Wie unvollkommen Ratings derzeit noch sind, kann man auch an ande- ren Dingen festmachen, etwa an einer Analyse, die zeigt, wie hoch der Prozentsatz der gescreenten Firmen in den ein- zelnen Regionen der Erde ist. Dabei gibt es einen Fokus auf Westeuropa, gefolgt von Nordamerika und Zentral-/ Osteuropa, während der Ab- deckungsgrad der gescreenten Firmen in Australien, Latein- amerika, Japan und im übrigen Asien deutlich niedriger aus- fällt. Erwähnenswert ist auch noch die Differenz in den ESG-Ratings der drei Provi- der, geordnet nach Market Cap Buckets. Hier korrelieren Durchschnittsrating je Marktkapitalisierungs-Bucket Drei Provider, ein ähnliches Muster Je größer die Marktkapitalisierung, desto höher das ESG-Rating. Provider C sticht insofern hervor, als seine Ratings mit der Unternehmensgröße im Schnitt deutlicher sinken als bei Provider B, während Provider A nur kleine Abschläge bei den ESG-Ratings kleinerer Firmen zeigt. Quelle: Berenberg ESG-Score-Skala (0-10) 0 2 4 6 8 10 Micro Cap Small Cap Mid Cap Large Cap Mega Cap Provider A Provider B Provider C Durchschnittlicher ESG-Score » Die ESG-Analyse darf nicht ausschließlich an Ratingagenturen abgegeben werden. « Rupini Deepa Rajagopalan, Head of ESG Office bei Berenberg, Hamburg FOTO : © B E R ENB E RG 220 N o. 3/2020 | www.institutional-money.com P R O D U K T E & S T R A T E G I E N : E SG

RkJQdWJsaXNoZXIy ODI5NTI=